Das Opfer
nicht mit dem Typ?«, insistierte Galja.
»Hm … Also an dem Tag, an dem wir uns kennenlernten …«
»… hat er dich zum Abendessen eingeladen«, ergänzte Galja.
»Nein. Er hat mich um meine Telefonnummer gebeten und gesagt, dass er in Eile sei. Erst zwei Tage später hat er dann angerufen.«
»Und dann seid ihr abends aus gewesen.«
»Nein, wir haben uns zum Mittagessen getroffen.«
»Zum Mittagessen?« Galja zog die Brauen hoch. »Wirklich sonderbar. Und wo?«
»Im Puschkin .«
»Cool. Und was habt ihr danach gemacht?«
»Danach hat er mich nach Hause gebracht und ist weggefahren.«
»Und …«
»Nein, da war nichts.«
»Tja …« Galja massierte ihre Nasenspitze. »Und wie ging’s weiter?«
»Wir sind ins Theater gegangen – vier Mal!« Olga verdrehte die Augen. »Und zwei Mal ins Konzert. Jeden Tag bekomme ich ein Körbchen Teerosen nach Hause geliefert und nach einer Woche hat er mir eine Halskette geschenkt.«
»Diese hier?« Behutsam strich Galja mit dem Finger über die edle Halskette aus schwarzen Perlen, sie sich um Olgas schlanken Hals rankte.
»Ja. Und er hat mich gebeten, sie nie abzulegen.«
»Und du?«
»Was und ich? Ich trage sie fleißig mit mir herum und komme mir langsam veralbert vor.«
»Wieso veralbert?
»Na hör mal!« Olga breitete die Arme aus. »Ein erwachsener, wohlhabender, gut aussehender Mann – und benimmt sich wie ein Schuljunge. In der ersten Woche fand ich das ja noch ganz amüsant, in der zweiten begann es mir auf die Nerven zu gehen und inzwischen ist mir der Typ nicht mehr ganz geheuer.«
»Dass dieser … Dings … Wie, sagtest du, heißt er?«
»Bogdan.«
»Richtig. Dass dieser Bogdan nicht sofort mit dir in die Koje steigt, bedeutet noch lange nicht, dass er ein Idiot ist. Vielleicht sind da richtig große Gefühle im Spiel?«
»Sind solche Gefühle nicht ein Grund mehr, miteinander zu schlafen?«
»Nicht unbedingt. Da spielt möglicherweise auch die Erziehung eine Rolle.«
»Vielleicht hast du Recht«, sagte Olga achselzuckend. »Aber das mit dem Sex ist nicht das einzig Sonderbare an ihm.«
»Was denn noch?«
»Bogdan ist am Zehnten auf Dienstreise gefahren und hat gesagt, dass mich eine Überraschung erwartet, wenn er zurückkommt.«
»Mensch, raffst du’s nicht?«, rief Galja und klopfte ihrer Freundin ausgelassen auf die Schulter. »Er wird dir einen Antrag machen. Lädst du mich zur Hochzeit ein?«
»Darum geht’s doch gar nicht«, seufzte Olga. »Weißt du, seit Bogdan weggefahren ist, habe ich ständig das Gefühl, dass mich jemand verfolgt.«
»Was heißt verfolgt?«
»Was es eben heißt«, blaffte Olga. »Oder kennst du das Wort nicht?«
»Doch natürlich«, erwiderte Galja und schüttelte ratlos den Kopf. »Aber meinst du nicht, dass du da schief liegst?«
»Du meinst, ich würde mir das nur einbilden?«
»Keine Ahnung. Was lässt dich denn zu dem Schluss kommen, dass du verfolgt wirst?«
»Nichts Konkretes. Aber ich spüre es.« Olga trank ihre Flasche leer und warf sie gezielt in einen nicht weit entfernt stehenden Abfallbehälter. »Früher habe ich völlig unbehelligt gelebt. Jetzt habe ich ständig das Gefühl, dass mich jemand auf Schritt und Tritt beobachtet.«
»Auch im Bad?«, spöttelte Galja grinsend.
»Im Bad habe ich dieses Gefühl nicht. Und im Büro auch nicht. Doch sobald ich ins Freie gehe, spüre ich sofort, dass ich nicht allein bin.«
»Und jetzt, in diesem Augenblick?«
»Im Augenblick?« Olga legte die Stirn in Falten. »Spüre ich es auch. Das Gefühl ist nicht sehr stark, aber es ist da.«
Die jungen Frauen schwiegen eine Weile.
»Und, was sagst du dazu?«, fragte Olga ungeduldig.
»Was soll man dazu sagen?« Galja spielte nachdenklich mit der Wasserflasche herum. »Vielleicht hat dein geliebter Bogdan dir Leibwächter zur Seite gestellt.«
»Was? Wozu das denn?«
»Möglicherweise macht er sich Sorgen um dich. Du weißt ja selbst, wie es zugeht in der Stadt und als hübsche Frau lebt man doppelt gefährlich. Außerdem hast du ja selbst gesagt, dass er seltsam ist.«
»Dass Bogdan dahintersteckt?« Diese Möglichkeit war Olga überhaupt nicht in den Sinn gekommen. »Dann hätte ich ja nichts zu befürchten.«
»Eben! Und jetzt lass uns noch eine Runde drehen.« Galja schnellte in die Höhe. »Schau, dort ist Larissa! Larissa!! Wir sind hier!«
Zu den beiden Freundinnen gesellte sich eine hochgewachsene Blondine, die wie sie selbst mit Shorts und einem engen Top bekleidet war.
»Hallo,
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