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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Das Haus, in dem sie lebte, war ein kleiner Palast in einer Gegend mit Botschaften und den bezaubernden Residenzen der ausländischen Diplomaten. Sie konnte sich durchaus in dem Glauben wiegen, das Raschid-Haus befinde sich im eleganten Neuilly von Paris. Würden ihre Begeisterung und die Verzauberung nie enden?
    Lady Alice dachte erleichtert: Wie schön, daß dieser schreckliche Krieg vorbei ist. Sie hatte eigentlich wenig vom Krieg gespürt, da sie mit ihrem Vater, dem Earl von Pemberton, im Schloß ihrer Vorfahren auf dem Land lebte. Ihr Vater hatte sich bereit erklärt, Kinder aus den bombardierten Städten aufzunehmen. Aber soweit war es Gott sei Dank nie gekommen. Alice hätte nicht gewußt, was sie mit den Kindern tun sollte.
    Sie dachte nur ungern an häßliche oder unerfreuliche Dinge wie Krieg und Waisenkinder. Sie wollte noch nicht einmal an die Gerüchte denken, daß die Engländer aus Ägypten abziehen würden. Eine unvorstellbare Sache. Was sollte geschehen, wenn es wirklich dazu kommen würde? Hatten nicht die Engländer Ägypten zu diesem märchenhaften Land gemacht? Zu den ersten Dingen, über die sie mit Ibrahim sprach, als sie sich im vergangenen Jahr in Monte Carlo kennengelernt hatten, gehörte die gemeinsame Haltung, sich nicht mit unangenehmen Dingen zu belasten. Wenn alle anderen hitzige politische Debatten führten, blieb er völlig unbeteiligt.
    Es gab so vieles, was sie an ihrem Mann liebte. Er war freundlich und großzügig, hatte tadellose Manieren, war überhaupt nicht ehrgeizig und prahlte nicht wie alle anderen. Sie hatte gedacht, Leibarzt eines Königs zu sein, sei schrecklich aufregend. Aber Ibrahim gestand ihr, es sei eine einfache Aufgabe und erfordere wenig ärztliche Kunst. Er erzählte sogar, er sei nur Arzt geworden, weil sein Vater Arzt und Gesundheitsminister gewesen war. Er hatte sein Studium erfolgreich, wenn auch ohne hervorragende Leistungen abgeschlossen, und nach einem durchschnittlichen Praktikum fand er es sehr angenehm, sich nicht die Mühe machen zu müssen, eine eigene Praxis aufzubauen. Sein Vater hatte ihn Farouk vorgestellt, und der König mochte ihn auf der Stelle. Ibrahim betonte immer, das Beste an seiner Berufung zum königlichen Leibarzt sei, daß er so wenig tun müsse. Er überprüfte zweimal täglich Farouks Blutdruck und verschrieb ihm gelegentlich etwas gegen Magenbeschwerden.
    Alice hatte nichts daran auszusetzen, daß Ibrahim kein »tiefschürfender« Mensch war, wie er selbst einmal lachend gesagt hatte. Er war zufrieden, von sich sagen zu können, er sei ausgeglichen und von angenehmem Äußeren. Er hatte weder besondere Abneigungen noch Leidenschaften. Er war kein Verfechter von fanatischen Überzeugungen und hatte nicht den Ehrgeiz, etwas Herausragendes zu erreichen. Wichtig war ihm nur, stolz von sich behaupten zu können, daß es ihm bis jetzt gelungen sei, seiner Familie und sich ein angenehmes Leben zu ermöglichen. Und deshalb liebte ihn Alice. Er verstand es, das Leben zu genießen. Er wußte, daß Vergnügungen und Spaß einfach notwendig und wichtig waren. Sie fand, er sei auch ein guter Liebhaber, obwohl sie keine anderen Männer mit ihm vergleichen konnte, denn als sie sich kennenlernten, war sie noch Jungfrau gewesen.
    Alice wünschte, daß ihre Mutter noch am Leben wäre. Lady Frances hätte sich über den exotischen Ehemann ihrer Tochter bestimmt gefreut, denn sie hatte eine besondere Vorliebe für alles Orientalische gehabt. Aber ihre Mutter litt unter einer unergründlichen Depression – »Schwermut«, hatte Dr. Rivers als Todesursache auf den Totenschein geschrieben. Lady Frances hatte an einem Wintermorgen ihren Kopf in den Gasofen gehalten. Weder der Earl, seine Tochter Alice noch sein Sohn Edward hatten je über den Selbstmord gesprochen.
    Als Lady Alice Gelächter aus dem Club hörte, drehte sie sich um und blickte durch die Glastür. Farouk stand wie üblich am Roulette-Tisch. Sein Gefolge jubelte ihm zu. Er mußte gerade gewonnen haben. Alice mochte den ägyptischen König. Sie fand, er sei ein großer Junge, der gern komische Geschichten erzählte und über alle möglichen Witze lachte. Königin Farida, die ihm bislang keinen Sohn geschenkt hatte, war nicht zu beneiden. Man flüsterte, er werde sie deshalb vermutlich bald verstoßen. Das durfte ein Mann in Ägypten. Er mußte nur dreimal in Gegenwart von Zeugen sagen »Ich verstoße dich« und war von seiner Frau geschieden.
    Alice verschränkte die Arme. Es bestand

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