Das Paradies des August Engelhardt
müsse noch die Handelsstation und den Missionar besuchen. Auch ihnen würde er mit Vergnügen das eine oder andere verbieten, dachte Engelhardt. Hahl schrieb gerne vor, und andere folgten ihm willig, das zeichnete Führer aus, dass man ihnen gerne gehorchte. Wie bei Diefenbach: Viele Regeln, und wer dagegen verstieß, wurde verstoßen, ganz anders als im Jungborn, wo er nach dem Auszug aus der Familie des Malers hingewandert war. Hier gab es eine andere Landschaft, der Horizont war fern, würzige Harzluft, weites Gelände, windgeschützt, verstreute Holzhäuser und alle Freiheit. Sie können nackt gehen oder nicht, sagte der Arzt, Anhänger der Lehrer Zarathustras, ernstes Gesicht, Lippen grau unter dem gestutzten Bart, was immer Sie wollen, und essen Sie keine Kartoffeln, aber nur, wenn Sie die Gründe dafür einsehen. Hören Sie die Vorträge, lesen Sie meine Schriften, bilden Sie sich eine Meinung, handeln Sie danach, wenn Sie können, Sie sind frei, das ist das Wichtigste.
Das Holzhaus war still. In der Ferne spielten sie Fußball. Nebenan wohnte ein Dichter. Nachts kollerten Ratten unter den Dielen. Ungewohnt war das Essen, saure Milch, Grütze, Gemüsetunke. Häufig gab es Bananen. Kokosnüsse, die Krone der Schöpfung, hatte der Arzt gesagt, welche Pflanze produziert sonst Nahrung von so blendendem Weiß? Ungewohnt war auch die Freiheit, die kannte er nicht, weder von der Schule, der Ausbildung und erst recht nicht vom Militär oder dem Maler. Manchmal wünschte er sich, einer möge kommen und ihm etwas untersagen, aber selbst der Ausflug ins Dorf, Rückkehr im Vollrausch, Torkeln durchs Gelände, Rütteln an der Tür einer älteren Dame aus Sachsen blieb ganz ohne Folgen.
Sie sollen frei atmen und frei handeln und Luftbäder nehmen, gerne auch nachts, aber meiden Sie das Mondlicht, das ist auf Dauer schädlich fürs Gemüt.
Der Geist der Vorfahren spricht zu Kabua im Traum und er gehorcht und schläft drei Tage lang nicht mehr mit seinen Frauen, geht vorsichtig durchs Dorf, um nicht auf den Kot der Schweine zu treten, und nimmt kein Essen aus der Hand von den anderen. Er darf keinen Fehler machen, denn die Haie kann keiner betrügen. Im Wald sammelt er Pflanzen: die Samen von Vivoro, die er auf kleiner Flamme röstet, Mero-Mero, das auch hilft, wenn ein Dämon in den Knochen sitzt, die leuchtenden Blätter von Amoa, der Saft von Gigogosama und die Blätter von Hueva, die schwer zu finden sind und die die Zauberer bei Zahnschmerzen verwenden. Alles zusammen köchelt er lange. Mit dem Sud bestreicht er den Einbaum und gibt drei Kellen davon ins Meer, damit die Wellen ruhig werden, denn dann erst kann die Jagd beginnen. Später geht er zu August. Das hat der Geist ihm befohlen. Der Weiße soll ihn begleiten. Er hat keinen Grund genannt, aber wenn man gegen die Gebote der Geister verstößt, geschieht ein Unglück. Gerade erst ist ein Kind gestorben. Sie suchen den Schuldigen, der die Geister erzürnt hat und bezahlen wird dafür mit seinem Leben oder Muschelgeld oder einem Schwein.
August sitzt und hält ein Buch vors Gesicht und bewegt leise die Lippen und spricht mit denen, die darin wohnen. Er dreht den Kopf erst, als er neben ihm steht, und begrüßt ihn in der Sprache der Tolai. Ihm schmeckt ihre Sprache, er isst sie in großen Stücken. Kabua bietet ihm eine Betelnuss mit Pfeffer und Kalk an, aber August mag sie noch immer nicht, also schiebt er sie sich selbst in den Mund. Komm, sagt er in seiner eigenen Sprache. Die Sprache der Weißen verwendet er nicht, sie ist bitter. Wer sie lange benutzt, wird krank und stirbt unter Schmerzen, nur die Weißen sind dagegen geschützt.
August folgt ihm auf dem Weg durch den Wald. Er macht viel Lärm. Wenn er läuft, tritt er auf Äste, streift an Blättern vorbei, und die Tiere schweigen. Nie ist der Wald so leise wie jetzt. Kabua röstet Taro und Süßkartoffeln. Sie essen fern von den anderen und schlafen im Männerhaus. August wälzt sich hin und her und schreit leise in seinen Träumen. Er hätte Kava trinken sollen, dann wäre sein Schlaf tief und ruhig. Das Meer hat sein Opfer akzeptiert und ist glatt, als am Morgen der Regen nachlässt. Auch August ist ruhiger als in der Nacht. Er reibt ihn mit dem Kräutersud ein, der auch das Kanu unangreifbar macht, und schützt mit dem Rest seinen eigenen Körper. Gemeinsam schieben sie das Boot ins Wasser. Die Stangen der Ausleger sind frisch und stabil. Rassel, Prügel und Seil liegen vor ihm im Boot. Sie
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