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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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von Arusha in Tansania«, begann er nach einer Weile. »Ich wußte, wer sie umgebracht hatte. Es war der Sohn des Häuptlings. Sybil besaß eine kleine Kamera, die er haben wollte. Er hatte sie uns einen Monat zuvor gestohlen. Ich ließ verbreiten, ich hätte den Medizinmann dazu gebracht, den Dieb mit einem Fluch zu strafen. Wenn der Dieb die Kamera jedoch zurückgebe, werde es keine Strafen und keine Fragen geben. Am nächsten Tag lag sie in unserem Landrover. Aber einen Monat später fand man Sybils Leiche auf dem Weg zu unserer Station. Man hatte ihr die Kehle mit einem
panga,
dem Buschmesser der Schwarzen, durchschnitten. Der Mörder hatte ihr die kleine Kamera abgenommen, sonst nichts.«
    Declans Blick fiel auf eine feuchte Haarsträhne an Amiras Hals. Vorsichtig schob er sie zur Seite. »Der Dieb war der Sohn des Häuptlings, und deshalb glaubte ich nicht, daß er vor ein Gericht kommen würde. Ich rief die Stammesältesten zusammen, und sie hielten eine kurze Beratung ab. Sie entschieden, die schnelle Justiz ihres Stammes sei angebracht, ganz besonders, nachdem ich ihnen sagte, was ich vorhatte. Sie empfanden mein Vorgehen als gerecht.
    Vier starke Männer hielten den Dieb fest, während ich ihm eine Injektion gab. Ich sagte ihm, es sei ein besonderes Serum. Die Wirkung werde beweisen, ob jemand schuldig oder unschuldig sei. Wenn er meine Frau nicht getötet habe, werde ihm nach der Injektion nichts geschehen. Im Falle seiner Schuld werde ihn das Serum jedoch vor Sonnenuntergang töten.« Declan schwieg und seufzte. Dann sagte er leise: »Bei Sonnenuntergang ist er gestorben.«
    »Was hattest du injiziert?«
    »Steriles Wasser. Vollkommen harmlos. Ich glaubte nicht, daß er sterben würde. Ich dachte, ich könnte ihm solche Angst einflößen, daß er die Tat gestand.« Declan blickte auf den dunklen Fluß. »Er war sechzehn Jahre alt.«
    Amira legte ihm die Hand auf den Arm und sagte: »Die Stunde von Sybils Tod war schon lange vorherbestimmt, so wie die Stunde meines und deines Todes vorherbestimmt ist. Der Prophet sagt: ›Bis meine Stunde gekommen ist, kann nichts mir schaden. Wenn meine Stunde kommt, kann nichts mich retten.‹ Ich möchte dir helfen, Declan. Du trägst eine schwere Last. Ich auch. Du hast mich gefragt, weshalb ich nicht zu meiner Familie nach Kairo zurückgehe. Ich werde es dir sagen.« Sie blickte in das dunkle Wasser, und dann erzählte sie stockend: »Meine Familie hat mich verbannt. Man hat mir meinen Sohn weggenommen und mich ausgestoßen. Es geschah, weil mich ein Mann vergewaltigt hat. Ich wurde schwanger.«
    Sie blickte Declan fragend an und versuchte, seine Reaktion an seinen Augen abzulesen. Aber sie sah nur das Mondlicht, das sich darin widerspiegelte. Sie fuhr fort: »Verstehst du, ich habe diesen Mann nicht geliebt, ich war sein Opfer. Hassan al-Sabir drohte, meine Familie zu vernichten. Ich bat und flehte, aber er ließ sich nicht erweichen. Er wollte mich, und er war stärker. Trotz bester Absichten habe ich nur Schande über meine Familie gebracht. Ich weiß, ich hätte zu meinem Vater gehen sollen. Vielleicht hat mein Vater nicht verwinden können, daß ich ihm das Gefühl gab, er hätte sich nicht gegen Hassan wehren können. Es stimmt, ich hielt meinen Vater für machtlos, und er war für mich ein gebrochener Mann. In der Nacht, als ich verstoßen wurde, hat mein Vater mir gesagt, ich hätte bei meiner Geburt einen Fluch über die Familie gebracht. Deshalb kann ich niemals zurück.«
    »Amira«, sagte Connor und trat näher zu ihr. »Ich erinnere mich an den ersten Tag, als du in mein Büro gekommen bist und gefragt hast, ob ich dir helfen könnte. Du hattest große Angst vor dem Schreiben der Einwanderungsbehörde. Ich werde nie die Angst in deinen Augen vergessen. Drei meiner Studenten waren bereits ausgewiesen worden. Auch sie waren zu mir gekommen, aber sie hatten keine Angst. Ihnen war es unangenehm, nach Hause geschickt zu werden. Sie waren wütend und verärgert. Aber du hattest Angst. Ich habe es nie vergessen, denn ich glaube, du hast immer noch Angst. Aus welchem Grund? Ist es dieser Mann?«
    »Nein, Hassan al-Sabir kann mir nichts mehr anhaben. Ich weiß nicht einmal, wo er ist, ob er immer noch in Kairo lebt oder ob er überhaupt noch am Leben ist. Ich will einfach nichts mehr mit
ihnen
zu tun haben. Meine Familie hat mich verstoßen. Ich bin keine Raschid mehr.«
    Sie wandte sich ab, aber er faßte sie an den Schultern und drehte sie wieder zu sich.

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