Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Paradies am Fluss

Das Paradies am Fluss

Titel: Das Paradies am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
Vom Netzwerk:
mir erzählt. Ist das nicht wunderbar?«
    »Ja«, antwortet er und umarmt sie. »Das ist großartig.«
    »Wir haben uns etwas ausgedacht«, erklärt Freddy. »Ich fahre jetzt mit ihr hinüber in mein Haus und bringe sie mit der Abendflut zurück. Du bist aus einer großen Schar von Bewerbern dafür ausgewählt worden, es Sophie zu erzählen, alter Junge.«
    »Und Oliver«, setzt Jess schnell hinzu.
    »Danke«, meint Johnnie trocken.
    Freddy schenkt ihm ein Grinsen. »Wir müssen los, solange das Wasser noch hoch genug steht. Komm, Jess! Zieh dir etwas Warmes an, draußen ist es eisig!«
    Sie gehen alle hinunter zu dem Beiboot. Jess klettert hinein und setzt sich ins Heck. Freddy folgt ihr, nimmt mittschiffs Platz und fasst die Ruder. Johnnie wirft die Fangleine ins Boot und stößt sie ab.
    Während Freddy rudert, beobachtet Jess ihn und sucht nach Zügen, die sie an ihren Vater erinnern. Sie erkennt die Art, wie sich die Haut um seine haselnussbraunen Augen in Falten legt, bevor er lächelt, und vermutet, dass sein eisgraues Haar einmal genauso dunkelbraun war wie das ihres Vaters. Er ist stark, immer noch vital, und sie ist stolz auf ihn: Dies ist ihr Großvater.
    »Glaub ja nicht«, sagt er beim Rudern, »dass ich dich nicht als Hausgast bei mir haben möchte! Ich hoffe, du kommst irgendwann, aber da ist es nur fair, wenn du das Haus zuerst siehst. Außerdem muss ich wohl noch allerhand aufräumen.«
    Jess ist froh, dass er sie nicht gleich eingeladen hat, bei ihm zu wohnen. Im Moment ist die alte Segelwerkstatt ein neutrales Territorium zwischen dem großen Haus und Freddys Cottage. Es ist ihr eigener Raum, in dem sie die unerwarteten Ereignisse der letzten paar Wochen verarbeiten kann.
    »Ich freue mich aber, dass du segelst«, bemerkt er gerade und lächelt – das Lächeln seines Sohnes.
    Sie fühlt einen starken Drang, in Tränen auszubrechen, doch stattdessen erwidert sie sein Lächeln, dreht sich um und winkt Johnnie zu.
    Der sieht den beiden noch kurz nach und hebt die Hand, um Jess’ Gruß zu erwidern. Dann geht er zurück zum Haus und probt im Kopf die Geschichte, die er gleich erzählen wird.
    »Wusste ich doch, dass es da ein Rätsel gab!«, sagt Sophie, deren Wangen vor Aufregung rosig überhaucht sind. »Ich wusste es einfach! Und ihr habt es all die Jahre geheim gehalten!«
    Sie sitzen immer noch beim Frühstück. Die Überraschung hat sie alle hungrig gemacht, und Johnnie hat eine weitere Portion Schinkenspeck gebraten. Sophie toastet noch Brot.
    »Bis Jess aufgetaucht ist, gab es auch nicht viel zu erzählen«, sagt Johnnie. »Juliet hat sehr sporadisch Kontakt zu Freddy gehalten, aber er durfte ihr nicht schreiben, damit Mike nicht dahinterkam. Als Pat nach England kam, hat Fred gebettelt und gefleht, ihn sehen zu dürfen, doch Juliet ist absolut hart geblieben. Der arme alte Fred war ständig hin und her gerissen und wusste nicht, ob er einfach gegen ihren Wunsch verstoßen sollte. Aber gleichzeitig hatte er keine Ahnung, was schlimmer für Pat sein würde: weiter zu glauben, dass sein Vater – das heißt, Mike – ihn nicht liebte, oder zu erfahren, dass seine Mutter …«
    Er zögert, will das Wort nicht aussprechen und schaufelt Oliver noch mehr Speck auf den Teller.
    »Eine sehr unangenehme Position für den guten Fred«, meint Oliver zustimmend. »Und ich vermute, je länger das so ging, desto schwieriger wurde es.«
    »Das Problem mit solchen verrückten Affären ist«, setzt Sophie nachdenklich hinzu, »dass sie im Allgemeinen auf simpler Lust beruhen, und Juliet hat sich wahrscheinlich gefragt, wie es sein würde, wenn sie tatsächlich die Vorsicht in den Wind schlagen und zurück zu Fred gehen würde.«
    »Wir beugen uns deiner überlegenen Erfahrung auf dem Gebiet der ›simplen Lust‹«, erklärt Oliver, »und vermuten einmal, dass Juliet in einem üblen Zwiespalt steckte.«
    »Für diese Theorie spricht vieles«, meint Johnnie und ignoriert, dass Sophie nach Olivers rasch eingezogenem Kopf schlägt. »Fred war der Jüngste von uns allen, sogar noch jünger als Juliet, und damals hätte man an ihm noch keine Spur von erwachsenem Ernst entdeckt, die Juliet vielleicht bewogen hätte, Mike zu verlassen. Freddy war in seinem letzten Jahr an der Marineakademie, und Mike war bereits dritter Offizier auf der Optimist .«
    »Wie schrecklich das für sie gewesen sein muss!«, sagt Sophie, die plötzlich ernst geworden ist. »Sie war schwanger mit dem Kind eines anderen, musste es geheim

Weitere Kostenlose Bücher