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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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komme gleich nach. Wollen wir uns im orientalischen Saal treffen?«
    »Gut, im orientalischen Saal. Er ist großartig, nicht wahr?«
    Sie trennten sich endlich. Deloche, glücklich, daß er beschäftigt war, fuhr fort, Karton um Karton vor der Gräfin und ihrer Tochter auszuleeren. Unterdessen ging der Inspektor Jouve gemessenen Schritts an den Tischen entlang. Als er hinter Frau von Boves vorbeikam und zu seiner Überraschung sah, wie ihre Arme in diesem Haufen von Mechelner und Valenciennesspitzen verschwanden, warf er einen argwöhnischen Blick auf ihre fieberhaft bewegten Hände.
    »Rechts, meine Damen«, sagte Hutin, der seinen Weg wieder aufnahm.
    Er war außer sich. War es noch nicht schlimm genug, daß er ihretwegen unten einen Verkauf verpaßt hatte? Nun hielten sie ihnen noch obendrein an jeder Ecke des Geschäfts auf.
    »Fräulein Ciaire!« rief er mit verdrossener Stimme, als er endlich in die Konfektionsabteilung gekommen war.
    Doch diese ging an ihm vorüber, ohne ihn zu hören; sie war bis über die Ohren mit einem Verkauf beschäftigt. Der Raum war gedrängt voll, eine endlose Menschenschlange wand sich hindurch.
    »Fräulein Marguerite!« rief Hutin.
    Als auch diese nicht stehenbleiben wollte, fluchte er zwischen den Zähnen:
    »Verdammte Dirnen!«
    Nichts war ihm mehr zuwider, als wenn er sich die Treppe heraufbemühen mußte, um den Verkäuferinnen hier oben auch noch Kundinnen zuzuführen. Die Stoffabteilungen und die Konfektion lagen in ständiger Fehde, machten einander die Käuferinnen streitig und suchten sich gegenseitig um ihre Provisionen zu bringen. Die Angestellten aus den Stoffabteilungen waren jedesmal wütend, wenn eine Dame sich für ein fertiges Stück entschied, nachdem sie sich des langen und breiten alle Meterware hatte zeigen lassen.
    Jetzt bemerkte er plötzlich Denise. Seit dem Morgen beschäftigte man sie mit dem Zusammenlegen der Kleidungsstücke; man hatte ihr nur einige wenige zweifelhafte Kunden überlassen, mit denen sie nichts anzufangen wußte.
    »Ach, Fräulein, bedienen Sie doch die Damen hier!«
    Damit hängte er ihr die Einkäufe Frau Martys auf, die er bis jetzt herumgeschleppt hatte. Er lächelte nun wieder, und in seinem Lächeln lag die geheime Bosheit des erfahrenen Verkäufers, der bereits die Verlegenheit ahnte, in die er sowohl die Damen wie auch das junge Mädchen brachte.
    Denise indessen war ganz verblüfft angesichts dieses unverhofften Verkaufs. Zum zweitenmal erschien ihr Hutin wie ein unbekannter brüderlicher Freund, allzeit bereit, ihr beizustehen. Ihre Augen leuchteten, dankbar blickte sie ihm nach.
    »Ich möchte mir Mäntel ansehen«, sagte Frau Marty.
    Denise begann zu fragen. Welche Art Mäntel sollte es sein? Allein die Kundin wußte es nicht zu sagen, sie hatte keine Vorstellung, sie wolle die Modelle des Hauses sehen, sagte sie. Das Mädchen, ohnehin schon müde und ganz verwirrt von dem ungewohnten Trubel, verlor den Kopf. Sie hatte bei Cornaille in Valognes nur hie und da Kundschaft bedient; sie kannte die Modelle hier noch nicht, auch wußte sie nicht, wo sie in den Schränken zu finden waren. So kam es, daß sie die beiden Damen nicht rasch genug bedienen konnte und diese ungeduldig wurden. Frau Aurélie erkannte in diesem Augenblick Frau Desforges, von deren Verhältnis zum Chef sie zu wissen schien, denn sie beeilte sich, sie zu fragen:
    »Werden die Damen bedient?«
    »Ja, von diesem Fräulein, das dahinten etwas sucht«, erwiderte Henriette; »sie scheint aber noch nicht recht eingearbeitet zu sein, denn sie findet nichts.«
    Die Direktrice ging sogleich auf Denise zu und murmelte:
    »Sie sehen ja, daß Sie nichts verstehen. Verhalten Sie sich wenigstens ruhig, bitte.«
    Dann rief sie:
    »Fräulein Marguerite, einen Mantel!«
    Sie blieb da, während Marguerite Modelle zeigte. Als diese Frau Marty sagen hörte, daß sie nicht über zweihundert Franken hinausgehen wolle, machte sie ein Mäulchen. Die gnädige Frau werde schon etwas zulegen müssen, meinte sie, für zweihundert Franken sei nichts Elegantes zu haben. Sie warf mit nachlässiger Geste verschiedene einfache Mäntel auf den Tisch, als wollte sie sagen: Sehen Sie sich das an, es ist dürftig genug. Frau Marty wagte nicht zu gestehen, daß sie ihr genügten. Sie neigte sich zu Frau Desforges und flüsterte ihr ins Ohr:
    »Sagen Sie, lassen Sie sich nicht auch lieber von Männern bedienen? Man kann sich ungenierter aussprechen.«
    Endlich brachte Marguerite einen schwarz

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