Das Orakel des Todes
haben.“
„Ich weiß, die ganze Gegend redet in diesen Tagen über nichts anderes.“ Er dachte eine Weile nach. „Gerüchten zufolge hat er im Umkreis von hundert Meilen mit jedem Dieb gemeinsame Sache gemacht, von gemeinen Banditen bis hin zu Einbrechern. Wenn irgendein Angehöriger des Tempels oder des Orakels gestohlen hat, ist es gut möglich, dass sie gemeinsam krumme Geschäfte gemacht haben. Aber Männer wie er bleiben nur am Leben und im Geschäft, wenn sie schweigen können, und das gilt auch für die Diebe. Insofern kann ich ihn mit niemandem dort in Verbindung bringen, aber ich kriege natürlich nicht mit, was für Gerüchte in den Spelunken die Runde machen.“
So unterhielten wir uns über dies und das, bis sich der Gerber Aureus zu uns gesellte, jener Bürger, der als Geschäftspartner des Syrers fungierte. Er war ein kräftiger, robust aussehender Kerl, seine Hände waren von der Arbeit mit den giftigen Substanzen braun verfärbt. Offenbar überließ er nicht sämtliche Arbeit seinen Sklaven. Ich kam direkt auf den Punkt.
„Aureus“, begann ich, „wir sind ziemlich sicher, dass dein Partner ein Hehler war.“
„Er war ein Dieb. Deshalb habe ich ihn ja angeklagt.“ „Was hat deinen Verdacht geweckt?“
„Na ja, zunächst einmal die Tatsache, dass er Syrer war. Alle Syrer sind Diebe.“
„Trotzdem hast du dich auf eine Geschäftspartnerschaft mit ihm eingelassen.“
„Ein ausländischer Geschäftsmann benötigt nun einmal einen Bürger als Partner. Das schreiben die Gesetze vor. So eine Partnerschaft macht durchaus Sinn und ist an sich nichts Verwerfliches. Ich habe den Mann höchstens einmal im Jahr gesehen, meistens um die Saturnalien herum, um mit ihm abzurechnen. Im Laufe der Jahre wurde ich immer argwöhnischer, da er auf großem Fuße lebte, mir aber gleichzeitig erzählte, dass seine Geschäfte kaum Gewinne abwürfen.“
„Auf großem Fuße?“, entgegnete ich und nickte in Richtung der auf der anderen Straßenseite liegenden Geschäftsräume des Syrers. „Für mich sieht es eher so aus, als hätte er ein äußerst kärgliches Leben geführt.“
„Diese Räume? Da hat er sich doch nur aufgehalten, wenn er aus geschäftlichen Gründen in der Stadt war. Du solltest dir mal seine Villa außerhalb der Stadt ansehen. Sie ist luxuriöser als die von Belasus.“
Ich sah Belasus fragend an. „Ich war noch nie dort“, sagte er, „aber ich habe gehört, dass sie ziemlich gediegen sein soll. Soweit ich weiß, hat er sie vor etwa zehn Jahren gekauft.“
„Siehst du. Er hat mich betrogen.“ Aureus schüttelte den Kopf. „Dann kann ich mein Geld wohl in den Wind schreiben.“
„Mach eine Forderung gegen seinen Nachlass geltend“, riet Belasus ihm. „Ich bezweifele, dass er einen Verwandten hat, der die Villa für sich beansprucht. Er war Ausländer und hat womöglich nie ein Testament aufgesetzt. Praetor Terentianus wird den Grundbesitz wahrscheinlich enteignen und versteigern lassen. Mach deinen Anspruch schnell geltend, dann dürftest du einen schönen Batzen des Verkaufserlöses einstreichen.“
Aureus grinste. „Danke, Duumvir. Ich werde deinem Rat folgen.“ Ich ließ ihn gehen, wies ihn aber an, sich für eventuelle weitere Fragen bereitzuhalten.
Belasus sah ihm nach und stellte zufrieden fest: „Eine weitere Stimme, die mir bei der nächsten Wahl sicher sein dürfte.“
Hermes kam aus den Geschäftsräumen, in der Hand hielt er eine Schriftrolle. „Die war in einer der Truhen. Der Farbe des Papyrus nach zu urteilen, ist sie ziemlich alt. Ich bin nicht sicher, ob ich alles verstehe, aber einiges erscheint mir verdächtig. Vielleicht kannst du mehr damit anfangen.“
Er reichte mir die Rolle und ging zurück in das Haus. Ich brütete über den Abkürzungen und der ausgefallenen Orthographie, aber es hätte schlimmer sein können. Immerhin hatte der Syrer auf Latein geschrieben, oder zumindest etwas in der Art.
„Soweit ich dieses Schriftstück verstehe“, wandte ich mich schließlich an meinen Begleiter, „geht es um eine Ladung Ringe, einige Gold- und Silberteller, diverse Edelsteine und ein Schwert mit einem Griff aus Elfenbein mitsamt Scheide, die der Syrer von einem gewissen Sextus Porcius übernommen hat.“ Ich sah Belasus an. „Ist dieser Sextus Porcius mit deinem Kollegen verwandt?“
Er schüttelte den Kopf. „Soweit ich weiß, gibt es in der Familie keinen einzigen Sextus. Vielleicht handelt es sich um einen entfernten Verwandten. Porcius ist ein
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