Das Orakel von Atlantis
meinen Mund geschlossen.
Schritt für Schritt setzte ich vor, überwand trennende Distanzen, starrte hinein in das Farbenspiel und sah, daß es blasser wurde. Sie verwischten, das Bunte verschwand allmählich und klärte meine Sicht. Ich lächelte und war beruhigt, daß doch alles so gekommen war, wie man mir gesagt hatte, und ich schaute nach vorn, während ich gleichzeitig stehenblieb.
Seltsam… so seltsam war alles. Ich konnte sehen und dennoch kaum etwas erkennen.
Dabei hatte ich das Gefühl, als hätte jemand links und rechts meines Gesichtes, und zwar in Augenhöhe, Wände aufgebaut, so daß mein Blickfeld begrenzt blieb.
Es war mir nur möglich, geradeaus zu schauen, und dies in einem begrenzten Raum.
Doch ich sah, was ich sehen wollte. Man ließ es mich erkennen, mein Weg sollte nicht umsonst gewesen sein, denn genau vor mir befand sich das Zentrum.
Das Orakel von Atlantis!
***
Spielte es überhaupt noch eine Rolle, in welcher Zeit, in welchem Raum oder Dimension sie sich bewegten? Nein, für Kara, Myxin und Suko waren diese Dinge allesamt zweitrangig geworden. Eine unfaßbare, aber ungeheuer starke Magie hielt sie umklammert und degradierte sie zu Schachfiguren. Diese Magie machte mit ihnen, was sie wollte, und sie trieb die drei, von fremden Kräften geleitet, immer weiter. Ihr Wille hatte nicht ausgeschaltet werden können, aber es gelang ihnen auch nicht, ihn einzusetzen. Sie konnten nichts tun, ihre Reise war nicht zu steuern, denn ein anderer hatte die Regie übernommen. Längst sahen sie die Flammenden Steine nicht mehr. Es war nur ein kurzer Besuch gewesen, wahrscheinlich wollte der Gegner ihnen zeigen, was er mit diesem Refugium der Magie alles anstellen konnte, und er war darauf erpicht, sie in eine depressive, wehrlose Phase zu halten, denn von allein konnten sie sich nicht befreien.
Sie hatten es versucht. Sowohl Myxin als auch Kara setzten ihre Kräfte ein. Es war ihnen nicht gelungen, das andere zu überwinden. Telepathie, Telekinese, all dies wurde schachmatt durch andere Einflüsse gesetzt, die sich voll entfalten konnten.
Die größere Statistenrolle spielte Suko. Er beherrschte die Gaben der beiden Freunde aus dem alten Atlantis leider nicht, so daß das auf geistiger Ebene geführte Gespräch an ihm vorbeirieselte. Unterhalten konnten sich dagegen Myxin und Kara auf geistiger Ebene. Durch Worte war es ihnen nicht vergönnt, einen Dialog zu führen, sie mußten auf der mentalen Ebene bleiben.
»Kannst du es versuchen?«
Myxin empfing den schon verzweifelt klingenden Ruf der Schönen aus dem Totenreich. »Nein!«
Diese Antwort reichte Kara. Um ihre Mundwinkel zuckte es. Es war ein Zeichen der Resignation, die sie überfallen hatte, und es kam auch noch etwas anderes hinzu. Die Angst!
Eine schlimme, furchtbare Angst, es diesmal nicht mehr schaffen zu können. Arkonada war zu stark!
Er trieb mit ihnen sein grausames Spiel, hatte zuerst die Steine in seinen Besitz genommen und sorgte nun dafür, daß sein von ihm gesteuertes Grauen weiterging.
Welch ein Dämon! Ein widerlicher, schrecklicher Geist, der aus dem versunkenen Atlantis gekommen war, um Rache zu nehmen Rache an denen, die dem Bösen abgeschworen hatten, an Myxin und Kara, denn er wußte genau, daß sie sich ihm in den Weg stellten wenn er seine finsteren Pläne verwirklichen wollte.
Und sie trieben weiter. Gefangene in Raum und Zeit, manipuliert, gesteuert, vielleicht sich schon in ferner Vergangenheit befindend oder in anderen Welten. Wer konnte das schon sagen, denn sie sahen nichts, bis auf ein düsteres Grau, das hin und wieder von langen geisterhaften Schlieren durchquert wurde und mit dem Todesnebel zu vergleichen war.
»Versuche es mit dem Schwert, Kara«, nahm Myxin einen erneuten Anlauf. »Du mußt es packen.«
»Ich schaffe es nicht.«
»Denk an die Leichenstadt.« Immer wieder erinnerte Myxin seine Partnerin daran, denn dort hatte sie Übermenschliches gegen Kalifato, einen der Großen Alten, geleistet.
»Das war etwas anderes.«
Da hatte Kara sogar recht. In der Leichenstadt, die zwar in einer fremden Dimension schwebte, hatten sie einen Bezugspunkt besessen. Sie war existent, sie konnten sich darin bewegen, es gab die Gräber der Großen Alten, den Fluß aus Blut, die gefährlichen Spinnen und Skelette. Da hatten sie die Gegner gesehen, hier war es nicht der Fall. Sie trieben durch die Unendlichkeit, ziellos, und sie fragten sich, ob sie jemals überhaupt ein Ziel finden würden oder bis ans Ende
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