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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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zusätzliches Flair verlieh, während sie denen, die weitergezogen waren, nur als ein Anzeichen für Unstetigkeit galt. Die Bäume, die in die schmalen Grasstreifen gepflanzt waren, wirkten ein wenig schief, als reckten sie sich nach der zu spärlichen Sonne.
    Ashley wuchtete ihre Sachen die Treppe hoch und balancierte die Einkaufstüte auf dem Knie, während sie die Wohnungstür aufschloss. Als sie die Tür hinter sich verriegelte, fühlte sie sich plötzlich erschöpft.
    Sie sah sich um und stellte erleichtert fest, dass keinerlei verwelkte Blumen auf sie warteten.
    Sie brauchte keine fünf Minuten, um das Knuspermüsli, den Joghurt, das Quellwasser und die Salatdressings im kleinen Kühlschrank zu verstauen. Im Gemüsefach fand sie eine Flasche Bier, machte sie auf und nahm einen ausgiebigen Schluck. Dann ging sie in ihr Wohnzimmer und war erleichtert, dass keine Nachrichten auf dem Anrufbeantworter waren. Sie nahm noch einen Schluck und merkte, wie albern sie sich eigentlich benahm, da es eine Reihe von Leuten gab, von denen sie gerne hören würde. Auf jeden Fall hoffte sie, dass sich Susan Fletcher bald wegen eines nächsten Treffens melden würde, und dann wünschte sie sich auch einen Anruf von Will Goodwin mit einer Einladung zu einem zweiten Date. Als sie im Geist die Liste ihrer Freunde durchging, sagte sie sich, dass sie ganz schön dumm sein musste, wenn sie Michael O’Connell erlaubte, sie von ihren Freunden zu isolieren. Außerdem sagte sie sich, dass sie ihm gegenüber bei diesem Anruf ziemlich direkt gewesen war und er vielleicht endlich aufgegeben hatte.
    Je länger sie das Gespräch noch einmal im Kopf abspulte, desto deutlicher sah sie, dass es so viel Aufmerksamkeit nicht verdiente.
    Sie streifte die Schuhe ab, ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen, schaltete den Laptop ein und summte vor sich hin, während er hochfuhr.
    Zu ihrer Überraschung hatte sie über fünfzig neue E-Mails. Sie sah die Adressen an und stellte fest, dass sie von fast sämtlichen Leuten kamen, die in ihrem Adressbuch gespeichert waren. Sie bewegte den Kursor zur ersten Nachricht, von einem Mädchen namens Anne Armstrong, das mit ihr im Museum arbeitete, und machte sie auf. Ashley lehnte sich vor, um zu lesen, was ihre Bekannte ihr mitzuteilen hatte. Aber die Nachricht kam nicht von Anne Armstrong.
Hallo, Ashley. Ich habe dich so vermisst, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr. Aber bald sind wir für immer zusammen, und das wird wunderbar. Wie du siehst, hast du noch sechsundfünfzig weitere Nachrichten. Du solltest sie nicht löschen. Du findest darin wichtige Informationen, die du brauchen wirst. Ich liebe dich heute mehr als gestern, und morgen werde ich dich noch mehr lieben. Immer dein
,
    Michael
     
    Ashley glaubte, dass sie einen schrillen Schrei ausstieß, doch sie blieb stumm.
     

     
    Zunächst zeigte sich der Eigentümer der Autowerkstatt nicht besonders hilfsbereit.
    »Eins wollen wir mal klarstellen«, sagte er und wischte sich die ölverschmierten Hände an einem ebenso schmutzigen Lumpen ab, »wenn Sie was über Michael O’Connell wissen wollen, müssen Sie mir schon sagen, wieso.«
    »Ich bin Schriftsteller«, erklärte ich. »Er kommt in einem Buch vor, an dem ich schreibe.«
    »O’Connell in einem Buch?« Auf die Frage folgte ein kurzes, trockenes Lachen. »Kann ja nur eine Art Krimi sein.«
    »Das stimmt«, gab ich zu. »Gewissermaßen. Ich wäre Ihnen wirklich sehr verbunden …«
    »Wir kriegen hier fünfzig Mäuse die Stunde dafür, dass wir Ihren Wagen reparieren«, stellte er fest. »Was glauben Sie, wie lange wir brauchen?«
    »Hängt davon ab, wie viel Sie mir zu erzählen haben«, gab ich zurück.
    Er schnaubte erneut. »Also, das hängt wieder davon ab, was Sie wissen wollen. Ich hab die ganze Zeit, die O’Connell hier beschäftigt war, mit ihm gearbeitet. Natürlich ist das schon ein paar Jährchen her, und ich hab ihn ’ne ganze Weile nicht mehr gesehen. Was ich zu schätzen weiß. Aber, verflucht noch mal, mir verdankte er die Stelle, also hab ich auch ’ne ganze Menge zu erzählen. Ich könnte Ihnen auch das Getriebe an dem Chevy da reparieren, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Wir hatten meine Frage umkreist wie die Katze den heißen Brei, und ich bezweifelte, dass wir auf diese Weise viel weiter kommen würden. Also griff ich in meine Gesäßtasche, zog mein Portemonnaie heraus und zählte hundert Dollar ab. Ich legte die Scheine vor mir auf die Theke. »Nur die

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