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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Diese Zahl brachte die Frauenwelt in Aufruhr: Zehn Centimes billiger als im »Paradies der Damen«, und die Seide schien stärker, dauerhafter zu sein!
    Gleich in den ersten Tagen kam ein Strom von Kunden. Frau Marty kaufte unter dem Vorwand, sie wolle sparen, Stoff für ein Kleid, das sie eigentlich nicht brauchte; Frau Bourdelais dagegen fand die Seide schön, zog es aber vor, zu warten, denn sie witterte offenbar die Dinge, die da kommen sollten. In der Tat setzte Mouret in der nächsten Woche den Preis des »Pariser Glücks« um zwanzig Centimes herab. Er hatte mit Bourdoncle und den übrigen Teilhabern eine lebhafte Auseinandersetzung gehabt, um sie zu überzeugen, daß man den Kampf aufnehmen müsse selbst auf die Gefahr hin, mit Verlust zu verkaufen; und diese zwanzig Centimes waren in der Tat schon ein Verlust, denn sie hatten vorher bereits zum Selbstkostenpreis verkauft. Dieser Schlag war hart für Robineau; er hatte nicht geglaubt, daß sein Nebenbuhler auch heruntergehen werde, denn dieser selbstmörderische Konkurrenzkampf, diese Verkäufe mit Verlust waren bisher noch nicht dagewesen. Und sofort wandte sich der Strom der Kunden, immer dem günstigeren Preis folgend, wieder nach der Rue Neuve-Saint-Augustin, während das Geschäft in der Rue Neuve-des-Petits-Champs sich leerte. Gaujean eilte aus Lyon herbei, es gab lange Beratungen, und Robineau entschloß sich zu einer Heldentat: Die Seide wurde ebenfalls um zwanzig Centimes herabgesetzt, man verkaufte sie für fünf Franken dreißig, zu einem Preis also, den niemand unterbieten konnte, ohne sich völlig zum Narren zu machen. Aber am folgenden Tag bot Mouret seinen Stoff zu fünf Franken zwanzig an. Und nun gerieten sie offenkundig in Wut. Robineau antwortete mit fünf Franken fünfzehn, worauf Mouret fünf Franken zehn ankündigte. Sie unterboten sich nur mehr um jeweils einen Sou und verloren bedeutende Summen, sooft sie dem Publikum dieses Geschenk machten. Die Kunden lachten, sie waren entzückt über diesen Zweikampf und freuten sich über die fürchterlichen Hiebe, welche die beiden einander versetzten, um dem lieben Publikum zu gefallen. Endlich wagte es Mouret, auf fünf Franken herabzugehen. Robineau, zu Boden geschmettert, setzte ebenfalls fünf Franken fest, fand aber nicht den Mut, den Gegner zu unterbieten. In dieser Lage verharrten sie. Allein wenn auch auf beiden Seiten die Ehre damit gerettet war, so war doch für Robineau die Situation mörderisch. Das »Paradies der Damen« besaß Kapital und Kredit und hatte eine große Kundschaft, die es ihm ermöglichte, die Verluste bei einem Artikel durch Gewinne bei verschiedenen anderen wieder hereinzubringen; er dagegen hatte bloß Gaujean als Stütze und war nicht in der Lage, seinen Schaden auf anderen Gebieten wettzumachen. So geriet er mit jedem Tag ein wenig mehr auf die schiefe Bahn des Bankrotts. Was ihn am meisten bedrückte, war, daß die zahlreiche Kundschaft, die ihm die Wechselfälle des Kampfes zugeführt hatten, langsam wieder zum »Paradies der Damen« zurückströmte, nachdem er sein Geld an sie verloren und so kolossale Anstrengungen gemacht hatte, sie zu gewinnen.
    Es kam ein Tag, an dem er die Geduld verlor. Eine Kundin, Frau von Boves, war zu ihm gekommen, um sich Mäntel anzusehen, denn er hatte seinem Seidenspezialgeschäft eine Abteilung für Konfektion angefügt. Sie konnte sich nicht entschließen und beklagte sich über die Qualität der Stoffe. Endlich sagte sie:
    »Das >Pariser Glück< ist aber doch viel stärker.«
    Robineau hielt an sich und versicherte mit all seiner kaufmännischen Höflichkeit, daß sie sich täusche.
    »So sehen Sie sich doch die Seide dieses Umhangs an«, meinte sie, »das ist ja wie Spinngewebe. Sie können sagen, was Sie wollen, Mourets Seide zu fünf Franken ist reines Leder im Vergleich mit dieser.«
    Alles Blut stieg ihm zu Kopf, er preßte die Lippen zusammen und antwortete zunächst gar nichts. Er hatte nämlich den guten Einfall gehabt, für seine Konfektionsabteilung die Seide seines Konkurrenten zu kaufen. So verlor Mouret an dem Stoff, nicht er.
    »Wirklich, Sie finden das ›Pariser Glück< kräftiger?« fragte er endlich.
    »Hundertmal!« erwiderte Frau von Boves, »gar kein Vergleich!«
    Da konnte er nicht länger an sich halten.
    »Gnädige Frau«, sagte er, »diese Seide
ist
›Pariser Glück‹; ich habe sie selbst gekauft!«
    Frau von Boves ging sehr verdrossen weg. Die Geschichte machte die Runde, und viele Damen blieben ihm

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