Das Osterman-Wochenende - Ludlum, R: Osterman-Wochenende
Erleichterung beim Wiedersehen, bei dem Wissen, daß Zeit und Entfernung für ihre Freundschaft ohne Bedeutung waren. Da war immer noch das Gefühl, daß sie Gespräche wieder aufgreifen, Anekdoten fortsetzen, Geschichten zu Ende erzählen konnten, die sie vor Monaten angefangen hatten. Und da war immer noch Bernie, der nachdenkliche, sanfte Bernie mit seinen stillen, vernichtenden Bemerkungen über den von Palmen gesäumten Drugstore. Vernichtend, aber irgendwie nie herablassend; Bernie lachte ebenso über sich, wie über seine Berufswelt, denn es war seine Welt.
Tanner erinnerte sich an Fassetts Worte.
...Sie werden feststellen, daß Sie ganz bequem auf zwei Ebenen funktionieren können, das ist immer so.
Wieder hatte Fassett recht. In allen Punkten; in allen Punkten.
Während Tanner Bernie beobachtete, fiel ihm auf, daß Leilas Blick von ihrem Mann weg und zu ihm wanderte. Einmal erwiderte er ihren Blick, und sie senkte die Augen, so wie ein Kind, das man getadelt hat.
In seinem Arbeitszimmer klingelte das Telefon. Alle, mit Ausnahme von Alice, zuckten zusammen. Auf dem Tisch hinter dem Sofa stand ein Nebenapparat, aber John tat so, als sähe er ihn nicht und ging an den Ostermans vorbei auf die Tür seines Arbeitszimmers zu.
»Ich geh’ schon hin. Das ist wahrscheinlich das Studio.«
Als er sein Arbeitszimmer betrat, hörte er, wie Leila mit etwas gesenkter Stimme zu Ali sagte:
»Sag mal, Honey, Johnny kommt mir so angespannt vor. Ist etwas? Wenn Bernie so dahinredet, kommt ja keiner zu Wort.«
»Angespannt ist noch eine Untertreibung. Du hättest ihn gestern erleben sollen!«
Wieder klingelte das Telefon; Tanner wußte, daß es nicht normal sein würde, es weiterklingeln zu lassen. Und doch war es ihm ein dringendes Bedürfnis, Ostermans Reaktion zu hören, wenn Ali von dem Schrecklichen erzählte, das sie am Mittwoch erlebt hatte.
Er schloß einen Kompromiß. Er nahm den Hörer von der Gabel, hielt ihn in der Hand und hörte sich das Gespräch noch ein paar Sekunden lang an.
Etwas fiel ihm auf. Bernie und Leila reagierten zu schnell auf Alis Worte, mit zu viel Erwartung. Sie stellten Fragen, ehe sie die Sätze beendet hatte. Sie wußten etwas.
»Hello? Hello! Hello, Hello!« Die Stimme am anderen Ende der Leitung gehörte Joe Cardone.
»Hello, Joe? Tut mir leid, ich habe den Hörer fallen lassen... «
»Ich habe aber nichts gehört.«
»Sehr weiche, sehr teuere Teppiche.«
»Wo? In deinem Arbeitszimmer mit dem Parkettboden?«
»Hey, was ist denn, Joe?«
»Tut mir leid... In der Stadt war’s heute scheußlich heiß. Die Börse ist richtig beschissen.«
»So ist’s besser. Jetzt klingst du wieder wie der vergnügte Bursche, auf den wir warten.«
»Du meinst, alle sind schon da?«
»Nein, bloß Bernie und Leila.«
»Die sind aber früh dran. Ich dachte, die Maschine käme erst um fünf.«
»Sie sind schon vor zwei Tagen angekommen.«
Cardone wollte etwas sagen, hielt dann aber plötzlich inne. Er schien verstört. »Komisch, daß die nicht angerufen haben. Mich haben sie wenigstens nicht angerufen. Dich?«
»Nein, wahrscheinlich hatten sie zu tun.«
»Sicher, aber man würde ja meinen...« Wieder verstummte Cardone mitten im Satz. Tanner fragte sich, ob dieses Zögern für ihn bestimmt war, um ihn davon zu überzeugen, daß Bernie und Joe sich nicht schon begegnet waren, nicht schon miteinander gesprochen hatten.
»Bernie wird es uns ja wahrscheinlich erklären.«
»Ja«, sagte Cardone, ohne richtig zuzuhören. »Nun, ich wollte euch nur Bescheid sagen, daß wir uns verspäten werden. Ich gehe noch schnell duschen; wir kommen dann gleich. «
»Bis dann.« Tanner legte auf und wunderte sich darüber, wie ruhig er war. Es kam ihm in den Sinn, daß er das Gespräch unter Kontrolle gehabt hatte. Unter Kontrolle. Das mußte er. Cardone war ein nervöser Mann und hatte nicht angerufen, um zu sagen, daß er sich verspäten würde. Ganz davon abgesehen, daß es ja noch gar nicht zu spät war.
Cardone hatte angerufen, um zu erfahren, ob die anderen gekommen waren.
Tanner kehrte ins Wohnzimmer zurück und setzte sich.
»Darling! Ali hat uns gerade alles erzählt! Wie furchtbar! Einfach schrecklich!«
»Mein Gott, John! Da habt ihr ja etwas Furchtbares mitgemacht! Die Polizei hat gesagt, es wären Einbrecher gewesen? «
»Das hat die New York Times auch geschrieben. Das macht es ja wohl amtlich.«
»Ich hab’ in der Times nichts gesehen«, erklärte Bernie fest.
»Es waren nur ein
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