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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Gepäck?«
    »Ja, ich habe nur den einen Koffer.«
    Er lud ihn in den zweiten Geländewagen und sagte: »Also los. Das Serum muß schnellstens in den Kühlschrank.«
    Amira mußte sich am Armaturenbrett festhalten, als Connor Gas gab und den Wagen wendete. Sie erreichten die holprige Straße, die sich durch die Sanddünen schnitt.
    »Also sind Sie schließlich doch nach Ägypten zurückgekommen«, sagte er. »Ich erinnere mich, daß Sie zu allem bereit zu sein schienen, nur um nicht in Ihre Heimat zu müssen. Ihre Familie hat sich über das Wiedersehen sicher gefreut.«
    »Meine Familie weiß nicht, daß ich hier bin. Ich saß zwei Stunden nach meiner Ankunft in Kairo schon wieder im Hubschrauber.«
    »Wirklich? Als ich Sie das letzte Mal gesehen habe, wollten Sie in den Libanon. Wie war es dort?«
    »Deprimierend.« Sie lächelte bitter. »Danach habe ich in den Flüchtlingslagern in Gaza gearbeitet, und dort war es noch schlimmer. Die Welt scheint die Palästinenser vergessen zu haben.«
    »Die Welt …!« Er lachte laut. »Die Welt kann man vergessen. Ich habe genug von all dem …«
    Amira sah Connor erstaunt an. Er hatte zwar immer noch die kultivierte britische Aussprache und die klare Stimme, an die sie sich erinnerte, aber es lag eine neue Schärfe darin. Sie betrachtete aufmerksam sein Profil, während sie schweigend durch die gelbe, baumlose Wüste fuhren, und stellte fest, daß er sich auch äußerlich verändert hatte. Er war gealtert und wirkte, als seien mehr als die sieben Jahre vergangen, seit sie ihn auf dem Testgelände in Nevada gesehen hatte. Offenbar hatte er es in der Zwischenzeit nicht leicht gehabt.
    Connor war schon immer groß und schlank gewesen, aber nun war er hager. Wangenknochen und Kiefer traten hervor, und die Haut, war faltig. Seine faszinierende Kraft, die unglaubliche Intensität, die auf Amira so ansteckend gewirkt hatte, war noch da. Aber sie glaubte außerdem eine verletzende Aggressivität, vielleicht auch das Gefühl ohnmächtigen Zorns zu spüren – Dinge, die sie nur allzugut aus eigener Erfahrung kannte.
    »Es ist schön, Sie wiederzusehen, Amy. Ich bin sehr froh, daß Sie beschlossen haben, hierher zu kommen. Ich hatte großes Pech mit meinen Helfern. London teilt mir ständig unverheiratete Frauen zu, und ich habe nach kurzer Zeit die undankbare Aufgabe, sie wieder nach Hause zu schicken. Die Frauen sind nicht das Problem, aber Sie wissen ja, wie die Fellachen sind. Eine unverheiratete Frau in einem ägyptischen Dorf, das kann einfach nicht gutgehen.«
    »Und wie ist es mit Männern?« fragte sie und überlegte, ob er tatsächlich so zornig war, wie seine Worte klangen. Er umklammerte das Steuer, als sei es ein Tier, das er bändigen wollte, und starrte mit zusammengekniffenen Augen durch die Windschutzscheibe in die gleißende Helligkeit.
    »Ich hatte zwei Assistenten«, sagte er. »Der erste war ein ägyptischer Medizinstudent, der sein staatlich verordnetes Praktikum machte. Er verachtete die Fellachen und setzte sich nach einem Monat wegen angeblicher gesundheitlicher Beschwerden wieder ab. Der zweite war ein enthusiastischer amerikanischer Freiwilliger, der hoffte, die Fellachen zum Christentum zu bekehren. Den mußte ich nach einer Woche wieder nach Hause schicken.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich kann es ihnen nicht verübeln. Es ist nicht leicht, mit den Fellachen umzugehen. Sie sind wie Kinder, man darf sie nicht aus den Augen lassen. Manchmal glauben sie, es sei besser, die Medikamente auf einmal zu nehmen, anstatt in der verordneten Menge. In ihrer Naivität sagen sie sich, wenn eine Impfung gut ist, dann sind fünf Impfungen fünfmal so wirksam.« Er lachte gequält. »Stellen Sie sich vor, im letzten Jahr kam ein Fellache mit heiligem Wasser aus Mekka zurück. Er hat es in den Dorfbrunnen gegossen, weil er hoffte, es werde für alle ein Segen sein. Das Wasser enthielt Cholerabakterien. Uns drohte eine regionale Epidemie. Also mußten wir schnellstens durch die ganze Gegend fahren und jeden impfen. Aber die Leute haben entsetzliche Angst vor Injektionen und tun alles, nur um keine Spritze zu bekommen. Da gab es so einen unglückseligen Mann, der sich ausnahmsweise nicht davor fürchtete. Der Mann hatte eine Idee. Er stellte sich gegen ein bißchen Geld für andere in die Warteschlange vor dem Arztwagen. Er hatte zwanzig Cholera-Impfungen bekommen, bevor wir dahinterkamen, und da war er bereits tot.«
    Amira kurbelte das Fenster herunter und hielt ihr

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