Das Paradies ist woanders! (German Edition)
etwas für ihn zu tun.
Halte nur noch ein wenig durch mein Junge , denkt er, bevor er sich seiner Arbeit im Labor zuwendet. Anschließend muss er noch einige Telefonate führen, dann wird er die Direktorin aufsuchen. Nur noch ein paar Stunden, Kleiner!
Drei Tage später
„Du siehst schon wieder etwas besser aus, Chico!“
Joshua sieht erstaunt auf. Den Mann, der sich nun auf den Stuhl ihm gegenüber setzt, kennt er noch nicht. Jedenfalls nicht persönlich. Aber er hat einen Verdacht, um wen es sich handeln könnte. Er bleibt vorsichtig, nickt auf diese Bemerkung nur einmal knapp, dann widmet er sich wieder seinem Essen. Tortillas und Bohnen, wie an jedem Tag.
Aber der Mann denkt nicht daran, sich so schnell geschlagen zu geben. Er betrachtet ihn eingehend.
„Dafür, dass man dich fast zwei Tage am Pfahl festgebunden hat, hast du es recht gut weggesteckt. Du scheinst hart im nehmen zu sein ... , oder dein Freund, der Doktor, hat dir ein Wundermittel verabreicht. Er scheint dich zu mögen, unser Senor Rodriguez ...“
Joshua versucht sich nichts anmerken zu lassen, aber er ist verunsichert. Was will der Mann von mir, und woher weiß er etwas über meine „besondere“ Beziehung zum Gefängnisarzt?
Ob man mich beobachtet? Bisher habe ich davon noch nichts bemerkt. Wieso hat dieser Mann überhaupt ein Interesse an mir? Er stochert weiter in seinem Essen herum, wirklichen Hunger verspürt er nicht. Aber es hilft ihm ein wenig dabei, seine Nervosität in den Griff zu bekommen.
Der Mann nickt ihm jetzt noch einmal grüßend zu, dann erhebt er sich langsam und geht davon, ohne sich noch einmal umzusehen. Joshua ist unschlüssig darüber, was er jetzt machen soll. Wollen mich die Bosse des Kartells auf die Probe stellen? Werden sie beobachten, was ich nach diesem Treffen mache?
Eigentlich wollte ich später noch einmal zu Doktor Rodriguez herübergehen, um mich dort behandeln zu lassen. Mein Wasserhaushalt ist immer noch gestört. Ich müsste dringend wieder eine Infusion erhalten. Aber es erscheint mir, unter diesen Umständen, zu riskant. Sollte man mich verdächtigen, ein Verräter zu sein, ist mein Leben nicht mehr allzu viel wert!
Und das des Doktors ebenfalls ...
Der Gefängnisarzt wartet an diesem Abend vergeblich auf seinen jungen Patienten. Er weiß, dass der Junge sonst sehr zuverlässig ist. Wenn er nicht kommt, dann ist irgendetwas vorgefallen. Morgen werde ich versuchen es herauszufinden ...
Nachdenklich betrachtet er die alten Fotos, die vor ihm auf dem Schreibtisch liegen. Drei lachende, kleine Kinder, eine junge, gutaussehende Frau, ein fröhlicher Tag im Sommer. Wie lange ist das jetzt schon her? Ich weiß es nicht mehr ...
Am nächsten Morgen
„Aufstehen, aber flott!“
Die Stimme des Aufsehers schallt laut durch den Schlafsaal, die Jugendlichen wissen, dass man keine Verzögerung duldet. Deshalb beeilen sie sich, dieser Anweisung rasch zu folgen. Nur Minuten später stehen sie neben ihren sorgfältig gemachten Betten, und warten darauf, dass man ihnen erlaubt, zu den Waschräumen zu gehen. Alles verläuft streng nach Vorschrift, Abweichungen von diesen Regeln werden nicht geduldet.
Auch Joshua stellt sich anschließend neben seinen Bettnachbarn auf den Flur. Die Jugendlichen bilden eine ordentliche Zweierreihe, dann, auf ein Kommando des Aufsehers, traben sie im Laufschritt los, herüber zu dem Gebäude, in dem die Duschen untergebracht sind.
Joshua will gerade am einem der drei Aufseher, die diese ganze Prozedur überwachen, vorbeilaufen, da hält ihn der Mann am Arm fest und deutet mit einem Blick an, dass er mitkommen soll.
Zunächst wundert er sich darüber, dann zuckt er jedoch nur mit den Schultern und nickt zustimmend. Der Mann führt ihn mit schnellen Schritten herüber, zu einem der gegenüberliegenden Gebäude, demjenigen, in dem sich die Untersuchungsräume von Doktor Rodriguez befinden. Dann stehen sie auch schon vor dessen Tür. Der Aufseher klopft einmal kurz an. Als er von innen dazu aufgefordert wird, öffnet er die Tür und schiebt Joshua in den Raum hinein. Er legt seinem jungen Gefangenen rasch Handschellen an, dann wartet er ab, ob der Arzt noch etwas von ihm möchte. Als dieser nur einmal mit dem Kopf schüttelt, nickt er ihm kurz zu und schließt die Tür hinter sich. Joshua und der Doktor sind alleine.
Einige Minuten herrscht Stille. Rodriguez mustert den Jungen aufmerksam.
„Du warst gestern nicht bei mir, ich habe auf dich gewartet, du
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