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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Orakels nicht viel genützt.“ Andere Gäste stimmten zu, dass sie ähnlich verwirrende Antworten bekommen hatten, die im Nachhinein jedoch manchmal Sinn ergeben hätten.
    „Meine Männer haben noch keinen Zugang zu dem Fluss entdeckt, wo die Leiche ins Wasser geworfen worden sein könnte. Es ist mir ein absolutes Rätsel.“
    „Praetor“, sagte Gitiadas, „ich muss gestehen, dass ich dieses Orakel und den geheimnisvollen Tunnel noch nie besucht habe, weshalb mir vieles, was ich hier höre, vollkommen neu ist. Du sagst, das Wasser habe heftig gebrodelt, als ob es kochend heiß wäre, doch es sei in Wahrheit nur lauwarm gewesen.“
    „Ja, genauso war es.“
    „Blasen sind nichts anderes als in Flüssigkeit gelöste Luft, die aufsteigt. Wenn Wasser kocht, bildet sich auf irgendeine Weise Luft und steigt an die Oberfläche, und zwar durch einen Vorgang, der unter Wissenschaftlern noch sehr umstritten ist. Doch dieser Prozess hat nichts mit dem Kochvorgang an sich zu tun. Damit im Wasser Blasen entstehen können, muss sich dieses irgendwie mit Luft verbinden, und zwar mit jener Luft, die wir alle atmen und die ausschließlich über dem Meeresspiegel existiert. Wenn das Wasser dieses unterirdischen Flusses nur die Höhle des Orakels durchflösse und keinen Zugang zur Oberfläche hätte - woher sollten dann die vielen Blasen kommen, die das Wasser so wild schäumen lassen? Der Fluss muss irgendwo mit Luft in Berührung kommen, und zwar in unmittelbarer Nähe der Stelle, an der er in die Höhle eintritt.“

    Das klang erstaunlich vernünftig, und ich fragte mich, warum ich nicht selber längst darauf gekommen war. Wahrscheinlich muss man Philosoph sein, um die Dinge so logisch herleiten zu können. Jedenfalls gab mir dieser Hinweis reichlich zu denken, und ich fürchte, ich war für eine Weile ziemlich wortkarg. Doch schließlich wurde der beste Wein des Abends kredenzt- ein hervorragender kretischer Tropfen, von dem ich noch nie gehört hatte-, und ich erinnerte mich wieder meiner Pflichten als Gast.
    „Weiß irgendjemand, warum der Hekate-Kult in dieser Gegend so lange überlebt hat, während er in fast allen anderen Regionen Italias ausgestorben ist?“, fragte ich.
    „Wegen des Orakels“, erwiderte Porcia. „Allerdings war das Orakel schon vor Hekate da.“
    „Das ist doch nichts weiter als ein Ammenmärchen!“, protestierte Sabinilla.
    „Oh, bitte, erzähl uns mehr darüber!“, drängte Julia. „Also“, begann Porcia, „wir Campaner halten uns für die ursprünglichen Bewohner dieser Region und betrachten die Griechen und Römer als Neuankömmlinge, doch in Wahrheit war diese Gegend bereits besiedelt, als unsere Vorfahren, die von irgendwo herkamen, hier eintrafen. Nach allem, was ich weiß, wurden die damaligen Bewohner Ureinwohner genannt, aber diesen Namen haben ihnen die Griechen verpasst. Sie selber nannten sich anders. Wie es heißt, verfügten sie über Zauberkräfte und hatten ganz Italia und die Inseln für sich allein. Sie errichteten ihre Tempel aus riesigen Steinen, vereinzelte Überreste sind hier und da sogar noch heute zu sehen. Angeblich waren sie es, die diesen Tunnel hinab zu dem Fluss aus dem Fels geschlagen haben. Dort unten hatten sie ein Orakel oder irgendeinen Gott. Der Tempel darüber ist von ihren Nachkommen erbaut worden und steht auf einem noch älteren. Als die Griechen kamen, haben sie ihn nach ihrem Geschmack verändert.“
    Ich erinnerte mich an meinen spontanen Eindruck, dass die Tempelverzierungen über älteren, primitiveren Dekorationen angebracht waren, und das gleiche Gefühl hatte ich auch beim Anblick der Meißelarbeiten am Tunneleingang gehabt. Was Porcias Beschreibung der so genannten Ureinwohner anging, war ich allerdings eher skeptisch. Selbstverständlich lebten bereits irgendwelche Völker in Italia, bevor die ersten Latiner kamen, und ich hatte auch schon einige dieser von Porcia erwähnten Tempel und Monumente aus gewaltigen Steinen gesehen, die so riesig waren wie die, die die Ägypter verwendet hatten. Doch wie mir schien, wurde allen besiegten und unterworfenen Völkern irgendwann nachgesagt, über Zauberkräfte verfügt zu haben. Ich frage mich nur, warum sie dann von normalen Soldaten bezwungen werden konnten, die keine solchen Kräfte besaßen. Das Einzige, was man braucht, um große Steine zu bewegen, ist eine Menge Zeit, ein unerschöpfliches Reservoir an Arbeitskräften und eine ausgefallene Vorstellung vom Willen der Götter.
    „ Ich glaube

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