Das Opfer
wollen mich bezahlen?«
»Das sehen Sie richtig.«
»Habe ich Sie etwa um Geld gebeten?«
»Nein.«
»Dieses Geld hat also nichts mit irgendwelchen Forderungen meinerseits zu tun, richtig?«
»Nein. Ich will dafür nur Ihr Wort.«
O’Connell wandte sich an Ashley. »Ich hab dich nie um Geld gebeten, stimmt’s?«
»Nein, hast du nicht.«
O’Connell nahm das Geld in die Hand. »Wenn ich es nehmen würde, dann wäre es ein Geschenk, nicht wahr?«
»Als Gegenleistung für ein Versprechen.«
Er lächelte. »In Ordnung. Ich will das Geld nicht. Aber ich gebe dir das Versprechen. Ich verspreche es.«
O’Connell umfasste das Geld weiterhin.
»Dass Sie sie in Ruhe lassen? Aus ihrem Leben verschwinden? Sie nie wieder belästigen?«
»Darum geht es Ihnen, nicht wahr?«
»Ja.«
O’Connell überlegte. »Und allen wäre gedient, wie?«
»Ja.«
»Nur mir nicht.« Er sah Ashley über den Tisch hinweg mit einem so durchdringenden Blick an, dass ihr die Worte fehlten und sie erstarrte. Sein nonchalantes Lächeln, das zu der Härte in seinen Augen nicht passte, machte die Sache nur schlimmer. Es war das Kälteste, was Ashley je gesehen hatte.
»War Ihnen das die Fahrt hierher wert, Professor?«
Scott antwortete nicht. Er rechnete halb damit, dass O’Connell das Geld auf den Tisch oder ihm ins Gesicht werfen würde, und er spannte die Muskeln an, um seine Gefühle im Zaum zu halten.
Doch statt einer dramatischen Geste drehte sich O’Connell noch einmal zu Ashley um und starrte sie an. Er bohrte seinen Blick mit einer Intensität in sein Gegenüber, dass Ashley sich unwillkürlich darunter wand. »Weißt du, was die Beatles zu Zeiten deines Vaters gesungen haben?«
Sie schüttelte den Kopf.
»I don’t care for money, money can’t buy you love …«
Ohne die Augen von Ashley zu lassen, verwirrte O’Connell sie beide, indem er den Umschlag in die eigene Tasche steckte.
Immer noch Ashley fixierend, sagte er: »Na schön, Professor, wird Zeit, dass Sie mich rauslassen. Ich glaube, ich bleibe doch nicht zum Essen. Aber danke für das Bier.«
Scott stand auf und trat an die Tischkante, während O’Connell erstaunlich flink aus seiner Ecke rutschte und aufstand. Eine Sekunde blieb er stehen und starrte weiterhin Ashley an. Dann drehte er sich abrupt um und lief quer durchs Restaurant zum Ausgang, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Sie schwiegen fast eine ganze Minute lang. »Was da eben passiert ist …«, begann Ashley.
Scott erwiderte nichts. Er war nicht sicher, wie er die Situation einschätzen sollte. Die Kellnerin kam wieder an ihren Tisch und fragte: »Also nur zwei zum Essen?«, während sie ihnen die Karte reichte.
Vor Ashleys Haus schien sich die Nacht selbst mit Schatten zu übermalen, und das verstreute Licht der Straßenlaternen hatte der wachsenden herbstlichen Dunkelheit wenig entgegenzusetzen. Scott fand keinen Parkplatz, und so hielt er vor einem Hydranten. Er ließ den Motor laufen und drehte sich zu seiner Tochter um.
»Vielleicht solltest du für ein paar Tage zu uns rauskommen. Nur so lange, bis wir sicher sind, dass der Kerl Wort hält. Bleib ein paar Tage bei mir und dann eine Weile bei deiner Mutter. Ein bisschen Zeit und ein bisschen Abstand können nur zu deinem Vorteil sein.«
»Eigentlich sollte nicht ich diejenige sein, die wegläuft und sich versteckt«, sagte Ashley. »Ich habe Seminare, ich habe einen Job …«
»Ich weiß, aber ein bisschen Vorsicht kann nicht schaden.«
»Ich hasse das. Ich hasse das einfach.«
»Ich weiß. Schätzchen, aber mir fällt nichts Besseres ein.«
Ashley seufzte, dann drehte sie sich mit einem Lächeln zu ihrem Vater um. »Er hat mir nur einen ordentlichen Schrecken eingejagt. Das wird schon wieder. Wenn’s hart auf hart kommt, kneifen Typen wie der. Mag sein, dass er sich ein bisschen großspurig aufgeplustert hat, als er das Geld nahm, aber im Grunde haben wir ihn doch ganz schön kalt abserviert, meinst du nicht? Er wird mich wüst beschimpfen, wenn er mit seinen Kumpeln einen hebt, und dann geht er zur Tagesordnung über. Mir gefällt das alles nicht, und du bist einiges Geld los …«
»Das Übelste«, überlegte Scott, »war, dass er sagt, er will es nicht, und es dann doch einsackt. Es war fast so, als würde er das Ganze aufzeichnen – das eine sagen und etwas anderes machen. Unheimlich, der Bursche.«
»Na ja, hoffen wir, dass alles vorbei ist.«
»Kannst du laut sagen. Also, lass uns Folgendes machen: Das leiseste
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