Das Parsifal-Mosaik
Jenna und blickte zum Fenster hinaus. »Ich hatte Angst, sie würde mir dann nicht helfen.«
»Was hast du ihr verschwiegen?«
»Den Namen des Mannes, der mich aufgesucht hatte. Er war einige Jahre für deine Regierung tätig gewesen. Eine Zeitlang war er ziemlich umstritten, aber trotzdem angesehen, glaube ich. Zumindest hatte ich von ihm gehört.« »Wer war dieser Mann?« »Er heißt Bradford. Emory Bradford.«
»Du lieber Gott ...« Havelock erschrak. Bradford war ein Name aus der Vergangenheit, einer beunruhigenden Vergangenheit. Er war einer der politischen Newcomer gewesen, die unter Kennedy ihre Karriere begonnen hatten und sich unter Johnson auf zweifelhafte Weise ihre Sporen verdienten. Als ihr Ruhm am Washingtoner Firmament verblaßt war, fanden sie fette Pfründe in der Privatwirtschaft: Die einen verdingten sich als hochdotierte Manager bei internationalen Banken und Konzernen, andere wurden Teilhaber in renommierten Anwaltsbüros. Aber Bradford war geblieben -ganz sicher weniger gefeiert und weniger einflußreich. Man hatte das nie verstanden. Schließlich war er nicht unvermögend und hätte tausend andere Dinge tun können. Bradford, wiederholt e Havelock in Gedanken, und der Name hallte in seinem Kopf. Hatte Emory Bradford in all den Jahren nur auf eine neue Chance gewartet? So mußte es sein. Wenn er Jenna in Barcelona erreicht hatte, mußte er mitverantwortlich für das makabre Schauspiel an der Costa Brava sein. »Kennst du ihn?« fragte Jenna, die immer noch aus dem Fenster starrte.
»Nicht persönlich. Ich bin ihm nie begegnet. Aber du hast recht, er war umstritten, und fast jeder kennt ihn. Das letzte, was ich über ihn hörte, war, daß er Staatssekretär geworden sei. Ein Mann ohne klares Profil, aber mit hoher Reputation. Er hat dir gegenüber behauptet, er sei für Cons Op in Madrid tätig?«
»Er sagte, er habe einen Sonderauftrag der Consular Operations, die innere Sicherheit sei gefährdet.« »Durch mich, meinte er wohl damit.«
»Ja. Er zeigte mir Kopien von Dokumenten, die man in Madrid in einem Banksafe in der Rambla gefunden hatte.« Jenna wandte sich vom Fenster ab. »Erinnerst du dich? Du hattest mir erzählt, daß du einige Male in der Bank gewesen bist.«
»Er diente als Briefkasten für Lissabon, das hatte ich dir auch gesagt. Aber laß nur, das Ganze war natürlich sorgfältig arrangiert.« »Aber du kannst doch verstehen, daß die Rambla mir in Erinnerung geblieben ist.«
»Ja, gewiß. Was waren das für Dokumente?« »Instruktionen aus Moskau, die nur für dich bestimmt sein konnten. Sie enthielten Daten und Zeitpläne; da waren die Orte genannt, in denen wir gewesen waren, und unsere nächsten Ziele. Auch Codes gehörten zu dem Belastungsmaterial; wenn die nicht authentisch waren, dann habe ich noch nie eine russische Chiffre gesehen.« »Das war dasselbe Material, das man mir gegeben hatte«, sagte Havelock, in dem jetzt langsam die Wut hochkam. »Ja, das wurde mir klar, als du vorhin erzähltest, welche Dokumente sie dir in Madrid gegeben hatten.« »Ich verstehe.«
»Als ich dann den Schlüssel in deinem Portemonnaie fand und er genau dem glich, der in Madrid in dem Banksafe gefunden worden war - der Schlüssel für ein Schließfach in einem Flughafen -, konnte ich es nicht mehr ertragen, mit dir im selben Zimmer zu sein.« »Das war es, nicht wahr? Die letzte Bestätigung für uns beide. Ich hatte mich verändert und konnte nichts dagegen tun. Und als du von Madrid zurückkamst, warst du auch anders. In meinen Augen hattest du dich an die Sowjets verkauft, aus Gründen, die ich nicht begreifen konnte ... Ich versuchte sogar, eine Erklärung zu finden; vielleicht hattest du nach dreißig Jahren Nachricht von deinem Vater bekommen - es hat schon seltsamere Dinge gegeben. Oder du warst tatsächlich ein Verräter, der nun als Doppelagent weiterarbeiten wollte. Ich wußte einfach, daß die Veränderung - worin auch immer sie bestand - mich nicht einschloß.« Jenna hielt inne und drehte sich wieder zum Fenster. Als sie weitersprach, war ihre Stimme kaum zu hören. »Und dann trat Bradford wieder mit mir in Verbindung; diesmal war er völlig verstört, hatte sich überhaupt nicht mehr in der Hand. Er sagte, man hätte gerade eine Nachricht aufgefangen - Moskau hätte meine Exekution angeordnet, du solltest mich in eine Falle locken ... und du würdest es noch in derselben Nacht tun.« »An der Costa Brava?«
»Nein, die Costa Brava hat er nie erwähnt. Er sagte, der
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