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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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sah, wie ein Anflug von einem Lächeln um seine Mundwinkel huschte, und sie überkam der schreckliche Gedanke:
Er genießt die Situation

    »Wie’s aussieht, werde ich dir meine Liebe wohl beweisen müssen.« Sein Lächeln ging fast in ein Grinsen über.
    »Du musst mir gar nichts beweisen …«
    Er klang selbstgefällig. »Du irrst dich. Du liegst vollkommen schief, wirklich. Ich könnte auch sagen, mir ist todernst bei der Sache, aber ich möchte keinen falschen Eindruck erwecken.«
    Ashley schnappte nach Luft, als sie erkannte, dass nichts so laufen würde wie gehofft. Sie hob die rechte Hand ans Haar und strich es sich zweimal aus dem Gesicht. Dies war das Zeichen für ihren Vater, einzuschreiten. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie er blitzschnell von seinem Hocker sprang und mit drei großen Schritten bei ihnen war. Wie geplant stand er am Tisch und hinderte O’Connell daran, aufzustehen.
    »Ich glaube, Sie hören nicht richtig zu.« Scott sprach ruhig, doch mit einem kalten Nachdruck, der bei widerspenstigen Studenten seine Wirkung nicht verfehlte.
    O’Connell wandte den Blick nicht von Ashley.
    »Du hast also gedacht, du brauchst Hilfe?«, fragte er.
    Sie nickte.
    Langsam drehte er sich auf seinem Sitz um und musterte Scott von oben bis unten.
    »Hallo, Professor, wollen Sie sich nicht setzen?«
     
    Hope beobachtete schweigend, wie Sally das Kreuzworträtsel der
New York Times
löste, das von der letzten Sonntagsausgabe übriggeblieben war. Sie arbeitete nie mit dem Bleistift, sondern tippte sich mit dem Kuli an die Schneidezähne, bevor sie Buchstaben in die Kästchen einsetzte und eins nach dem anderen füllte. Das Schweigen, das Hope schon seit einer ganzen Weile zwischen ihnen registrierte, häufte sich in letzter Zeit. Sie sah zu Sally hinüber und fragte sich, was sie so unglücklich machte, doch dann wurde ihr bewusst, dass ihr die Antwort vielleicht nicht gefallen würde. Stattdessen sprach sie etwas anderes an.
    »Sally, meinst du nicht, wir sollten über diesen Kerl reden, den Ashley sich aufgehalst hat?«
    Sally sah auf, als sie Hopes Frage hörte. Sie hatte gerade den Stift auf sieben waagrecht, Wort mit vier Buchstaben, angesetzt – das Stichwort lautete »mörderischer Clown«, und die Lösung Gacy. Sie überlegte. »Ich weiß nicht, was es da zu reden gibt. Scott und Ashley müssten das gemeinsam eigentlich schaffen. Ich hoffe, dass er irgendwann heute Abend anruft und uns Bescheid gibt, dass alles geregelt ist. Finito. Aus und vorbei. Das Leben kann weitergehen. Nur dass wir unsere fünf Riesen los sind.«
    »Hast du keine Angst, dass der Kerl schlimmer sein könnte, als wir denken?«
    Sally zuckte die Achseln. »Er scheint ein Widerling zu sein, sicher. Aber Scott kennt sich mit College-Studenten gut aus, also nehme ich an, dass er jeden Moment aus Ashleys Leben verschwinden wird.«
    Hope formulierte ihre nächste Frage mit Bedacht. »Lassen sich deiner beruflichen Erfahrung nach Menschen in Scheidungsfällen oder häuslichen Streitigkeiten so leicht kaufen?«
    Sie wusste, dass die Antwort Nein lautete. Mehr als einmal hatte Sally beim Abendessen oder auch noch später im Bett ihrer Frustration über die Uneinsichtigkeit von Klienten und ihren Familien Luft gemacht.
    »Na ja«, antwortete Sally mit einer Seelenruhe, die Hope auf die Palme brachte. »Ich denke, wir sollten erst mal abwarten. Es hat keinen Sinn, schwarzzusehen.«
    Hope schüttelte den Kopf. »Das ist das Dümmste, was mir seit langem zu Ohren gekommen ist«, erklärte sie mit leicht erhobener Stimme. »Wir wissen nicht, ob ein Gewitter über uns hereinbricht, wieso also Kerzen, Batterien und Nahrungsvorräte kaufen? Wir wissen nicht, ob wir die Grippe bekommen, wozu sich also impfen lassen?«
    Sally legte ihr Kreuzworträtsel weg. »Meinetwegen«, gab sie nach, jetzt ebenfalls irritiert. »Was für Batterien würdest du denn kaufen? Und an welche Impfung hast du gedacht?«
    Hope sah ihre langjährige Lebensgefährtin an und musste unwillkürlich denken, wie wenig sie im Grunde über Sally und sich selbst wusste. Sie lebten in einer Welt, in der das Wort »normal« ein wenig anders definiert war, und Hope hatte zuweilen das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen.
    »Ich kann die Frage nicht beantworten«, sagte sie langsam, »das weißt du genau. Ich finde aber, wir sollten etwas tun, stattuns auf Scotts Anruf zu versteifen und zu hoffen, dass er Entwarnung gibt. Ich glaube keine Sekunde daran, dass wir einen

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