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Das Paradies des August Engelhardt

Das Paradies des August Engelhardt

Titel: Das Paradies des August Engelhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Buhl
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wenn wir ihre Sprache begreifen und damit ihre Welt. Bei ihnen ist der Mensch nicht das handelnde Subjekt. Sie sagen nicht ich schwitze, sondern die Sonne kocht mich. Ein Mensch stolpert nicht, das wäre zu aktiv, bei ihnen heißt es, ein Stein hat mich geschlagen.«
    »Ich weiß, die wollen nie Verantwortung tragen. Meine Boys lassen auch nie etwas fallen, stehlen nichts, lassen nie Essen anbrennen. Immer handeln die Dinge. Sehr bequem. Gerade deswegen sollen die Deutsch lernen. Dann begreifen sie, dass die Hauptwörter zentral sind und nicht die Verben und dass das Subjekt handeln muss und nicht zum Objekt der Dinge wird.«
    »Ich glaube, Sie sind schon zu lange hier, obwohl Sie das nicht sein wollen.«
    »Und Sie noch zu kurz. Das ist die erste Phase der Verliebtheit. Sonne und Meer, die hatte ich auch einmal, aber das ist vorbei, dann kamen die Pflicht und das Fieber und der Blick auf die Realität, die anders ist, als wir sie uns vorgestellt haben, und anders, als wir sie geplant haben, und größer, als uns recht ist, das ist das Schlimmste, Herr Engelhardt, dass wir denken, wir könnten diese Welt gestalten, und bevor wir uns ganz versehen, gestaltet sie uns.«
    Er redete wirr, das merkte er, als ob er einen Sonnenstich hatte, dabei saßen sie im Schatten der Palmen, doch er kochte in seinen Kleidern und wollte sie ausziehen, um ins Wasser zu springen. Es war lange her, dass er das getan hatte, in Herbertshöhe ging das nicht wegen der Würde des Amtes, aber hier würde ihn niemand sehen, außer dem Kokosesser, und der zählte nicht, und dem Kapitän, doch der döste auf der Pinasse, so nah war das Meer und so verlockend, ruhiger als in der Hauptstadt, die Farben zarter und einladender, außerdem gab es keine Krokodile. Ausziehen und schwimmen, aber der andere widersprach: »Ich habe nicht vor, wieder zu gehen.«
    »Sie unterschätzen, was hier passiert, keine Ahnung haben Sie. Gerade erst ist ein Trupp Sulka in Herbertshöhe aufgetaucht, doch ihnen gefiel die Arbeit auf den Plantagen nicht, also fuhren sie wieder ab. Ihr Kanu erlitt Schiffbruch, achtzehn Mann schwammen an Land und wurden direkt geschlachtet, verstehen Sie, einfach geschlachtet, wir fanden nur noch ein gebratenes Schulterblatt und eine Menge Muschelgeld, drei Faden kostet ein Mensch, ein besonders Fetter auch vier, ein paar von den Getöteten haben die Uferbewohner verkauft, sogar dem Katechisten haben sie einen Oberschenkel angeboten. Die Opfer waren wehrlos, halb ertrunken, keine Waffen, die Mörder hatten nichts gegen sie, es war ein fremder Stamm, aber Fremde sind keine Menschen, sondern Fleisch auf Beinen. Ein Mann würde nie das Ahnentier seiner Sippe töten, aber ohne zu überlegen einen Menschen. Selbst Queen Emma ist fast gefressen worden, eine der reichsten Frauen der Welt, die Tolai-Männer hatten sie schon an einen Pfahl gebunden und aus ihrem Haus geschleppt wie eine schlachtreife Sau, aber zum Glück hat ein Hausmädchen Alarm geschlagen. Seitdem ist die gute Emma ein wenig seltsam und überlegt sich, ob sie nicht auswandern soll, und redet dauernd von Monte Carlo. Keiner kann hier für Sie garantieren. Wenn Sie die Wilden verstehen wollen, schauen Sie nicht auf ihre Sprache, sondern ihren Teller.«
    »Ich habe weiße Nachbarn, die auch ohne Angst leben.«
    »Der eine wird von Gott beschützt, und mit dem legen sich die Papuas ungern an. Der andere von der Compagnie, und auch die versteht keinen Spaß. Aber wer hält die schützende Hand über Sie?«
    Engelhardt wies in den Himmel. »Vater Helios schützt mich.«
    »Sie glauben, was Sie sagen. Sie haben all diese Bücher. Trotzdem glauben Sie, was Sie sagen. Ich verstehe das nicht. Vielleicht sollte ich Sie bewundern wie manche andere in Herbertshöhe, Sie haben schon einige Anhänger, die Frauen finden Sie sehr romantisch, und aus deren Mund bedeutet das etwas Positives. Ich bin froh, dass Sie so weit weg auf Ihrer Insel sitzen, sonst hätte ich mir etwas einfallen lassen müssen, doch auf diese Weise stören Sie wenig. Trotzdem überlege ich mir immer noch, Sie einfach hier wegschaffen zu lassen. Zu Ihrer eigenen Sicherheit.« Hahl zitterte. Engelhardt bot ihm an, einen Tee aus Manoi gegen das Fieber zu kochen, so nannte Kabua die Pflanze. Man durfte nur die frischen Blätter verwenden oder die Rinde, falls die Blätter so hoch wuchsen, dass man sie nicht erreichte, und einen bitteren Tee bereiten, aber der Gouverneur lehnte ab, zog sich wieder an und ging aufs Schiff. Er

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