Das Parsifal-Mosaik
unwahrscheinlich. Ein Polizist bleibt immer in der Nähe seines Sprechfunkgeräts. Ich will einfach nicht, daß man dich sieht, wenn wir es vermeiden können. Nicht hier, nicht in meiner Gesellschaft.«
Die Fahrt zu Alexanders Haus dauerte keine zwölf Minuten. Dann leuchtete der weiße Staketenzaun, der den Besitz des Journalisten begrenzte, im Scheinwerferlicht der beiden Wagen auf. Das Haus lag ein gutes Stück abseits von der Straße. Es bildete eine geschmackvolle Kombination aus Holz und Stein. Strahle r beleuchteten die kreisförmige Zufahrt vor den breiten Schiefertreppen, die zu der schweren Eichentür des Eingangs hinaufführten. Auf den kurzgeschnittenen Rasenflächen vor dem Haus und seitlich davon ragten in unregelmäßigen Abständen hohe Bäume auf. Und wo der Rasen zu beiden Seiten endete, begann ganz abrupt der dichte Wald, wie um den Besucher daran zu erinnern, daß der Mensch hier ein Eindringling war und seine Behausung einem ungezähmten Wald abgerungen hatte.
Michael malte sich in der Erinnerung den hinteren Teil des Hauses aus; der Wald war nicht weiter von der großen Hinterterrasse entfernt als an den Seiten des Gebäudes. Diesen Wald würde er ausnutzen, und Bradford würde bei ihm sein. »Wenn du den Polizeiwagen wegfahren hörst«, sagte er, zu Jenna gewandt, »kannst du dich aufrichten, aber steige nicht aus. Ich weiß nicht, was für Alarmanlagen Alexander auf seinem Grundstück installiert hat.«
»Bis jetzt habe ich einen seltsamen Eindruck von diesem freien Land, in dem du lebst, Mikhail.« »Rauchen darfst du auch nicht.«
Havelock tippte absichtlich an die Hupe, als er aus dem Wagen stieg. Es gab ein kurzes, abruptes Geräusch, das sich leicht erklären ließ, aber da waren keine Hunde. Er ging auf den Streifenwagen zu und hoffte, der kurze Hupton würde seinen Zweck erfüllen, ehe er das Fenster erreichte. Das tat er auch; das Eingangsportal öffnete sich, und ein Hausmädchen in Uniform blickte heraus. »Hallo, Margaret!« rief Michael über die Motorhaube des Polizeiwagens hinweg. »Ich komme gleich.«
Er blickte auf den Polizeibeamten herunter, der zur Tür hinübergesehen hatte. »Nochmals vielen Dank, Mr. Lewis«, sagte er und holte einen Geldschein aus der Tasche. »Ich möchte Ihnen ...« »O nein, Sir. Trotzdem vielen Dank. Ich wünsche einen guten Abend, Sir.« Der Beamte lächelte, legte den Gang ein und fuhr weg.
Michael winkte; keine Polizei, keine Hunde, nur unsichtbare Alarmanlagen. Solange Jenna im Wagen blieb, war sie in Sicherheit. Er ging die Schiefertreppe zur Tür hinauf.
»Guten Abend, Sir«, sagte die Frau mit deutlich irischem Akzent. »Ich heiße Enid, nicht Margaret.« »Das tut mir schrecklich leid.«
»Mr. Alexander erwartet Sie. Von einer Margaret habe ich nie gehört; das Mädchen vor mir hieß Gretchen.«
Raymond erhob sich aus dem weichen Polstersessel in seinem großen, holzgetäfelten Bibliothekszimmer und ging mit ausgestreckter Hand auf Michael zu. Sein Schritt war elastischer, als man das bei seiner stattlichen Gestalt erwartet hätte, und sein engelhaftes Gesicht wurde durch die klaren grünen Augen noch hervorgehoben. Das struppige Haar, das dunkler geblieben war, als die Jahre normalerweise erlaubten, ließ ihn fast jungenhaft erscheinen. Ganz zu seinem anachronistischen Lebensstil passend trug er eine dunkelrote Jacke aus Samt. Havelock hatte seit seinen Tagen in Greenwich, Connecticut, keine solche Jacke mehr gesehen. »Michael, wie geht es Ihnen? Mein Gott, das ist schon vier oder fünf Jahre her!« rief der Journalist mit seiner schrillen Stimme. »Die sind Ihnen gut bekommen, Raymond. Sie sehen sehr wohl aus.«
»Sie gar nicht! Ich fürchte, die Pensionierung bekommt Ihnen nicht.« Alexander ließ Havelocks Hand los und hob schnell beide Hände. »Ja, ich weiß Bescheid. Ich behalte meine Freunde im Auge. Machen Sie sich einen Drink. Sie kennen ja die Gepflogenheiten hier. Sie sehen wirklich aus, als könnten Sie einen Schluck gebrauchen.«
»Ja, gerne«, sagte Michael und ging auf die vertraute, mit Kupfer beschlagene Bar an der Wand zu.
»Ich könnte mir vorstellen, daß Sie etwas besser aussähen, wenn Sie ein wenig Schlaf hätten ...«
Das war die passende Eröffnung. Havelock setzte sich dem Journalisten gegenüber und berichtete von dem Mord in New York und davon, daß das State Department ihn um vier Uhr morgens britischer Zeit nach Washington zurückgeholt hätte.
»Ich hab' heute morgen schon davon gelesen«, sagte
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