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Das Paradies des August Engelhardt

Das Paradies des August Engelhardt

Titel: Das Paradies des August Engelhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Buhl
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zwei Kokosschalen davon wird alles ganz klar, wissen Sie, was ich meine? Man versteht mit einem Mal die ganze Welt und alle Zusammenhänge und die geheimen Verbindungen zwischen den Menschen und ist gleichzeitig vollkommen entspannt dabei und kann reden und reden und reden, es ist wunderbar, wie die Worte aus einem fließen, und beim Tanzen bewegt sich der Körper ganz von alleine, man muss nicht selber den Fuß heben oder sich im Sand drehen, es passiert einfach. Die vollendete Gegenwart erlebt man damit. Walter und die vom Jungborn machen Pläne. Die glauben an die Zukunft. Das hat nichts mit uns zu tun, außer mit Bradtke vielleicht, der sich überlegt, wie er Kava nach Europa exportieren kann, denn anders als beim Alkohol hat man am folgenden Morgen auch kein Kopfweh, das müsste man eigentlich gut verkaufen können, meint er.« Pastor stand auf. »Ich zeige Ihnen unser Lager.« Die Hütten bestanden nur aus ein paar Bambusstangen, zwischen die Palmwedel geflochten waren. Bradtke schaukelte in einer Hängematte, vor ihm ein Eimer, in dem zwei halbe Kokosschalen schwammen, »Kava«, rief er, »alle trinken Kava«, fiel fast heraus, die Augen rot, »auch Sie Pater, trinken Sie Gottes Wort in flüssiger Form, Sie werden es nicht bereuen, versprochen. Kommet her und trinket, die ihr mühselig und beladen seid, und alle Menschen werden Brüder. Der Sozialismus als Getränk, wir haben die Rettung der Welt gefunden, alle werden trinken, und es wird großer Frieden sein auf der Erden, wir sollten es Bethmann geben und den Jungbornern, die haben das am dringendsten nötig, aber es klappt noch nicht, verdammt noch mal, das Zeug fängt immer an zu gären, wir müssen es luftdicht machen, sonst kriegen wir es nicht rüber nach Deutschland, luftdicht, und niemandem verraten, dass die Frauen die Pflanze kauen und in den Kessel spucken, bloß nicht, sonst trinkt’s keiner, und es wird nichts mit dem Frieden und Sozialismus und Gottes Reich, und das müssen wir unbedingt vermeiden, aber Sie verraten mich doch nicht. Sie sind doch ein guter Mann, hat unser August auch immer geschrieben, aber dem geht’s ja gerade gar nicht mehr gut, der Arme, seitdem wir alle hier sind, oh du lieber Augustin, alles ist hin. Rock ist weg, Stock ist weg, Augustin liegt im Dreck, jetzt singt doch einfach mit, kennt ihr doch, Pastor: Hol die Gitarre und ein Lied zwei drei.«
    »Er arbeitet noch an der richtigen Dosierung der Kava«, sagte Pastor entschuldigend.
    »Halt, nicht weglaufen, es kommt noch besser, aber jetzt trinkt erst einen Schluck, das wird uns reich machen, und wenn nicht, dann etwas anderes: Nacktreisen, wir werden in allen Zeitschriften inserieren, nackt und unkeusch in der Südsee, da werden sie alle kommen, Schluss mit öden Luftkurorten und Sommerfrische, hier findet der wirkliche Fremdenverkehr statt, und jeder wird jede beschlafen, wir garantieren mindestens zwei Akte pro Woche und Kopf, das wird genügen, sagte doch Luther schon, der Woche zwier der Weiber Gebühr, schadet weder mir noch dir, machts Jahr hundertvier , aber pardon, der ist ja bei der anderen Firma, tut mir leid Pater, habe ich vergessen, macht nichts, also Kava werden wir trinken, am Strand Fußball spielen, in Palmhütten wohnen und uns lieben ohne jede Beschränkung. Sarah kocht makrobiotisch, Karin heilt mit Kräutern, Ludwig turnt mit unseren Gästen und Maja bringt ihnen bei, auf dem Kopf zu stehen und auf den Atem zu achten. Klingt wie das Paradies. Kavatrinker statt Kokosesser. Zur Not darf auch Walter mitmachen und kann stramm über den Strand exerzieren, im Gleichschritt Marsch, meine Damen und Herren. Steigen Sie mit ein, wir könnten Sie brauchen, Sie kennen Land und Leute, und Ihr kleiner Gott ist sowieso schon lange so etwas von kaputt.«
    Er rutschte aus der Hängematte und plumpste in den Sand. »Und die Schwerkraft schaffen wir als Nächstes ab.« Am Meer lag eine nackte Frau auf dem Bauch, ein Mann tröpfelte Öl auf ihren Rücken und begann sie durchzukneten. Drei andere Männer spielten Fußball mit ein paar schwarzen Jungs. Vor einer der Hütten stand ein dünner Kerl und machte Atemübungen wie ein Sänger vor einem großen Konzert. Andere tobten durchs Meer. Ein kräftiger Mann kam über den Sand, an der Hand die hagere Frau aus dem Felsennest, die Pater Joseph kurz ansah, lächelte, den Mund spitzte, als werfe sie ihm einen Kuss zu, bevor sie in einer der Hütten verschwand.
    Pater Joseph beschloss, nie wieder

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