Das Paradies am Fluss
umzurühren, und sie steckt es hinter die Ohren. Dann schiebt sie ein Blech Brötchen in den Ofen und setzt auch ein paar Suppenschalen zum Anwärmen hinein. Am Herd steht eine Flasche Claret zum Temperieren.
»Trinkt Guy Wein oder Bier?«, erkundigt sie sich. »Ich habe Jail Ale da.«
»Ganz bestimmt trinkt er Ale«, antwortet Oliver. Er zieht sich einen Stuhl heran und setzt sich an den Tisch. »Ich fahre zwar, doch ich denke, ein Glas Wein geht. Es ist sehr freundlich von Ihnen, uns alle aufzunehmen. Zuerst Jess und jetzt Guy und mich. Vor allem, da Sie ja keinen von uns kannten.«
»Ach, Johnnie hat gern Besuch. Er ist immer am glücklichsten, wenn das Haus aus allen Nähten platzt. Rowena ist genauso, obwohl sie nicht mehr so damit fertig wird wie früher.«
»Und Sie?«
»Ich? Oh, ich mag auch gern Besuch. Und Jess macht überhaupt keine Mühe. Es ist ein Jammer, dass Rowena krank geworden ist, aber sie möchte unbedingt, dass Jess bleibt.«
Sie schenkt zwei Gläser Wein ein und reicht eines Oliver. Er hebt sein Glas und sieht sie an, und sie erwidert seinen Blick. Ihre Augen haben die warme Farbe von klarem Bernstein.
»Es sieht aus, als hätte Jess etwas auf dem Herzen«, bemerkt er.
»Ja«, pflichtet sie ihm bei. »Ich dachte, es ginge um Sie.«
»Um mich?«, fragt er verblüfft.
Sophie verzieht den Mund zu einem leisen Lächeln. »Sie spricht ziemlich viel von Ihnen. Und als wir das Wiedersehensessen geplant haben, hat sie darum gebeten, Sie einzuladen.«
Er schweigt und denkt rasch nach. Diesen Punkt muss er unmissverständlich klarstellen.
»Sie ist Kates Schützling. Sie wissen schon, weil sie den David-Porteous-Preis gewonnen hat und so. Ich glaube, Jess war ganz angetan davon, ins West Country zu kommen, um nach ihren Wurzeln zu suchen. Doch bei ihrer Ankunft fühlte sie sich durch den Altersunterschied zu allen anderen ein wenig eingeschüchtert. Ich bin um einiges älter als sie, trotzdem war sie wahrscheinlich erleichtert darüber, auf jemanden zu treffen, der jünger war als ihre alte Großmutter. Sie sieht mich eher wie einen Onkel, meinen Sie nicht? Ich hatte das Gefühl, es wäre meine Pflicht, sie zu retten.« Sophie lacht. »Wie edel von Ihnen!«
»Ich habe eben ein großes Herz.«
»Und dabei schadet es natürlich nicht, dass Jess äußerst attraktiv ist.«
»Das war eine Dreingabe«, sagt er sanft. »Müssen wir weiter über Jess reden?«
»Sie haben damit angefangen«, erinnert sie ihn. »Worüber möchten Sie denn sprechen?«
»Für den Anfang hätte ich gern Ihre Handynummer, bevor die anderen zurückkommen«, erklärt er, »und könnten wir ein Abendessen in einem netten Restaurant ausmachen?«
»Ich fahre morgen selbst her«, sagt Guy. »Johnnie hat mich zum Frühstück eingeladen, damit wir früh auslaufen können.«
Als Oliver jetzt vorsichtig über die schmalen Straßen fährt, denkt er darüber nach. Sie haben beim Mittagessen darüber gesprochen und schließlich beschlossen, dass Jess mit Guy und Johnnie segeln gehen soll, während Sophie zu Hause bleibt, um Lady T. im Auge zu behalten.
»Ich kann ja jederzeit segeln«, hat Sophie gemeint. »Und Sie möchten doch gern mit, Jess, oder?«
Jess nickte. »Wenn Sie wirklich nichts dagegen haben, Sophie, begleite ich Guy und Johnnie gern.«
Wenn Oliver es recht bedenkt, vermutet er, dass Jess nicht mit Lady T. allein sein möchte und dass es mit dem Foto zu tun hat – doch er kann sich einfach nicht vorstellen, was genau das sein soll. Bis auf ein paar Worte nach dem Mittagessen hat er nicht noch einmal mit ihr reden können.
»Sie können jederzeit zurück in die Chapel Street kommen«, raunte er ihr zu. »Lassen Sie sich nicht davon abhalten, dass Guy ein paar Tage hier ist!«
»Mir geht es gut«, gab sie zurück. »Ehrlich. Ich möchte noch ein wenig bleiben.«
»Wenn Sie sich sicher sind.«
Sie spürte seine Sorge und lächelte ihm zu. »Mit mir ist alles in Ordnung, wirklich. Und sprechen Sie mit niemandem über das Foto, ja? Das ist eine persönliche Angelegenheit.«
»Wenn Sie meinen.«
»Ehrlich. Ich verspreche, dass ich Sie anrufe, wenn ich ein Problem habe oder reden möchte.«
»Gut, in Ordnung«, sagte er.
»Warum kommen Sie nicht morgen und essen mit mir zu Mittag?«, hatte Sophie später gefragt. »Die anderen werden den ganzen Tag fort sein. Kommen Sie früh!« Und er hat voll tiefer, verstohlener Freude zugestimmt.
Jetzt wirft er Guy einen Seitenblick zu. »Hast du überhaupt noch vor,
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