Das Paket mit dem Totenkopf
den Schemen seines Gesichts hatte Tarzan
noch gesehen. Daß es Detlef Egge war, hätte er nicht beschwören können. Aber
überzeugt war er doch.
Schon wollte er’s seinen
Freunden sagen. Aber dann schluckte er’s runter. Wozu? Es hätte die gemütliche
Stimmung gestört. Mit dem Kerl und seinen Komplicen würden sie sich noch früh
genug auseinandersetzen.
„Karl“, sagte Klößchen, „gib
mir doch bitte mal den Natriumchlorid-Streuer dort vom Tisch. Ich möchte mir
NaCl mal aus der Nähe ansehen.“
„Aber bitte, gern!“ sagte Karl
und reichte ihm den Salzstreuer. „Vermutlich Speisesalz. Trotzdem — zu deinem
Kakao paßt es nicht.“
„Da nehme ich Zucker“, sagte
Klößchen.
„Süß schmeckende,
wasserlösliche, meist weiße, kristallische Kohlehydrate“, sagte Karl grinsend.
Und man sah ihm an, wie er seine Rache genoß. „Zucker läßt sich direkt oder
indirekt vergären. Es gibt Malz-, Milch-, Rohr-, Trauben-und Fruchtzucker.
Gewonnen wird Zucker hauptsächlich aus Zuckerrohr und Zuckerrüben. Die
letzteren enthalten 16 bis 21 Prozent Zucker, werden nach dem Waschen
geschnitzelt und...“
„Stopp!“ sagte Tarzan. „Du bringst
Klößchen noch so weit, daß er Natriumchlorid in... äh... ich meine, daß er Salz
in seinen Kakao schüttet, den er noch gar nicht hat. Treib’ ihn nicht zur
Verzweiflung. Da kommt unsere Bestellung.“
Die Getränke wurden serviert.
Dann kam Tarzans Mutter zurück.
Sie trug ein schickes
cremefarbenes Kostüm und Modeschmuck-Ketten, die gut dazu paßten. Tarzan wußte,
daß sie weder echt noch teuer waren. Aber an seiner Mutter sahen sie toll aus.
Natürlich stand er auf und
rückte seiner Mutter den Stuhl zurecht. Das war nicht affig und keine
übertriebene Höflichkeit, sondern eine jener Nettigkeiten, die leider immer
mehr aus der Mode kommen. Dabei kostet es so wenig Aufwand, jemandem eine
Freundlichkeit zu erweisen. Man muß es nur wollen.
„Übrigens“, sagte Tarzan. „Alle
sind eingeladen. Die Rechnung begleiche ich. Nur ran! Wer Appetit hat, soll
bestellen. Es soll hier sehr guten Kuchen geben.“
„Aber, Peter, das kommt gar
nicht in Frage“, sagte Frau Carsten. „Natürlich seid ihr meine Gäste. Dein
Taschengeld, Peter, brauchst du für andere Dinge.“
„Aber ich habe 100 Mark in der
Tasche“, verkündete er strahlend. „Die kamen im richtigen Moment. Laß mir bitte
die Freude. Ich möchte euch einladen.“
„Hundert Mark?“ wunderte sich
Frau Carsten.
Dabei legte sie ihren
Zimmerschlüssel, den sie mitgebracht hatte, etwas zur Seite, um für das Tablett
mit der Teekanne mehr Platz zu schaffen. Sie hatte Zimmer 211. Groß und
deutlich konnte man die Nummer lesen. Sie war in das Metallschild eingestanzt,
das wie ein Etikett auf der dicken Holzkugel haftete. An ihr hing der
Schlüssel.
„Tarzan hat einen alten Oberst
im Stadtwald vor zwei Verbrechern gerettet“, nahm Gaby sofort das Wort. „Hat
die beiden vertrimmt. Sie waren maskiert und konnten leider entkommen. Aus
Dankbarkeit hat ihm der Oberst den Hunderter geschenkt.“
„Um Gottes willen, Peter!“ Frau
Carsten war blaß geworden. „Da hätte dir doch sonstwas passieren können.“
„Bewaffnet waren sie nicht“,
sagte Tarzan.
„Trotzdem! Sicherlich —
einerseits ist es sehr anständig von dir, in so eine Sache einzugreifen und zu
helfen. Aber du bist erst gerade 13 vorbei! Und Verbrecher... Ich darf nicht
daran denken, in welche Gefahr du dich begeben hast! Hättest du nicht die
Polizei verständigen können? Bitte, mach’ so was nie wieder.“
„Polizei war nicht in der Nähe.
Auch kein Telefon. Die Ganoven hätten den Opa bewußtlos geschlagen. Seine
Brieftasche hatten sie schon. Und gefährlich war das für mich eigentlich nicht.
Ich bin ja in Judo ganz gut.“
„Ganz gut?“ lachte Klößchen.
„Das ist die Untertreibung der Woche. Eines Tages sehen wir dich als
Europameister. Dann erzähle ich jedem, daß ich dein Freund bin.“
„Nun hör’ aber auf!“ sagte
Tarzan. „Der Weg dorthin ist mit Muskelrissen, Sehenzerrungen und verrenkten
Gliedern gepflastert. Das wäre mir doch zu gefährlich.“
Dann erzählte er seiner Mutter,
wie das im Stadtwald gewesen war. Wie es weitergehen sollte, verschwieg er
allerdings. Es wäre für seine Mutter nur unnötige Aufregung gewesen. Daß er
sich mit Rauschgifthändlern anlegen wollte, hätte sie nicht nur geängstigt. Sie
hätte es ihm glattweg verboten. Dann wäre er in einen seelischen Zwiespalt
geraten,
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