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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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dann am Bug des Schiffchens niederließ, war ihr Haar bereits so nass, dass es sich nicht mehr lohnte, die Kapuze wieder überzuziehen.
    Regen und Gischt, die ihr ins Gesicht klatschten, und der Kampf mit dem Wind, der ihr den Atem nahm, ließen sie gar nicht erst an das beunruhigende Auf und Ab in ihrem Magen denken. Die unruhige See war daran sowieso nur teilweise schuld. Während ihres Aufenthaltes auf den Vestanischen Inseln hatte sie sich rasch an diesen friedlichen und sicheren Ort gewöhnt. Nun erschien ihr das von den Han besetzte Festland bedrohlicher denn je.
    Zwei von Gulls muskelbepackten Männern nahmen die Ruder auf und begannen, zur Küste zu rudern. Jetzt, auf der Hinfahrt, mussten sie sich nicht sehr anstrengen, denn jede Welle hob das kleine Boot und trug es mit unbarmherziger, elementarer Kraft zur Küste. Maura beneidete die Männer nicht um die Rückfahrt, wenn sie gegen die landeinwärts donnernden Brecher anrudern mussten.
    In ihrer Kehle formte sich ein Schrei, als das Meer das Boot ans Ufer warf. In der immer stärker werdenden Dunkelheit konnte sie nur die zwei Ruderer ausmachen, die aus dem Schiff kletterten und es weiter hinauf auf den Strand zogen, bevor die Wellen es zurückreißen konnten.
    Gull schlug Maura auf den Arm, um sie auf sich aufmerksam zu machen. “Steigt schnell aus!”, brüllte er über das Heulen des Windes und das Donnern der Brandung hinweg. “Und bleibt dicht bei mir!”
    Delyon sprang aus dem Boot und streckte dann Maura die Hand hin.
    “Vergesst das hier nicht!” Gull drückte ihnen sperrige Bündel in die Arme.
    Wegen der Eile, mit der sie Margyle verlassen hatten, wusste Maura noch nicht einmal genau, was drin war, umklammerte es aber mit aller Kraft, während sie und Delyon hinter Captain Gull den dunklen, sturmumtosten Strand entlangliefen.
    Sie konnte nur hoffen, dass der Schmuggler den Weg kannte, denn sie hatte keine Ahnung, wohin sie gingen oder wie bald sie ihren Bestimmungsort erreichen mochten. Die Dunkelheit veränderte sich mit keinem Schritt, genauso wenig wie das Donnern des Meeres oder der unangenehme, strömende Regen.
    Das Einzige, was sich veränderte und ihr eine gewisse Sicherheit gab, dass sie überhaupt vorwärts kamen, war der Boden unter ihren Füßen. Aus nassem Sand wurde federnder, mit Strandhafer durchsetzter Rasen, dann glitschige Felsen – und Maura musste sich stark konzentrieren, um nicht auszurutschen. Nach einer endlosen Zeit, in der sie sich einen flachen Hang hinaufgetastet hatten, fühlte sie endlich festen Grund unter ihren Stiefeln und ab und zu nasse Grasbüschel, die ihr unter dem Rocksaum um die Beine strichen.
    Trotz des wasserdichten Mantels, in den sie sich fest eingewickelt hatte, fragte sie sich, ob sie jemals wieder richtig trocken werden würde. Maura dankte dem Allgeber für die Warnung des Orakels. Das Einzige, was noch schlimmer wäre, als von diesem Sturm an Land durchgepeitscht zu werden, wäre gewesen, ihn auf dem Meer in einem auf und ab tanzenden Schiff ertragen zu müssen.
    Sie streckte die Hand nach der kaum erkennbaren Silhouette von Captain Gull aus und zog an einem Zipfel seines Mantels. “Ist es noch weit?”
    “Nicht sehr!”, rief er zurück. “Schafft Ihr es?”
    Maura nickte grimmig. “Bestimmt.”
    Sich zwingend, einen Fuß vor den anderen zu setzen, bewegte sie sich weiter, bis sie schließlich in eine Art Schutzhütte stolperten.
    Maura ließ ihr Bündel fallen und sank auf die Knie. “Was ist das hier für ein Ort?”
    Gull tastete nach ihrer Hand und gab ihr einen Zweig. “Könnt Ihr Grünfeuer machen?”
    “Seit ich gerade mal an Langbards Knie reichte.” Sie konzentrierte sich auf den Zweig und sang die einfache Beschwörungsformel. An der Spitze des Holzes entzündete sich ein weiches grünes Glühen. Jetzt konnte Maura erkennen, dass sie in einer kleinen leeren Hütte ohne Fenster standen, mit nur einer gähnenden Öffnung, wo früher einmal eine Tür gewesen sein mochte. Nun wurde der Regen hindurchgeweht und hinterließ einen großen nassen Fleck auf dem Boden. Doch die Ecken sahen trocken genug aus.
    Maura erhob sich mühsam, um ihr Bündel in eine dieser Ecken zu ziehen. Sie warf einen wehmütigen Blick auf den niedrigen Kamin, der gegenüber der Tür war, und wünschte sich, sie hätte trockenes Holz, um Feuer zu machen. Gull und Delyon kamen in ihre Ecke. Abri kroch unter Gulls Mantel hervor und begann, sich zu putzen.
    “Willkommen in Eurem neuen Heim”, meinte Gull

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