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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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solchen Anruf bekommen. Oder auch verdient haben.«
    »Verdient haben?«
    »Denk darüber nach, während du dein Kreuzworträtsel zu Ende bringst. Ich lese noch ein bisschen.« Bei dem Gedanken, dass Sally sich mit weitaus wichtigeren Rätseln befassen sollte, holte sie tief Luft.
    Sally nickte und wandte sich wieder der Rätselseite zu. Sie wollte etwas zu Hope sagen, etwas Beruhigendes, etwas Liebevolles, etwas, das die Spannung zwischen ihnen zerstreuen würde, doch stattdessen starrte sie auf das Kreuzworträtsel. Drei senkrecht: »Was die göttliche Muse sang«, und ihr fiel ein, dass Homers
Ilias
mit den Worten beginnt, »Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus …«
    Es gab vier leere Kästchen, und der letzte Buchstabe war ein N, folglich war es nicht mehr allzu schwer, auf ZORN zu kommen.
     
    Scott rutschte auf die Bank, so dass er wie geplant Michael O’Connell in die Ecke drängte. Es war eng. In diesem Moment erschien die Kellnerin mit den Speisekarten an ihrem Tisch.
    »Bringen Sie mir ein Bier«, sagte O’Connell. Dann wandte er sich an Scott. »Ich geh davon aus, dass Sie die Runde schmeißen.«
    Es herrschte einen Moment Schweigen, und O’Connell drehte sich zu Ashley. »Du steckst heute voller Überraschungen, Ashley. Findest du nicht, dass dies eine Angelegenheit zwischen dir und mir ist?«
    »Ich hab versucht, es dir klarzumachen«, antwortete sie, »aber du wolltest nicht auf mich hören.«
    »Also bist du darauf verfallen, deinen Vater mitzubringen …«
    Er drehte sich halb zur Seite und starrte Scott an. »… Nun ja, ich weiß nicht. Was genau soll er denn tun?«
    Auch wenn die Frage an Ashley gerichtet war, übernahm Scott die Entgegnung. »Ich will Ihnen nur helfen zu verstehen, dass es wirklich vorbei ist, wenn sie sagt, dass es vorbei ist.«
    Wieder nahm sich Michael O’Connell viel Zeit, Scott zu taxieren.
    »Weder die geballte Faust noch freundliche Überredung. Also, Professor, was soll das hier werden?«
    »Ich denke, es wird höchste Zeit, dass Sie Ashley in Ruhe lassen. Sie führen Ihr Leben, Ashley ihres. Sie ist beschäftigt. Sie arbeitet. Sie studiert. Hat gar nicht die Zeit für eine feste Beziehung. Schon gar nicht eine, wie sie Ihnen vorzuschweben scheint. Ich bin hier, alles zu tun, was in meiner Macht steht, um Ihnen das begreiflich zu machen.«
    O’Connell schien durch Scott nicht im Mindesten aus der Fassung gebracht zu sein. »Wie kommen Sie darauf, das ginge Sie etwas an?«
    »Wenn Sie sich weigern, auf Ashley zu hören, geht es mich etwas an.«
    O’Connell lächelte. »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«
    Die Kellnerin brachte O’Connell sein Bier, und er trank das halbe Glas in einem Zug leer. Er grinste erneut. »Was haben Sie denn im Köcher, Professor, das mich davon abbringen soll, Ashley zu lieben? Woher wollen Sie wissen, dass wir nicht wie füreinander bestimmt sind? Was wissen Sie schon von mir? Ich will’s Ihnen sagen: nichts. Vielleicht sehe ich nicht so aus, wie Sie es sich für sie gewünscht hätten, und vielleicht bin ich nicht der Yuppie mit Harvard-BWL-Abschluss und BMW, auf den Sie hoffen, aber ich verstehe mich auf eine Menge Dinge, und sie hätte es um einiges schlechter treffen können. Dass ich vielleicht nicht in Ihre Vorstellung passe, besagt gar nichts.«
    Scott wusste nicht recht, was er antworten sollte. O’Connell hatte dem Gespräch eine unerwartete Wendung gegeben.
    »Ich will Sie gar nicht kennenlernen«, erklärte Scott. »Ich will nur, dass Sie Ashley in Ruhe lassen. Und ich bin bereit, das Nötige zu tun, damit Sie das begreifen.«
    O’Connell schwieg einen Moment, bevor er reagierte. »Da hege ich meine Zweifel. Das Nötige? Ich glaube nicht, dass Sie das so meinen, wie Sie es sagen.«
    »Nennen Sie einen Preis«, sagte Scott kalt.
    »Einen Preis?«
    »Sie haben mich sehr wohl verstanden«, bekräftigte Scott.
    »Nennen Sie einen Preis.«
    »Ich soll ein Preisschild an meine Gefühle zu Ashley heften?«
    »Kommen Sie mir nicht dumm«, fuhr Scott ihn an. O’Connells Grinsen und die Leichtigkeit, mit der er die Unterhaltung meisterte, waren mehr als irritierend.
    »Das könnte ich nie im Leben«, erklärte Michael. »Und ich will Ihr Geld nicht.«
    Scott griff in seine Tasche und zog den weißen Umschlag mit den fünftausend Dollar heraus.
    »Was machen Sie da?«, fragte O’Connell.
    »Das sind fünf Riesen. Nur dafür, dass Sie Ashley und mir Ihr Wort geben, sich ab jetzt aus ihrem Leben rauszuhalten.«
    »Sie

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