Das Orakel von Antara
hervorbringen kann.
Soll ich mir einen Mann nehmen, der schlecht ist wie Ve reios oder falsch wie Pelegar, nur weil er von edlem Geblüt ist? Mein Vater hätte das von mir verlangt, aber mein Vater ist tot, und ich entscheide selbst, wen ich heiraten will. Und wenn du mich willst, Reven, obwohl in mir das böse Blut von Xero fließt, so muss ich dankbar sein für deine Liebe. Nicht jeder Antare würde vergessen können, dass ich eine Feindin seines Volkes war, und mich nur als Sabrete sehen, ein Mädchen, das nicht für seine Geburt kann. Wenn daher die Götter es schenken, dass eines Tages der Frieden wieder in unsere Länder einzieht, so will ich dir gern als deine Frau überall hin folgen, wohin du auch gehen wirst.“
Sie küsste ihn leicht auf die Lippen. „So, und nun schlaf! Denn vor einigen Stunden warst du noch so schwach, dass du kaum laufen konntest. Es ist sowieso schon ein Wunder, dass du dich noch aufrecht hältst.“
Ohne weiteres Zögern kuschelte sie sich neben Reven aufs Bett. Er legte den Arm um sie, und kurze Zeit später zeugte ihr ruhiger Atem davon, dass sie beide fest schliefen.
Wirklich zeigte sich bereits zwei Tage später, dass der Arzt mit seiner Beurteilung recht gehabt hatte. Revens Verwundungen heilten erstaunlich gut und behinderten ihn kaum noch. Merian hatte ohne Wenn und Aber die Führung der Antaren an Reven abgetreten und bewährte sich als kluger und umsichtiger Ratgeber.
Auf dem Gutshof herrschte reges Kommen und Gehen. Ständig trafen neue Flüchtlinge ein, und es mussten im Hintergelände Zelte aufgestellt werden. Reven zeigte sich als begabter Heerführer, denn er schickte kleine, schlagkräftige Truppen aus, welche die moradonischen Patrouillen aus dem Hinterhalt überfielen, Transporte abfingen, Pferde stahlen und den Gegner wie ein Schwarm wütender Wespen dort traf, wo er am empfindlichsten war.
Bi sher schien der Feind den Standort der Antaren noch nicht ausgemacht zu haben, aber Reven rechnete jeden Tag damit. Er hatte alle Leute, die nicht an den Ausfällen beteiligt waren, an den Bau von Palisaden gestellt, um bei einem Angriff den Hof verteidigen zu können. Immer noch wurden nachts alle Lichter abgedunkelt, um nicht umherstreifende Moradonentrupps auf die Lage der kleinen Festung aufmerksam zu machen. Boten und Melder trafen ein und gingen ab. Ganz Moradon war überzogen von einem Heer von antarischen Spionen, welche die Vorgänge in Blooria und dem Hinterland beobachteten und weitermeldeten.
In Blooria herrschte Chaos, denn mittlerweile hatte man alle Antaren, die sich nicht willig zeigten, entweder getötet oder in den großen Vor ratspeichern eingesperrt, da die Gewölbe des Kerkers bereits voll waren.
Mittlerweile kam es jedoch schon zu Ausschreitungen unter den Moradonen, denn zw ischen Vereios und Pelegar war der offene Kampf um die Herrschaft ausgebrochen.
Pelegar hatte sich im Schloss verschanzt, und die Soldaten, die die Stadt besetzten, hielten ihm die Treue.
Vor den Toren der Stadt lagerte Vereios mit seinen Anhängern aus der Stadt, dem Rest seiner Sklavenfänger und einem Teil der aus anderen Gegenden zusammengezogenen Soldaten. Was an Nachschub daher noch bis nach Blooria gelangte, wurde von Vereios abgefangen.
In Blooria herrschte schon Hunger, die Moradonen mussten ihre Arbeit selbst verrichten und die Unzufriedenheit und das Murren des Volkes wurde immer größer. Das Volk verlangte, man solle Vereios die Tore öffnen. Man kannte den harten Mann und meinte, er würde mit den Zuständen besser fertig werden als der weichliche Pelegar, dem man ein strenges Durchgreifen nicht zutraute.
Dies jedoch war nicht im Sinne d es Adels, der Vereios fürchtete und den eitlen Pelegar als König vorgezogen hätte, weil man ihn leichter beeinflussen konnte. Der Vorteil lag aber ganz eindeutig bei Vereios, da er sich in der besseren Ausgangsposition befand. Für ihn war es nur eine Frage der Zeit, wann die aufgebrachten, hungernden Bloorianer sich gegen Pelegar erheben und die Tore der Stadt öffnen würden.
Aber das letzte Heer der Antaren war im Anmarsch! Fünf Tage nach seiner Ankunft auf dem Gutshof traf bei Reven ein Bote von Yorn und Nith ein. Nur noch einen Tagesmarsch entfernt lagerten die vereinten antarischen Stämme, bereit, die Stadt anzugreifen. Sarwill, der Fürst der Kerter, hatte sich doch entschlossen, Yorn als Führer anzuerkennen.
„Aber“, so hatte er zu Yorn gesagt, „das letzte Wort über die
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