Das Paradies
gefährlich. Ich hatte Angst um dich, verdammt noch mal!«
»Ich habe es für dich getan, Declan.«
»Für mich? Bist du verrückt? Weißt du, daß man dabei sterben kann?«
»Aber ich wollte …«
Er nahm sie in die Arme und preßte seinen Mund auf ihre Lippen. »Amira«, murmelte er und küßte ihr Gesicht, ihr Haar, ihre Hände. »Ich hatte solche Angst. Ich dachte, du würdest es nicht überleben.«
Amira erwiderte seine Küsse. Sie legte die Arme um seinen Hals und drückte ihn an sich.
»Ich hätte es nicht zulassen sollen«, sagte er atemlos zwischen den Küssen. »Ich hätte es verbieten müssen, noch bevor es angefangen hatte.«
»Geliebter …«
»Mein Gott, ich darf dich nicht verlieren, Amira.« Er preßte sein Gesicht in ihr Haar. Sie sah das hohe Schilf, das bis in den Himmel zu reichen schien. Sie atmete den Geruch des Nils, und Declan flüsterte ihr ins Ohr: »Ich liebe dich, Amira.«
Der Mond neigte sich dem Horizont zu, und sie gingen Hand in Hand am Flußufer entlang. Amira fand, der Nil sei noch nie so schön gewesen. Sie genoß das Gefühl von Declans Hand um ihre Finger. Es war, als halte er ihren ganzen Körper in seiner Hand, als sei sie vollkommen umschlossen von ihm. So war es auch gewesen, als sie sich geliebt hatten – weniger ein Zusammenkommen als ein Umschließen. Obwohl er in sie eingedrungen war, hatte sie das Gefühl, er nehme sie in seinen Körper auf. Declan war der vierte Mann, mit dem sie geschlafen hatte. Aber zum ersten Mal hatte sie das Gefühl gehabt, daß es vollkommen und richtig war.
»Declan«, sagte sie, »du durftest heute nacht den
zaar
sehen, weil ich für dich getanzt habe. Ich war nicht in Gefahr. Die Frauen wissen, was zu tun ist, wenn man in der Trance zu weit geht.«
Er blickte zum Himmel und fragte sich, ob die Sterne immer so strahlend schienen und ob es immer so unermeßlich viele waren. »Ich habe mir große Sorgen um dich gemacht«, sagte er leise, als fürchte er, den Frieden am Fluß zu stören. »Warum um alles in der Welt wolltest du so etwas für mich tun?«
»Ich wollte dir vor deiner Abreise etwas geben. Nach allem, was du für mich getan hast, wollte ich dir ein Geschenk machen.«
»Und was habe ich für dich getan?«
»Ohne dich wäre ich vermutlich niemals nach Ägypten zurückgekommen.«
»Ich habe dich nicht nach Ägypten geholt, Amira. Damit hatte ich nichts zu tun.«
Sie blieb stehen und sah ihn an. Auf seinem Gesicht lagen die Schatten der Nacht. Sie hatte noch nie das Gefühl gehabt, jemanden so zu lieben.
»Ich habe die ganze Zeit darüber nachgedacht, was ich für dich tun könnte. Ich mußte immer wieder daran denken, wie Zacharias gesagt hat, daß du leidest. Deshalb dachte ich, wenn ich dir dein Leid nehmen könnte, wäre das mein Geschenk an dich.«
»Und du hast versucht, mich von bösen Geistern zu befreien?«
Sie lächelte. »In gewisser Weise, ja. Die Dorfbewohner, die heute nacht beim
zaar
waren, respektieren und verehren dich. Ich habe mich mit den Frauen beraten, und sie haben mir das Geheimnis eines
zaar
erklärt. Sie kommen zusammen, um eine gute Atmosphäre zu schaffen. Die Gemeinschaft, die Musik, die Gesänge und Beschwörungen helfen den guten Kräften, sich gegen die schlechten zu behaupten. Sie sammeln die Strahlen des Vollmonds und die der Sterne und schenken sie deinem Körper und deiner Seele. Verstehst du, es ist ein Geheimnis, das nur Völker mit einer sehr alten Kultur kennen und bei denen die Tradition, das Wissen unzähliger Generationen bis auf den heutigen Tag bewahrt wird.«
Declan seufzte: »Leider hat es bei mir nicht funktioniert. Im Augenblick bin ich völlig durcheinander.« Er ließ ihre Hand los und ging zum Wasser. Die Sterne schienen auf den Wellen zu tanzen, und er hörte in der Ferne das Donnergrollen. Der Wüstensturm kam näher.
»Du hast mich einmal gefragt, was mich so verändert hat. Es hängt mit dem Tod meiner Frau zusammen. Sybil ist … ermordet worden, Amira.«
Sie trat neben ihn. »Und du gibst dir daran die Schuld?«
»Nein.« Declan zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche. »Das nicht.«
»Was ist es dann?«
Er starrte auf die Zigarette und das Streichholz in seinen Händen und warf beides weg.
»Ich habe jemanden umgebracht«, sagte er. »Genauer gesagt, ich habe ihn hingerichtet.«
Amira roch den Duft von Orangenblüten und das fruchtbare Wasser des Nils. Sie wartete darauf, daß Declan sprechen würde.
»Sybil und ich arbeiteten in der Nähe
Weitere Kostenlose Bücher