Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
Vom Netzwerk:
Stimmengewirr rund um den Tisch erinnerte Maura an den Rat der Weisen auf Margyle, als Idrygon sie und Rath vorgestellt hatte. Vielleicht waren Han und Umbrianer doch gar nicht so verschieden, wie sie gerne glauben wollten.
    Eine Stimme erhob sich über die anderen, und sofort übersetzte der Zikary
, was sie sagte. “Wie ist das möglich?”
    “Ich beherrsche den Zauber der Fernrede”, erwiderte der Todesmagier und löste damit ein noch lauteres Stimmengewirr aus. “Ist eine gute Sache. Wusstet Ihr, dass in diesem Sommer die Erzflotte Dun Derhan nie erreicht hat? Alle Schiffe gingen vor den Vestanischen Inseln unter.”
    An diesem Punkt seiner Rede hätte Maura aus vollem Hals schreien können, keiner hätte sie bei dem Lärm gehört. Wenn sich doch alle endlich beruhigen würden! Stimmen erhoben sich über dem Tumult, doch jede Übersetzung ging in dem Krach unter.
    Schließlich gebot der Erste Gouverneur erneut Ruhe und Maura konnte hören, wie der Zikary die Worte des Todesmagiers übersetzte. “Das Imperium würdigte unsere Warnung damit, dass es alle Echtroi aus dem Gebirge abzog”, verkündete er mit sichtbarer Befriedigung. “Man war erschrocken über die Höhe unserer Verluste.”
    “Wer hat Euch überhaupt aufgefordert, dem Imperium davon zu berichten?”, fragte der Erste Gouverneur erbost.
    “Wollt Ihr damit sagen, ich hätte meinen Vorgesetzten einen falschen Bericht abliefern sollen?”
    Der Erste Gouverneur antwortete mit einem Schnauben, das nicht ohne Weiteres übersetzt werden konnte. Was auch gar nicht nötig war.
    “Welche Befehle gab Euch also das Imperium? Sollen wir uns etwa zurückziehen und irgendeinem Märchenkönig samt seinem Pöbelhaufen von Minderlingen erlauben, sich das Land zurückzunehmen, für dessen Eroberung unsere Väter gekämpft und geblutet haben?”
    Wenn es doch nur so einfach wäre, dachte Maura.
    “Wir haben den Befehl, abzuwarten und keine schlimmeren Verluste zu riskieren”, sagte der Todesmagier. “Und das Territorium, das wir noch kontrollieren, fest im Griff zu behalten. Wir sollen die Rebellen in die östlichen Gebiete locken.”
    Sie würden nicht sehr locken müssen. Maura fühlte, wie ihr Nacken kribbelte. Rath und Idrygon planten bereits, gen Osten zu ziehen.
    “Was passiert dann?”, fragte der Erste Gouverneur.
    “Wenn die Rebellen erst einmal angebissen haben”, fuhr der Todesmagier fort, “haben wir den Befehl, die größtmögliche Streitmacht zusammenzustellen und damit über das Gebirge zu marschieren. Das Imperium hat bereits eine Flotte mit Truppen losgeschickt, um diesen Aufstand niederzuschlagen. Innerhalb der nächsten acht Tage werden sie an der Ostküste landen. Wir sind der Hammer und die neuen Truppen der Amboss, mit dem wir den Wartenden König zermalmen.”
    Maura presste die Hände vor den Mund, um einen Aufschrei zu unterdrücken. Bei all seinen Plänen hatte Idrygon nie an die Möglichkeit gedacht, dass das Imperium Truppen schicken könnte. Jetzt war es zu spät. Wenn sie nur diesen Zauberspruch für die Fernrede kennen würde, mit dem der Todesmagier sich so gebrüstet hatte! Dann könnte sie Rath und Idrygon warnen, dass sie geradewegs in eine Falle liefen. Doch da das nicht möglich war, mussten sie und Delyon Velorkens Stab so schnell wie möglich finden und ihn zusammen mit einer eindringlichen Warnung zu Rath bringen.
    Bevor die Erde der östlichen Gebiete getränkt mit umbrischem Blut würde.

15. KAPITEL
    M aura wurde von den schlimmsten Schreckensvisionen verfolgt, während sie unter dem Tisch kauerte. Wenn die Männer doch endlich aufhören und verschwinden würden.
    Der Hunger nagte mit scharfen Zähnen an ihrem Magen und ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Was, wenn der Unsichtbarkeitszauber nachließ, bevor das Treffen zu Ende war? Konnte sie es wagen, noch mehr von den kostbaren Genowschuppen zu benutzen? Schon zwei Mal hatte sie sich ihrer bedienen müssen, und die Suche im Palast hatte noch nicht einmal begonnen.
    Als endlich Stuhlbeine über den Boden scharrten und die Männer sich erhoben, konnte Maura nur mit Mühe ein erleichtertes Aufschluchzen unterdrücken. Nachdem die meisten zur Tür gegangen waren, kontrollierte Maura ihr Aussehen und stellte fest, dass der Zauber noch wirkte. Das gab ihr wieder Mut.
    Trotzdem tauchte sie unter dem Tisch auf wie ein Kaninchen, das seinen sicheren Bau verlässt und dabei vorsichtig schnüffelnd überprüft, ob der Wind ihm den Geruch eines Raubtiers zuträgt.

Weitere Kostenlose Bücher