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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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sollte, das Briefchen auf einer seiner eigenen Maschinen zu tippen.«
    »Vergessen Sie es. Sevran hat das Ding nicht tippen können. Er hat das Café nicht verlassen, während ich gegen Lefloch gespielt habe, er war noch da, als ich Ihnen ins Rathaus gefolgt bin.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Sicher.«
    »Wer ist noch dageblieben?«
    »Seine Frau, glaube ich, aber ich habe sie nicht überwacht, als sie an der Bar war, Lefloch, Antoinette, Blanchet …«
    »Diese Geschichte mit der 7 stört mich. Sie ist überflüssig, nutzlos, sie hat keinen Sinn und muß doch einen haben.«
    »Derjenige, der mir das Briefchen zugesteckt hat, will nicht, daß man ihn ausfindig macht. Indem er von dieser Kugel redet, zwingt er uns zu der Annahme, daß er unter den dreißig Personen war, die sich während meiner Partie mit Sevran im Café aufhielten. Gut. Und wenn er nicht unter ihnen war?«
    »Wie hätte er dann das mit der 7 erfahren können?«
    »Von draußen, durchs Fenster. Er wartet, hört zu, merkt sich die erste irgendwie bedeutsame Einzelheit und erwähnt sie, um seine Anwesenheit im Café zu bezeugen. Niemand hat aus dem Fenster gesehen, es war beschlagen, es goß in Strömen.«
    »Ja, möglich. Er oder sie hat also bis zu Kugel 7 drinnen oder auch draußen sein können. Damit kommen wir nicht weiter. Das bedeutet, daß er sich erhebliche Mühe gibt, um nicht aufgespürt zu werden.«
    »Entweder hat er gewaltig Schiß vor dem Mörder, oder er ist es.«
    »Was, es?«
    »Der Mörder. Es wäre nicht das erste Mal, daß ein Mörder einen Sündenbock vorschiebt. Wir müssen aufpassen, Guerrec, es kann sein, daß man uns direkt in den Irrtum führt. Es gibt einen Dreckskerl hier in dem Kaff, und zwar einen allererster Güte, so empfinde ich das.«
    Guerrec verzog sein mageres Gesicht.
    »Sie entstellen die Dinge, Kehlweiler. Man sieht, daß Sie mit anonymen Briefen wenig Erfahrung haben. Die sind verbreitet, schrecklich verbreitet. Gerade erst vor sechs Jahren in Pont-1’Abbé. Mörder schreiben solche Briefchen nicht, das tun Angsthasen, Beschränkte, erbärmliche Tröpfe.«
    »Ist ein Mörder, der seine Tat plant und eine alte Frau erschlägt, nicht auch ein erbärmlicher Tropf?«
    »Doch, aber ein erbärmlicher Tropf, der handelt. Die Verfasser solcher Briefchen sind passive erbärmliche Tröpfe, Ohnmächtige, Gehemmte, unfähig, sich verständlich zu machen. Ein Graben zwischen zwei Welten. Es kann nicht dieselbe Person sein, das paßt nicht zusammen.«
    »Wenn Sie wollen. Halten Sie mich auf dem laufenden, was die Fingerabdrücke angeht, die Alibis und Spanien. Wenn das möglich ist, und wenn Sie Hilfe akzeptieren.«
    »Ich tendiere dazu, allein zu arbeiten, Kehlweiler.«
    »Dann begegnen wir uns vielleicht.«
    »Sie haben diese Ermittlungen in Gang gebracht, das stimmt, aber Sie haben kein Recht, sich einzumischen. Es tut mir leid, daß ich Ihnen das in Erinnerung rufen muß, aber Sie sind nur noch ein Mensch unter anderen und wie die anderen.«
    »Verstanden, ich werde mich damit arrangieren.«
    Louis kam um sieben ins Hotel zurück, aber er traf Marc dort nicht an. Er ließ sich mit dem Telefon auf dem Bett nieder und wählte die Nummer des Kommissariats vom 15. Arrondissement, Sektor Abbé-Groult. Um die Uhrzeit müßte Nathan noch an seinem Schreibtisch sitzen.
    »Nathan? Hier Ludwig. Freut mich, dich anzutreffen.«
    »Wie geht’s, Deutscher? Was macht die Rente?«
    »Ich ziehe gerade durch die Bretagne.«
    »Hast du da was zu tun?«
    »Hier gibt’s zwangsläufig Fisch. Aber auch alten Fisch. Marcel Thomas, Rue de l’Abbé-Groult, vor inzwischen zwölf Jahren aus dem ersten Stock gefallen, kannst du mir da helfen?«
    »Leg nicht auf, ich hol die Akte.«
    Nach zehn Minuten war Nathan wieder dran.
    »Also«, sagte er. »Der Mann ist runtergefallen, die Sache ist als Unfall abgelegt worden.«
    »Ich weiß. Aber was ist mit den Einzelheiten?«
    Louis hörte, wie Nathan die Akte durchblätterte.
    »Nichts Bemerkenswertes. Es war am 12. Oktober, abends. Das Ehepaar Thomas hatte zwei Freunde zum Abendessen da, Lionel Sevran und Diego Lacasta Rivas, die gegen zweiundzwanzig Uhr in ihr Hotel zurückkehrten.
    An Ort und Stelle blieben das Ehepaar, die beiden kleinen Kinder sowie Marie Berton, die Haushälterin. Nach zweiundzwanzig Uhr hat niemand mehr die Wohnung betreten, das bestätigen die Nachbarn. Der Sturz erfolgte um Mitternacht. Vernehmungen … Die Kollegen … Die Nachbarn … Ich überspringe, ich überspringe. Die

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