Das Osterman-Wochenende - Ludlum, R: Osterman-Wochenende
waren, blätterte im Wohnzimmer in ein paar Zeitschriften herum. Schließlich ging er in die Garage. Der schwache – in – zwischen kaum merkbare Geruch des Gases, mit dem man
seine Frau und die Kinder betäubt hatte, hing immer noch in der Luft. Er kehrte ins Wohnzimmer zurück, vergaß das Licht in der Garage auszuschalten.
Als er seine letzte Zigarette ausmachte, sah er sich nach einem frischen Päckchen um; mehr um der Sicherheit willen, daß eines da war, als weil er eine Zigarette gebraucht hätte. In seinem Arbeitszimmer war eine Schachtel. Als er die oberste Schublade seines Schreibtischs aufzog, ließ ihn ein Geräusch aufblicken.
Es klopfte am Fenster, und der Lichtkegel einer Taschenlampe kreiste.
»Jenkins, Mr. Tanner«, sagte die halberstickte Stimme. »Kommen Sie an Ihre Hintertür.«
Tanner nickte erleichtert der dunklen Gestalt auf der anderen Seite des Glases zu.
»Der Riegel war abgebrochen«, sagte Jenkins leise, als Tanner die Küchentür öffnete. »Wir wissen nicht, wie es passiert ist.«
»Das war ich. Was machen Sie dort draußen?«
»Wir stellen sicher, daß sich das von gestern nachmittag nicht wiederholt. Wir sind zu viert. Wir haben uns gefragt, was Sie tun. Im Erdgeschoß brennt überall Licht. Selbst in der Garage. Ist etwas? Hat Sie jemand angerufen?«
»Wußten Sie das nicht?«
Jenkins lächelte, als er durch die Tür trat. »Eigentlich sollten wir das, das wissen Sie. Aber gegen mechanische Defekte gibt es keine Gewähr.«
»Ja, wahrscheinlich. Mögen Sie eine Tasse Kaffee?«
»Nur wenn Sie genug für die drei anderen mitmachen. Die dürfen ihre Posten nicht verlassen.«
»Sicher.« Tanner füllte die Kanne. »Genügt Pulverkaffee? «
»Freilich. Danke.« Jenkins setzte sich an den Küchentisch
und schob sich das schwere Polizeihalfter zurecht, daß es locker herunterhing. Er musterte Tanner und sah sich dann im Raum um.
»Ich bin froh, daß Sie draußen sind. Wirklich, ich bin dankbar. Ich weiß, daß das ein Job für Sie ist, aber...«
»Nicht bloß ein Job. Wir machen uns Sorgen.«
»Das ist gut zu hören. Haben Sie eine Frau und Kinder?«
»Nein, Sir. Ich bin ledig.«
»Ich dachte, Sie wären verheiratet.«
»Nein, mein Partner, McDermott, ist verheiratet.«
»Oh, verstehe ... Sie sind jetzt – warten Sie – seit zwei Jahren hier, nicht wahr?«
»Etwa.«
Tanner drehte sich am Ofen um und sah Jenkins an. »Sind Sie einer von ihnen?«
»Wie bitte?«
»Ich fragte, ob Sie einer von ihnen wären. Heute nachmittag haben Sie den Namen Omega gebraucht. Das bedeutet, daß Sie einer von Fassetts Leuten sind.«
»Ich hatte Anweisung, was ich zu Ihnen sagen sollte. Natürlich habe ich Mr. Fassett kennengelernt.«
»Aber Sie sind doch kein Kleinstadtpolizist, oder?«
Jenkins hatte keine Zeit zu antworten. Ein Schrei hallte von draußen herein. Die beiden Männer in der Küche hatten dieses Geräusch schon einmal gehört, Tanner in Frankreich, Jenkins am Jalu-Fluß in Korea. Es war ein Schrei, wie man ihn nur im Augenblick des Todes ausstößt.
Jenkins sprang zur Tür und rannte hinaus, Tanner dicht hinterher. Zwei weitere Männer tauchten aus der Dunkelheit auf.
»Es ist Ferguson! Ferguson!« Ihre Stimmen klangen hart, aber sie schrien nicht. Jenkins rannte um den Pool herum und auf das Wäldchen hinter Tanners Grundstück zu. Der Nachrichtenchef
stolperte und versuchte, mit ihm Schritt zu halten.
Die verstümmelte Leiche lag in einem Gebüsch. Man hatte ihr den Kopf abgeschnitten; die Augen waren geweitet, als hätte man die Lider durchbohrt und mit Nägeln festgespannt.
»Kehren Sie um, Mr. Tanner! Bleiben Sie im Haus! Nicht hinsehen! Kein Laut!« Jenkins hielt den erstarrten Nachrichtenchef an den Schultern und stieß ihn von der Leiche weg. Die beiden anderen Männer rannten mit gezogenen Pistolen in das Wäldchen.
Tanner sank zu Boden; ihm war übel, und er empfand Angst, Angst, die alles überstieg, was er bisher empfunden hatte.
»Hören Sie mir zu«, flüsterte Jenkins und kniete neben dem zitternden Mann nieder. »Sie hätten diese Leiche nicht sehen sollen. Das hat nichts mit Ihnen zu tun! Es gibt gewisse Regeln, gewisse Zeichen, die wir alle kennen. Dieser Mann ist statt Fassett getötet worden.«
Die Leiche wurde in Segeltuch gehüllt, und zwei Männer hoben sie auf, um sie wegzutragen. Sie bewegten sich lautlos und mechanisch.
»Ihre Frau schläft noch«, sagte Fassett leise. »Das ist gut... Der Junge ist aufgestanden und herunter gekommen.
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