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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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immer in der Eingangsdiele auf uns gewartet, also hat er auf Geräusche hinter sich reagiert und gewusst, dass es keiner von uns und auch nicht Ashley sein kann.«
    Hope sah sich in der Küche um. »Hier hat er gekämpft«, sagte sie leise.
    Bis zuletzt, dachte sie. Sie sah den alten Hund vor sich, wie er die grauen Nackenhaare aufstellte und die Zähne fletschte. Sein Zuhause. Seine Familie. Niemand käme an ihm vorbei, auch wenn er schon sehr schwache Augen hatte und nur noch wenig hören konnte. Jedenfalls nicht, ohne dass er einen Preis dafür zahlte. Sie schluckte wieder ein paar Tränen herunter und hockte sich auf den Boden, um sich die Stelle genauer anzusehen.
    »Siehst du«, meinte sie nach einer Weile. »Genau hier.«
    Sally blickte nach unten. »Was ist das?«
    »Blut. Muss Blut sein. Und nicht das von Nameless.«
    »Du hast vermutlich recht«, sagte Sally. Und in mitfühlenderem Ton: »Braver Hund.«
    »Aber wonach hat dieser Einbrecher gesucht?«
    Diesmal schnappte Sally nach Luft. »Das war er«, erklärte sie ruhig.
    »Er? Du meinst …«
    »Der Mistkerl. O’Connell.«
    »Aber ich dachte … du hast doch gesagt, den wären wir los. Der Privatdetektiv hat dir doch gesagt …«
    »Der Privatdetektiv, Murphy, wurde ermordet. Gestern.« Hope riss die Augen auf.
    »Ich wollte es dir sagen, als wir nach Hause kamen.«
    »Ermordet? Wie? Wo?«
    »Auf einer Straße in Springfield. Wie eine Hinrichtung, so ähnlich stand es in der Zeitung.«
    »Was zum Teufel soll man unter ›Hinrichtung‹ verstehen?«, fragte Hope mit erhobener Stimme.
    »Das soll heißen, jemand hat sich von hinten angeschlichen und ihm zwei kleinkalibrige Kugeln ins Gehirn gejagt.«
    Sally klang kalt, als sie hinter den Einzelheiten ihre Angst verbarg.
    »Du meinst, das war er? Wieso?«
    »Ich weiß nicht. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Es gab eine Menge Leute, die Murphy hassten. Jeder von denen …«
    »Die andern interessieren uns nicht. Ich meine, glaubst du …« Hope starrte auf die Blutspritzer am Boden. »In Springfield könnte es demnach auch jemand anders gewesen sein, aber du meinst, dieser Einbruch hier war …«
    »Wer sonst?«
    »Na ja, eben ein ganz gewöhnlicher Bruch. Wäre schließlich nicht das erste Mal in dieser Gegend.«
    »Es ist trotzdem ziemlich ungewöhnlich. Und selbst wenn es einen Einbruch gibt, sind es gewöhnlich nur Jugendliche. Das hier sieht mir nach was anderem aus. Kannst du feststellen, dass etwas gestohlen wurde?«
    »Nein.«
    »Wer könnte es sonst noch gewesen sein?«
    »Falls es O’Connell war, bedeutet das …«
    »Dass er wieder hinter Ashley her ist. Offensichtlich.«
    »Aber wieso hier?«, fragte Hope schließlich.
    Sally schauderte. »Er hat nach Informationen gesucht.«
    »Aber ich dachte, Scott hätte diese Geschichte erfunden und sie dem Mistkerl verkauft. Du weißt schon, Italien, das Stipendium, Kunst der Renaissance, längst über alle Berge.«
    Sally schüttelte den Kopf. »Wir wissen es nicht«, entgegnete sie kalt. »Wir haben keine Ahnung, was O’Connell weiß oder was er denkt oder was er erfahren hat. Oder was er getan hat. Wir wissen nur, dass Murphy ermordet und Nameless erwürgt wurde. War es bei beiden derselbe? Wir tappen im Dunkeln.« Sie seufzte, ballte die Fäuste und schlug sich frustriert gegen die Stirn. »Wir können keine auch nur halbwegs sicheren Schlüsse ziehen.«
    Hope starrte auf den Boden und glaubte, neben der Tür zum Wohnzimmer ein, zwei weitere Blutstropfen entdeckt zu haben. »Sehen wir uns erst mal um und versuchen, seine Spur zu verfolgen.«
    Sally schloss die Augen und lehnte sich einen Moment mit dem Rücken an die Wand. Sie gab einen langen Stoßseufzer von sich. »Wenigstens gibt es hier nichts, was ihm verraten würde, wo sie ist. Darauf habe ich wirklich geachtet.« Sie öffnete die Augen und fuhr fort: »Und Nameless, weißt du, so wie er mit ihm gekämpft hat, das hat den Scheißkerl wahrscheinlich rechtzeitig in die Flucht geschlagen.«
    Hope nickte, auch wenn sie innerlich keineswegs so sicher war. »Sehen wir uns einfach um.«
    Ein anderer Blutspritzer fand sich im Flur zur kleinen Bibliothek und dem Fernsehzimmer.
    Hope suchte hier nach verräterischen Anzeichen dafür, dass O’Connell in diesem Raum gewesen war. Als ihr Blick aufs Telefon fiel, schnappte sie nach Luft und machte einen Schritt nach vorn. »Sally«, sagte sie ruhig, »sieh mal.«
    Mehrere rote Flecken klebten am Telefon.
    »Aber das ist doch nur das Telefon …«,

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