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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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hat.«
    Nach der Umarmung bemerkte Khadija, was die anderen Frauen bereits gesehen hatten: Alice war eindeutig schwanger.
    »Alice ist zwanzig wie du«, sagte Ibrahim zu seiner Schwester, die nach ihnen durch die Tür kam, »ich wußte sofort, daß ihr beide gute Freundinnen sein werdet.«
    Nefissa umarmte ihre Schwägerin, bewunderte ihre weiße Haut und ihre Haare und dachte an ihren Leutnant. Er war nicht gekommen, aber jetzt hatte sie wenigstens eine englische Verwandte.
    Khadija trat zu ihrem Sohn und fragte: »Bist du glücklich, mein Kind?« Und als er antwortete: »Ich bin nie im Leben glücklicher gewesen, Mutter«, sprach Khadija ein stummes Dankgebet.
    »Du hättest uns wenigstens eine Nachricht zukommen lassen müssen, Ibrahim!« sagte Nefissa. »Dann hätten wir die Räume für deine Frau vorbereiten können …«
    Ibrahim legte seiner Frau liebevoll den Arm um die Hüfte und sagte schnell: »Alice wird bei mir wohnen, auf der anderen Seite des Hauses.« Khadijas Lächeln erstarb kurz, dann faßte sie sich und sagte: »Natürlich, natürlich. Komm, meine Tochter, ich möchte dich mit unseren Gästen bekanntmachen …«
     
    Sarah verließ das Tor. Diesmal hatte sie hier nichts zu essen bekommen. Aber sie war dankbar für die dicke warme Wolldecke. Sie mußte wenigstens nicht frieren. Ihre Enttäuschung war zuerst groß gewesen. Sie hatte geduldig gewartet, und dann erschien die Frau wie jeden Abend am Fenster. Wenn sie Sarah unten auf der Straße sah, kam sie meist und gab ihr etwas zu essen. Es war viel und schmeckte immer so köstlich, als würde ihr Gott durch SEINEN Engel Speisen aus dem Paradies bringen lassen. Sarah hatte Abdu noch immer nicht gefunden. Aber sie hatte keine Angst mehr, denn sie wußte, Gott führte und beschützte sie. Plötzlich fuhr ein Taxi vor und hielt mit quietschenden Bremsen in der Auffahrt. Sarah glaubte, ihren Augen nicht zu trauen. Hinter dem Wagenfenster saß derselbe Mann, den sie vor vielen Monaten in der Nacht nach Nazirahs Hochzeit neben der Straße im Zuckerrohrfeld gesehen hatte. Es war der Fremde, der ihr den seidenen Schal geschenkt hatte. Und wieder staunte sie darüber, daß er ihrem geliebten Abdu so ähnlich sah.
     
    Sarahs Wehen setzten ein, als sie einen dressierten Pavian beobachtete, der in einem Schlafanzug mit abgeschnittenen Ärmeln und Hosenbeinen Purzelbäume auf dem Rücken eines Esels machte. Die komische Nummer hatte viele Menschen vor dem eleganten Continental-Savoy Hotel angelockt, wo Sarah manchmal bei den reichen Touristen bettelte. Sie lachte über die Kapriolen des Affen und vergaß völlig, daß sie die Tagesquote noch nicht erreicht hatte. Die mächtige Najiba würde wieder wütend werden. Die erste Wehe durchzuckte ihren Leib, und Sarah erstarrte. Es war ein greller Schmerz, als würde ein schneidendes Band fest um ihre Hüfte gezogen.
    Im ersten Augenblick dachte sie, es sei die Falafel, die sie sich am Morgen bei einem Straßenverkäufer geleistet und für die sie Geld ausgeben hatte, das eigentlich nicht ihr, sondern Najiba gehörte. Die Falafel war ihr offenbar nicht bekommen. Aber Sarah war so hungrig gewesen, und die Mahlzeit lag bereits viele Stunden zurück. Konnte sie jetzt noch davon Bauchschmerzen bekommen?
    Als sich der stechende Schmerz wiederholte, noch heftiger als beim ersten Mal, und ihr bis in die Beine fuhr, begriff Sarah erschrocken, daß ihr Kind unterwegs war. Aber das wäre doch viel zu früh!
    »Wann ist dein Kind gezeugt worden?« hatte Najiba gefragt, als sie bei den Bettlern aufgenommen wurde. Sarah wußte keine Antwort auf diese Frage, denn bei der Suche nach Abdu hatte sie vergessen, wie viele Tage und Monate vergingen. Aber sie erinnerte sich, daß die Baumwollfelder übersät mit gelben Blüten waren und gerade der Mais geerntet wurde, als sie und Abdu sich liebten. Najiba hatte die Monate an den schmutzigen Fingern abgezählt und schließlich gesagt: »Es wird Ende Februar, vielleicht auch Anfang März geboren werden, wenn der Chamsîn weht. Also gut, du kannst bei uns bleiben. Vielleicht glaubst du, einer schwangeren Frau wird man mehr Almosen geben. Das ist nicht so. Die Leute glauben, es sei ein Trick, und du hättest nur eine Melone unter dem Kleid. Aber ein so junges Mädchen mit einem Baby, das bringt viel Geld, besonders da du so klein und ausgehungert bist.«
    Sarah nahm es Najiba nicht übel, daß sie so wenig zu essen bekam, um weiterhin halb verhungert auszusehen. Wenigstens hatte sie von da

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