Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Paradies des August Engelhardt

Das Paradies des August Engelhardt

Titel: Das Paradies des August Engelhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Buhl
Vom Netzwerk:
behaupten können.«
    »Also ist Teuto längst überwunden.«
    »Nein, denn jetzt sind wir wieder am Äquator und verehren den sichtbaren Lichtgott. Gott ist tot, aber nur der unsichtbare Gott von euch Juden und Christen.«
    »Das klingt nach Herrn Engelhardt, aber nicht ganz«, sagte Pater Joseph.
    »August Engelhardt ist weit gegangen, aber nicht weit genug.«
    »Die Siedlung an der Westseite ist also Ihr erster Außenposten?«
    »Das sind Abtrünnige. Die gehören nicht mehr zu uns. Haben vermutlich nie zu uns gehört.«
    »Aber Pastor ist auch bei ihnen. Den habe ich erkannt. Durchs Fernglas. Der ist doch einer von Ihnen.«
    »Auch der hat uns verlassen«, sagte Bethmann. »Bradtke auch. Und Bella Nonnenmacher, aber das ist egal. Man kann nicht zulassen, dass die Reinheit der Idee von Anfang an beschmutzt wird. Ein klarer Schnitt war notwendig.«
    »Was sagt Herr Engelhardt dazu?«
    »Fragen Sie ihn selber. Ich weiß nicht, wo er ist. Nicht bei den anderen, hoffe ich. Er gehört zu uns. Hier ist seine Hütte. Hier fing alles an, was sich ausbreiten wird von Kabakon in die ganze Welt. Er selber hat sich in den Wald zurückgezogen.«
    »Es war interessant, mit Ihnen zu sprechen«, sagte Pater Joseph und reichte ihm zum Abschied die Hand. Auf dem Strand machten sie Kniebeugen, siebenundsechzig, achtundsechzig, neunundsechzig, die Gesichter nicht mehr konzentriert, sondern verbissen, der Mann mit dem Sonnenhut turnte vor, der Körper glänzte von Sonne und Schweiß, er war vollkommen unbehaart, auf Wiedersehen, Pater. Siebzig.
    Er ging am Meer entlang Richtung Westen, die Füße im Wasser, bückte sich hin und wieder, um ein Schneckenhaus aufzuheben oder eine Muschel, besonders mochte er die Telai, so nannten sie seine Eingeborenen, türkisfarbene oder grünliche Streifen auf weißem Porzellan, ein leichter Blauton, den man erkannte, wenn man sie ins Licht hielt, die gab es auf seiner Insel viel seltener, wenn er hier genügend fand, könnte er ein Armband für Theodora machen, sie würde sich freuen wie ein Kind und erzählen, dass ihr Bruder ihr auch einmal einen Armreif geschenkt habe. Am nächsten Tag würde sie das Gleiche von ihrem Vater erzählen. Einer Tante. Ihrem Großvater.
    Ein verwirrtes Kind. Er mochte sie gerne. Ein Felsenkreis am Strand, mannshoch, rundgeschliffen, ein freundliches Gelb, dahinter eine kleine Gruppe Palmen, hier hatte Lützow oft gesessen und gelauscht, so hatte er das genannt, ich belausche die Welt und warte auf den einen Ton, der alle anderen umfasst, auch ein Suchender wie Engelhardt, sie suchten und zweifelten und waren sich nie ganz sicher. Er fragte sich, ob er selber auch einer war. Ein Pater sollte nicht suchen, er sollte gefunden haben und niemals zweifeln, gestärkt von einer Tradition, die zweitausend Jahre zurückreicht. Tut alles ohne Murren und ohne Zweifel, schrieb Paulus an die Philipper, na ja, wenigstens murrte er nicht, oder nur selten, wie sollte man nicht murren, wenn das Fieber kam oder man wieder eine Schwester beerdigen musste, zum Glück hatte Theodora sich wieder erholt, er würde ihr das Armband schenken und es hoffentlich nicht in ein paar Jahren mit in ihr Grab legen müssen. Einen Moment blieb er stehen, Lützows Ton lag in der Luft, jedenfalls hatte er das gehört oder geglaubt zu hören, das war kein Vogel, die kannte er alle, ein leises Singen, kurz nur, dann war es vorbei. Er schüttelte den Kopf, stieg um die Felsen; wieder der Ton, aus der Mitte der Steine, die ein Fleckchen Sand umschlossen wie ein Nest, er sah hinein und wendete den Blick wieder ab, gut dass Theodora nicht hier war, sie würde sofort den Rosenkranz beten, sah wieder hin, ein braun gebrannter Rücken, kräftige Schultern, das Haar lang und zusammengebunden, bewegte sich auf und ab, aber das waren keine Liegestützen wie vorhin bei den anderen, keiner trieb ihn an, und niemand zählte mit. Unter dem Mann lag eine Frau, klein, hager, die Augen geschlossen, mit ihm verbunden durch einen langsamen Rhythmus, und Adam erkannte sein Weib Eva, und sie waren beide nackt, der Mensch und das Weib, und schämten sich nicht, aber Pater Joseph schämte sich, weil er nicht so schnell verschwand, wie er eigentlich sollte, sondern stehen blieb und sich bemühte, kein Geräusch zu machen, um sie nicht zu stören, als plötzlich die Frau die Augen öffnete und ihn ansah, stumm blieb, nicht rief, nicht reagierte, stattdessen ihren Blick in seinen knotete, dass er nicht wegkam. Wieder machte sie diesen

Weitere Kostenlose Bücher