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Das Paradies am Fluss

Das Paradies am Fluss

Titel: Das Paradies am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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beteiligen«, erklärt Jess energisch. »Schlimm genug, dass ich einfach herkomme! Da kann ich nicht auch noch von Ihnen verlangen, mich zu unterhalten. Ehrlich, ich …«
    »Unsinn!«, fällt er sofort ein. »Sie gehören jetzt zur Familie, verstehen Sie …«
    Freundschaftlich zankend gehen sie in die warme Küche.
    »Mutter hat diesen Raum gehasst«, sagt Johnnie. »Sie hat nie verstanden, warum Sophie und die Kinder sich alle hier versammeln. Am angenehmsten ist die Küche jetzt, wenn spätnachmittags die Sonne hineinscheint.« Er schiebt den Kessel auf die Herdplatte, dreht sich um und lächelt ihr zu. »Was haben Sie da?«
    Sie zieht die Fotos aus ihrer großen Tasche und schiebt sie ihm hin. »Rowena hat sie mir geschenkt«, sagt sie. Das stimmt nicht ganz, doch darauf kommt es nicht wirklich an. Der Moment ist gekommen. »Das hier mag ich besonders.«
    Sie zeigt auf das obere, das Hochzeitsfoto, und er beugt sich vor, um es anzusehen. Seine Miene wirkt verhalten.
    »So ein hübsches Mädchen!«, murmelt er. »Und Sie sehen ihr so ähnlich! Ich freue mich darüber, dass Mutter es Ihnen geschenkt hat. Sie hat diese Bilder nämlich eifersüchtig gehütet.«
    »Vielleicht, weil sie wusste, dass ich Juliet und Mike nie richtig kennengelernt habe«, antwortet Jess und beobachtet ihn dabei. »Ich habe noch niemals ein Bild von ihnen in ihrer Jugend gesehen. Dad hatte keine. Mike und er haben sich furchtbar gestritten, verstehen Sie? Die beiden haben sich gar nicht verstanden.«
    Johnnie runzelt die Stirn und betrachtet das Foto immer noch eindringlich. Jess verschiebt es so, dass das andere sichtbar wird.
    »Das hier hat sie mir auch gegeben.«
    Der Wasserkessel pfeift, doch Johnnie rührt sich nicht. Er sieht auf die Gruppe junger, glücklicher Gesichter hinunter, und seine eigene Miene wird traurig und besorgt. Er holt tief Luft und wendet sich ab, um den Tee aufzugießen.
    »Sie erkenne ich inzwischen alle«, sagt Jess, doch er dreht ihr weiter den Rücken zu. »Das ist Al, das hier Mike, und dieser junge Mann ist Stephen Mortlake. Und das sind Sie, oder?«
    Endlich wendet er sich um und betrachtet das Foto. Er nickt. »Ja, das bin ich.«
    »Und das ist Tom, und das da Fred?«
    Er nickt, und sie stößt einen tiefen Seufzer aus und nimmt die Fotos in die Hand.
    »Ich musste es wissen, verstehen Sie?«
    »Ja«, sagt er. »Das begreife ich. Aber Sie meinen, dass meine Mutter die ganze Zeit Bescheid wusste?«
    Jess lächelt ihm mitfühlend zu. »Das hat sie geglaubt, doch sie hatte den Falschen im Visier. Sie dachte, es wäre Al.«
    Er runzelt die Stirn und versucht, sich vorzustellen, wie sie darauf gekommen ist. »Was hat sie Ihnen erzählt?«
    »Sie hat mir viele, viele Jugendfotos von Ihnen allen gezeigt, aber sie wollte auf dieses hier hinaus. Sie ist sehr geschickt vorgegangen und hat gehofft, dass ich jemanden erkenne.«
    »Wie hätten Sie jemanden erkennen sollen? Nun ja, vielleicht Mike. Gut möglich, dass Sie schon Fotos von ihm als jungem Mann gesehen haben. Doch wie in aller Welt hätten sie einen der anderen erkennen sollen?«
    Jess sieht ihn an und denkt an jenen Tag im Morgensalon zurück. »Es war ein furchtbarer Schock«, gibt sie leise zurück, »aber sie hatte recht mit ihrer Ahnung. Doch inzwischen war ich argwöhnisch geworden, verstehen Sie? Sie hat sich so in die Sache verbissen und mich nach Daddy ausgefragt. Ich habe niemanden von Ihnen erkannt, aber einer der jungen Männer auf dem Foto sah so sehr aus wie mein Dad in diesem Alter, dass ich unwillkürlich aufgekeucht habe, und dann wusste ich, dass ich mich verraten hatte. Sie hat mein Erschrecken bemerkt, doch ich habe sie absichtlich in die Irre geführt und auf ein Gesicht gezeigt, das ich nicht kannte. ›Wer ist das?‹, habe ich gefragt.« Sie stöhnt leise. »Ich hätte keine schlechtere Wahl treffen können.«
    »Sie haben zufällig auf Al gedeutet?«
    Sie nickt. »Sie war vollkommen außer sich vor Freude. Darauf hatte sie offenbar gewartet und gehofft, und der Schock hat ihr diesen furchtbaren Anfall beschert.«
    »Oh, mein Gott!«
    »Ich fühlte mich so schuldig und beschämt! Und ich hatte schreckliche Angst davor, sie wiederzusehen, Angst vor dem, was sie dann sagen würde. Und tatsächlich, bei unserer nächsten Begegnung wollte sie nichts anderes von mir hören, als dass Daddy Als Sohn gewesen sei.«
    »Und, haben Sie es ihr gesagt?«
    Wieder nickt Jess. »Sie sah so krank aus, aber sie war überglücklich. Sie hat mich für

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