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Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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alte Zelienski wohl die Absicht hätte, Anton zu besuchen, während er im Shenandoah-Tal weilte?
    »Ob er hier ist, Mikhail, weiß ich nicht. Anton ist natürlich ein vielbeschäftigter Mann ... manchmal denke ich, der meistbeschäftigte Mann auf der Welt ... aber er hat neuerdings wenig Zeit für mich. Ich hinterlasse Nachrichten an sein Haus, aber er ignoriert sie leider. Natürlich verstehe ich das. Er hat schließlich Wichtigeres zu tun, als mit mir Schach zu spielen.«
    »Es tut mir leid zu hören, daß Sie keine Verbindung miteinander haben.«
    »Jetzt muß ich mich eben mit einem anderen gemeinsamen Freund begnügen, Mikhail. Er war vor einigen Monaten häufiger hier draußen: der großartige Journalist Raymond Alexander.« »Raymond?« sagte Havelock, der kaum zuhörte. »Bestellen Sie ihm Grüße von mir. Und danke, Leon.« Havelock legte den Hörer auf und sah zu Salanne hinüber. »Er hat für uns keine Zeit mehr«, sagte er bestürzt.

14
    Um acht Uhr früh war Michael in Paris angekommen, hatte eine Stunde später bereits mit Gravet Verbindung aufgenommen und schlenderte um Viertel nach elf über den Boulevard Saint Germain in südlicher Richtung. Gravet wollte sich irgendwo zwischen der Rue de Pontoise und dem Quai St. Bernard mit ihm treffen. Er brauchte die zwei Stunden, um die Informationen, die Havelock benötigte, zu beschaffen.
    Salannes Frau hatte keine Zeit gehabt, für Michael am nächsten Morgen Kleidung zu kaufen. Alles hing davon ab, so schnell wie möglich nach Paris zu gelangen, denn jede Minute, die er verlor, vergrößerte die Distanz zwischen ihm und Jenna. Jenna ...!
    Der Arzt war in dreieinhalb Stunden nach Avignon gerast. Von dort fuhr er mit dem Zug nach Paris, bekleidet mit einem Pullover und einem schlechtsitzenden Gabardinemantel von Salanne. Er musterte sein Spiegelbild in einer Schaufensterscheibe: das Jackett, die Hose, das offene Hemd und den Hut, den er vor fünfundvierzig Minuten in einem Laden am Boulevard Raspail gekauft hatte. In dieser Bekleidung würde er nicht auffallen, und die Krempe des weichen Hutes ragte weit genug über seine Stirn, um sein Gesicht halb zu verdecken. Er sah blaß aus und hatte dunkle Ringe um die Augen. Er war übermüdet und erschöpft, die frisch genähten Wunden bereiteten ihm Schmerzen. Wie sehr sehnte er sich in diesem Augenblick danach, sich hinzulegen und darauf zu warten, daß die Kräfte in ihn zurückkehrten. Er brauchte dringend Ruhe, hatte Salanne gesagt. Er hatte versucht, im Zug zu schlafen. Aber jedesmal, wenn er eingedöst war, hatten ihn die häufigen Stopps auf den Bahnhöfen wieder geweckt. Und wenn er wach war, war sein Bewußtsein von einem tiefen Gefühl der Verwirrung und der Wut erfüllt. Der einzige Mann auf der ganzen Welt, dem er sein Vertrauen, seine Liebe gegeben hatte, der sein Leben geformt hatte, hatte ihn von sich gestoßen, und er wußte nicht, weshalb. In all den Jahren, auch in der schlimmsten Zeit, war er nie wirklich allein gewesen, weil er stets mit Anton Matthias rechnen konnte. Anton war für ihn der Ansporn, besser zu sein, als er wirklich war. Anton war sein Schutz gegen die Erinnerung an jene schrecklichen Tage in seiner Kindheit - weil sein pritel ihnen einen Sinn verliehen hatte. Diese Vergangenheit motivierte ihn, das zu tun, was er tat, und sein Leben so lange in einer abnormalen Welt zu verbringen, bis sich etwas in ihm regte und er aussteigen konnte. Er hatte gegen die Schlächter von Lidice gekämpft, gegen die Leute, die ihre Feinde in ein Gulag schickten. Die Schüsse von Lidice werden dich nicht mehr loslassen, mein Freund, Ich wünsche dir beim allmächtigen Gott, daß du sie einfach vergessen könntest; aber ich glaube nicht, daß du dazu in der Lage bist. Tu also etwas, das den Schmerz verringert, das dir sinnvoll erscheint und dir das Schuldgefühl darüber nimmt, daß du überlebt hast. Eines Tages wirst du frei sein und deinen Zorn verbraucht haben. Erst dann wirst du an die Universität zurückkehren. Ich hoffe, ich werde das noch miterleben. Er hatte sich schon fast frei gefühlt, und die Rückkehr in eine normale Welt war greifbar nahe gewesen - endlich Frieden. Einmal mit der Frau, die er liebte, die seinem Leben eine neue Dimension verliehen hatte ... und dann ohne sie, als seine Liebe schmerzhafter Enttäuschung gewichen war und er den Lügen der Lügner geglaubt hatte. So hatte er seine innersten Gefühle verraten - und sie. Und jetzt hatte sich sein engster Vertrauter von ihm

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