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Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip K. Dick
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eilte. Dort die Bank. Und da lehnte auch seine Mappe noch. Aber keine Spur des silbernen Dreiecks. Er suchte. Ja. Da! Ins Gras gefallen; teilweise verborgen lag es da. Dort, wo er es in seiner Wut hingeworfen hatte.
    Er setzte sich, schöpfte keuchend Atem.
    Ich muß mich auf das silberne Dreieck konzentrieren, sagte er sich, als er wieder atmen konnte. Es angespannt mustern und zählen. Und bei zehn irgend etwas sagen, um mich selbst aufzuschrecken. Erwache, zum Beispiel. Ich werde kindisch, sagte er sich, aber ich verdiene es nicht anders. Und alles ist meine eigene Schuld. R. Childan oder seine Künstler haben das nicht beabsichtigt; nur meine eigene Habgier trägt die Schuld. Man kann sich nicht dazu zwingen, etwas zu begreifen.
    Er zählte langsam und laut und sprang dann auf. »Verdammte Dummheit!« sagt er scharf.
    Lösten sich die Nebel?
    Er sah sich um.
    Der Nebel senkte sich in aller Wahrscheinlichkeit. Jetzt weiß man die scharfe Wortwahl des heiligen Paulus zu schätzen… durch dunkles Glas gesehen. Das ist keine Metapher, sondern ein scharfsichtiger Hinweis auf optische Verzerrung. Wir sehen tatsächlich im fundamentalen Sinne astigmatisch: Unser Raum und unsere Zeit sind Schöpfungen unserer eigenen Psyche, und wenn diese Schöpfungen für einen Augenblick schwanken – so ist das wie eine akute Störung des Mittelohrs.
    Gelegentlich gehen wir seitwärts geneigt, haben jeden Gleichgewichtssinn verloren.
    Er setzte sich wieder, schob das silberne Ding in die Jackentasche und hielt seine Aktentasche im Schoß. Ich muß jetzt nachsehen, ob diese scheußliche Konstruktion – wie hat der Mann es genannt? –, dieser Embarcadero Freeway noch da ist. Ob es das immer noch gibt. Ob es greifbar ist.
    Aber er hatte Angst, es zu tun.
    Und doch, dachte er, kann ich nicht einfach hier sitzenbleiben. Es gibt ‘ne Menge Arbeit.
    Dilemma.
    Zwei kleine Chinesenjungen kamen über den Kiesweg gerannt. Ein Paar Tauben flatterten auf; die Jungen blieben stehen.
    Mr. Tagomi rief: »Ihr beiden, kommt mal her.« Er griff in die Tasche. »Kommt.«
    Die beiden Jungen näherten sich vorsichtig.
    »Hier ist ein Dime.« Mr. Tagomi warf ihnen einen Dime hin; die Jungen erhaschten ihn. »Geht zur Kearney Street und seht nach, ob es irgendwelche Pedotaxis gibt. Und dann kommt zurück und sagt es mir.«
    »Geben Sie uns dann noch einen Dime?« fragte einer der Jungen. »Wenn wir zurückkommen?«
    »Ja«, sagte Mr. Tagomi. »Aber ihr müßt die Wahrheit sagen.«
    Die Jungen rannten davon. Wenn es keine gibt, dachte Mr. Tagomi, so würde es mir wohl anstehen, mich an einen verlassenen Ort zurückzuziehen und mich selbst zu töten. Er hielt seine Aktentasche fest umfaßt. Ich habe die Waffe immer noch; keine Schwierigkeit also.
    Die Jungen kamen zurückgerannt. »Sechs!« rief einer von ihnen. »Ich habe sechs gezählt.«
    »Und ich fünf«, keuchte der andere.
    »Und ihr seid ganz sicher, daß es Pedotaxis waren?« fragte Mr. Tagomi. »Ihr habt ganz deutlich gesehen, daß die Fahrer in die Pedale getreten haben?«
    »Ja, Sir«, sagten die beiden Jungen gleichzeitig.
    Er gab jedem Jungen einen Dirne. Sie dankten ihm und rannten weg. Zurück ins Büro, an die Arbeit, dachte Mr. Tagomi. Er stand auf und griff nach seiner Aktentasche. Die Pflicht ruft. Wieder ein ganz normaler Tag.
    Wieder ging er hinunter, zum Bürgersteig. »Taxi!« rief er.
    Und ein Pedotaxi löste sich aus dem Verkehrsstrom; der Fahrer hielt am Bürgersteig an. Sein hageres Gesicht glänzte, und seine Brust hob und senkte sich. »Ja, Sir.«
    »Zum Nippon Times Gebäude«, befahl Mr. Tagomi. Er stieg in den Sitz und machte es sich bequem.
    Emsig tretend reihte sich der Taxifahrer wieder zwischen die anderen Taxis und Autos ein.
    Es war schon beinahe Mittag, als Mr. Tagomi das Nippon Times Gebäude erreichte. Er ließ sich von der Pförtnerloge aus mit Mr. Ramsey verbinden.
    »Tagomi hier«, sagte er, als die Verbindung hergestellt war.
    »Guten Morgen, Sir. Ich bin erleichtert. Als ich Sie nicht im Büro sah, habe ich um zehn Uhr bei Ihnen zu Hause angerufen. Aber Ihre Frau sagte, Sie seien bereits weggefahren.«
    »Ist das alles saubergemacht worden?« fragte Mr. Tagomi.
    »Keine Spur mehr zu sehen.«
    »Außer Zweifel?«
    »Mein Wort darauf, Sir.«
    Mr. Tagomi legte befriedigt auf und ging in den Lift.
    Als er sein Büro betrat, sah er sich kurz um. Keine Spur, wie man es ihm versprochen hatte. Er war erleichtert. Niemand würde es wissen, der es nicht selbst gesehen

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