Das Paradies ist woanders! (German Edition)
Miles hat jedes Wort an einem zweiten Hörer mitgehört. In solch einem Fall bleibt nicht viel Spielraum für persönliches.
Er durfte nicht sagen, wo man ihn hinbringen wird, statt dessen musste er seinem Großvater eine Lügengeschichte auftischen ... Dass man mich in ein Krankenhaus verlegen will, zum Drogenentzug. Wer weiß, was Miles ihm bereits vorher erzählt hat. Ich will es lieber nicht so genau wissen, mir ist auch so klar, dass Großvater unter dieser Sache sehr leidet. Immerhin hat er bereits einen seiner Enkel an dieses Gift verloren!
Aber allzu viele Gedanken kann er sich jetzt nicht mehr machen. Die beiden Mexikaner werden gleich kommen, um ihn mitzunehmen.
Joshua hat plötzlich Beklemmungen, sein Herz rast, so, als ob er Drogen genommen hätte. Erst langsam wird ihm klar, auf was er sich da eingelassen hat.
Nein, eigentlich weiß ich noch gar nichts. Ich habe keine Ahnung, wie es in einem mexikanischen Gefängnis zugeht, ... ich weiß nur, dass ich, sobald ich dieses Gebäude verlasse, alle Rechte verliere, die ich als amerikanischer Staatsbürger habe. Für die Welt, außerhalb dieser Mauern, bin ich dann ein Mexikaner ... Nur ein verurteilter Straftäter, der von zwei Soldaten einer Spezialeinheit ins Gefängnis überführt wird. Keiner wird mir helfen, dort draußen. Selbst wenn es mir gelingen sollte, abzuhauen, ... sobald man mich erwischt, wird man mich erneut an die mexikanischen Behörden ausliefern. Welch ein verrückter und erschreckender Gedanke , schießt es ihm durch den Kopf ...
Er zweifelt inzwischen daran, dass er sich richtig entschieden hat.
Auf dem Gang sind jetzt schwere Schritte zu hören. Man kommt, um mich zu holen! Er beginnt leicht zu zittern. Ich weiß nicht einmal, ob es mir gelingen wird, meine Beine zu kontrollieren , sollte ich gleich aufstehen müssen, kommt es ihm in den Sinn, und es ist ihm unendlich peinlich, dass es sich so verhält . Was werden die beiden Soldaten wohl über mich denken, wenn sie es herausfinden ... , und sie werden es bestimmt merken, denn ich war nie ein guter Schauspieler...
Die Tür wird aufgeschlossen, Carlos und der andere Soldat, Rico, treten herein. Hinter ihnen, auf dem Flur, erkennt er auch Miles, welcher sich noch mit einem der Wachleuten unterhält.
„O.K., José. Wir bleiben am besten schon jetzt bei diesem Namen, damit wir uns daran gewöhnen. Bist du soweit? Dann komm, wir sollten uns langsam auf den Weg machen, ist eine ziemlich weite Strecke.“
Die beiden Soldaten treten ein wenig zur Seite, damit Joshua aufstehen kann, dann nehmen sie ihn zwischen sich, halten ihn an den Armen fest und führen ihn aus der Zelle.
Man bringt ihn in einen etwas größeren Raum, ohne Tageslicht. Die Neonbeleuchtung ist ziemlich grell, er muss die Augen zusammenkneifen.
„Zieh dich aus, José!“
Er sieht Carlos ungläubig an, doch der verzieht keine Miene dabei.
So beginnt Joshua langsam, zunächst bei den Schuhen, dann sein T-Shirt, die Jeans, bis er nur noch in seiner Unterwäsche vor den Männern steht. Aber Carlos sieht ihn weiter nur mit unbewegter Miene an. So fallen schließlich auch die letzten Hüllen.
„O.K., dort drüben liegen Kleider, sie müssten passen. Zieh sie an, deine Sachen bleiben hier, keine persönlichen Dinge, nichts, was dich verraten könnte.“
Der Soldat deutet mit einer Handbewegung zur gegenüberliegenden Ecke des Raumes, er lässt keine weitere Erklärung folgen.
Joshua beeilt sich, der Anweisung nachzukommen. Es ist ihm furchtbar unangenehm, nackt vor den Männern zu stehen. Aber diese scheinen überhaupt kein großes Interesse an ihm zu haben. Statt dessen werden noch einige Papiere unterzeichnet, Hände geschüttelt, Floskeln ausgetauscht. So, als ob man sich nach einem gelungenen Geschäft verabschiedet, ganz locker und freundschaftlich.
Er schüttelt einmal kurz den Kopf darüber, so absurd kommt ihm diese Situation vor. Chefinspektor Miles steht plötzlich neben ihm. Joshua hat nicht einmal bemerkt, dass dieser zu ihm herübergekommen ist. Er sieht ihm jetzt ernst ins Gesicht.
„Es wird alles gut gehen, Joshua, sei unbesorgt. Du wirst alles richtig machen und in spätestens vier Monaten sitzt du wieder neben deinen Freunden im Klassenzimmer und büffelst für deine Prüfungen, O.K.? Und sieh es mal so ... , deine Spanischkenntnisse sind bis dahin bestimmt exzellent!“
Miles versucht dabei zu lächeln, aber es gelingt ihm nicht so recht. So zuckt er eher hilflos mit den Schultern,
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