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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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behandelt wurden. Marijam wußte, daß Khadija Glück gehabt hatte. Ali Raschids Mutter besaß das unerschöpfliche Wissen alter medizinischer Geheimnisse, die über viele Generationen hinweg weitergegeben wurden. Die alte Frau war schon lange tot, aber sie hatte mit viel Geduld der verängstigten dreizehnjährigen Khadija die Kunst des Heilens beigebracht. Auch ihr Sohn Ali war Arzt gewesen. Khadija und Ibrahim setzten diese Tradition fort, für die die Raschids bekannt waren. Khadijas Können reichte noch weiter zurück und stammte aus einem anderen Harem, aber das wußte sie nur aus den Träumen.
    Fatheja zog langsam an der Haschischpfeife, bis ihre Augen starr wurden. Khadija legte ihr eine Hand auf den Leib, führte das Baby von oben und griff dann mit der anderen von unten nach dem Kind.
    »Sie soll weiterrauchen«, sagte sie ruhig zu Marijam und versuchte, sich das Kind vorzustellen – zwei winzige Beine, die sich in der fetalen Lage an den kleinen Körper drückten. Khadija mußte sie fassen und langsam nach unten ziehen. Das Problem bestand darin, daß die Fruchtblase schon lange geplatzt und das Fruchtwasser ausgelaufen war. Deshalb umschloß der Uterus fest das Kind, und es konnte leicht zu einer Verletzung kommen.
    Fatheja sog krampfhaft an der Pfeife, aber der Schmerz wurde unerträglich. Sie warf den Kopf zur Seite, konnte sich nicht länger beherrschen und schrie laut auf.
    Khadija sagte zu Doreja ruhig und bestimmt: »Ruf im Palast an. Laß Ibrahim ausrichten, daß er sofort nach Hause kommen soll.«
     
    »Bravo!« rief König Farouk. Da er gerade ein »Cheval« gewonnen hatte, versiebzehnfachte sich sein Einsatz. Deshalb brach sein Gefolge am Roulette-Tisch in lauten Jubel aus.
    Zwei Männer beklatschten den König besonders begeistert – Ibrahim Raschid und Hassan al-Sabir, der neben Ibrahim stand und in der einen Hand ein Glas Champagner hielt, während die andere auf dem Po einer auffallend hübschen französischen Blondine lag. Hassan sprach zwar angeregt über den nächsten möglichen Gewinn des Königs, aber in Wirklichkeit richtete sich seine Aufmerksamkeit auf den tiefen Ausschnitt des raffinierten Abendkleids der Blondine. »Riskieren Sie alles, Eure Majestät. Das Glück steht heute auf Ihrer Seite!«
    Hassan hatte die geschliffene Aussprache eines geborenen Engländers, denn er hatte in Oxford studiert. Dort hatte er auch Ibrahim kennengelernt. Wie die meisten Söhne der Aristokratie Kairos erhielten sie ihre Ausbildung im Ausland, um dort unter anderem zu lernen, sich wie richtige englische Gentlemen zu benehmen. Wie Ibrahim hatte auch Hassan olivbraune Haut, große braune Augen und gelockte schwarze Haare. Die beiden jungen Männer hatten erst vor kurzem ihren achtundzwanzigsten Geburtstag gefeiert. Sie standen sich so nahe wie Brüder, denn sie hatten zusammen ihre Unschuld verloren, als sie sich zu diesem Zweck in London gemeinsam eine Prostituierte nahmen.
    »Ja, tun Sie das, Majestät«, stimmte Ibrahim seinem Freund zu. »Möge Gott Ihren Reichtum vergrößern.«
    Hassan war ein reicher Playboy-Anwalt und hatte nur den Ehrgeiz, das Leben zu genießen. Ibrahim war sogar noch reicher. Er hatte von seinem Vater im ertragreichen Nildelta einen riesigen Grundbesitz geerbt und besaß große Anteile in der Baumwollindustrie und an Reedereien. Vor allem war er ein Pascha, ein Herr. Auch er wollte nichts anderes als ein schönes Leben haben. Seine Wünsche sollten jederzeit in Erfüllung gehen; dazu gehörten natürlich auch alle erdenklichen Vergnügungen. Aber an das Vergnügen dachte er jetzt nicht, während die Herren im Frack und die Damen in Abendkleidern über den nächsten Gewinn des Königs staunten.
    Als der König es nicht bemerkte, blickte Ibrahim verstohlen auf seine Uhr. Es wurde spät, und er wollte unbedingt zu Hause anrufen und sich nach seiner Frau erkundigen. Aber Ibrahim durfte den Roulette-Tisch nicht verlassen, um mit seiner Frau zu telefonieren. Er gehörte zum königlichen Gefolge, und als Leibarzt des Königs mußte er an Farouks Seite bleiben.
    Ibrahim hatte den ganzen Abend Champagner getrunken. Sonst trank er nicht soviel, aber er wollte sich auf diese Weise beruhigen. Seine junge Frau würde vielleicht noch heute ihr erstes Kind bekommen. Ibrahim war in seinem ganzen Leben noch nie so nervös gewesen.
    Erstaunlicherweise munterte ihn der Champagner nicht auf. Im Gegenteil, mit jedem Glas, mit jedem neuen Beifallssturm am Roulette-Tisch wuchs seine

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