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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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bis zum Morgen zu warten, wenn wieder Licht und Klarheit herrschen? Ich hätte gerne gewusst, wie sie zu ihrenEntscheidungen kamen«, fragte sie bedächtig, »Bei Nacht? Oder bei Tage? Sagen Sie’s mir.«
    Ich antwortete nicht. Ich hatte nicht das Gefühl, dass sie überhaupt nach einer Antwort suchte, doch sie blieb beharrlich.
    Ich erwiderte nichts, als sie ein Schluchzen unterdrückte.
    »Ich hab einen Namen für Sie«, erklärte sie hastig zu meiner Überraschung. »Der wird Sie, denke ich, ein Stück weiterbringen.«
    Ich wartete, den Kugelschreiber gezückt, ohne ein Wort, während ich mir alles Mögliche ausmalte.
    »Das Ende«, sagte sie. »Ahnen Sie es schon? Ich will’s mal anders ausdrücken: Glauben Sie, dass sie auf das Unvorhersehbare gefasst waren?«
    »Nein, wer ist das schon?«
    Sie lachte, doch dann schien der Laut in Weinen überzugehen. Am Telefon war das schwer zu sagen.

41
Die Ereignisse nehmen ihren Lauf
     
    Sally blickte zu Hope hinüber. Sie waren in ihrem Schlafzimmer, und nur die Nachttischlampe warf ein fahles, gelbes Licht über den Raum.
    »Ich kann nicht zulassen, dass du das tust«, sagte Sally.
    »Ich glaube, dir bleibt nichts anderes übrig«, erwiderte Hope mit einem kurzen Achselzucken. »Ich denke, die Entscheidung ist bereits gefallen. Außerdem ist es wahrscheinlich der ungefährlichste Part des ganzen Unterfangens.« Das war gelogen, doch wie sehr, hätte Hope nicht sagen können.
    »Unterfangen?«
    »Mir fällt kein besseres Wort ein.«
    Sally schüttelte den Kopf. »Auf dem Marktplatz geht eine Bombe hoch, und wir nennen es Kollateralschaden. Eine Operation geht schief, und wir sprechen von Komplikationen. Ein Soldat wird getötet und zählt zu den Verlusten. Wir scheinen von Euphemismen zu leben.«
    »Und was ist mit uns?«, fragte Hope. »Welches Wort fällt dir zu uns beiden ein?«
    Sally runzelte die Stirn. Sie ging zum Spiegel. Vor einer Ewigkeit einmal war sie schön gewesen. Vor einer Ewigkeit war sie sprühend und dynamisch gewesen. Sie erkannte die Person, die ihr da entgegenstarrte, kaum wieder. »Ich vermute, wirbeide wissen nicht, was der nächste Tag bringt.
Ungewissheit
. Das trifft es wohl.«
    Hope überkam ein Anflug von Emotionen. »Du könntest sagen, dass du mich liebst.«
    »Das tue ich. Nur dass ich mich selbst nicht mehr leiden kann.«
    Sie schwiegen, während Sally einen erneuten Blick auf ihre Notizen warf.
    »Weißt du, wir bringen die Sache hinter uns, und dann wird alles anders.«
    »Ich dachte, es ginge darum, dass danach alles wieder so weitergehen kann wie bisher.«
    »Beides«, meinte Sally unbeholfen. »Ich denke, es bringt beides.«
    Sie nahm ein Blatt mit handschriftlichen Instruktionen, das zuoberst auf dem Stapel lag. »Das muss zu Ashley und Catherine. Willst du mitkommen, wenn ich mit ihnen rede? Nein, lieber nicht. Wenn du nicht dabei bist, können sie dir keine Fragen stellen.«
    »Dann warte ich hier auf dich.« Hope legte sich hin und kroch unter die Decke, als ihr ein Schauer den Rücken hinunterlief. Sally fand Ashley und Catherine zusammen in Ashleys Zimmer.
    »Ich hätte ein paar Bitten an euch beide. Könntet ihr die Aufgaben übernehmen, die ihr hier aufgelistet findet? Ist eigentlich nicht viel – Hauptsache, ihr stellt keine Fragen. Ich muss es wissen.«
    Catherine nahm die Liste und überflog sie, bevor sie sie an Ashley weiterreichte.
    »Ich denke, ja«, sagte sie.
    »Ich habe so was wie ein Skript verfasst, und ich gebe dir ein billiges Handy, das du bitte verlierst, nachdem du ihn angerufenhast«, erklärte Sally. »Du kannst natürlich improvisieren, aber das Entscheidende musst du rüberbringen. Verstehst du?«
    Ashley starrte auf den Text und nickte. »Du meinst …«
    »Klingt wie der Anfang einer Frage«, unterbrach Sally sie mit einem trockenen Lächeln. »Es geht ganz entscheidend darum, dass du O’Connell dazu bringst, da hinzufahren. Das ist unabdingbar, hörst du? Und wir alle haben das Gefühl, eine Mischung aus Wut und Eifersucht und vielleicht ein bisschen Unentschlossenheit werden ihn dazu bewegen. Falls du es besser formulieren kannst, dann nur zu. Solange es zum selben Ergebnis führt. Hast du das verstanden? Hope, dein Vater und ich verlassen uns darauf. Kannst du diesen Part übernehmen, Ashley, Schatz? Denn es wird ganz entscheidend auf deine Überredungskunst ankommen.«
    »Was wird darauf ankommen?«, fragte sie.
    »Schon wieder eine Frage, die nicht beantwortet wird. Siehst du, da unten, ein

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