Das Parsifal-Mosaik
Alexander und schüttelte den Kopf. »Natürlich habe ich an Sie gedacht - naheliegend bei dem Namen -, aber ich wußte gleich, daß es lächerlich war. Ausgerechnet Sie mit Ihrem Hintergrund? Hat jemand Ihnen einen alten Ausweis gestohlen?«
»Nein, er war gefälscht, das glauben wir wenigstens. Jedenfalls waren das zwei lange Tage. Eine Weile kam ich mir wie ein Gefangener vor.«
»Nun, wenn man Anton informiert hätte, dann hätten die Sie bestimmt nicht so hierher gehetzt.«
Nur die engsten Freunde nannten Matthias beim Vornamen. Michael wußte das; um so mehr beunruhigte ihn Alexanders Äußerung. Notwendigerweise mußte er die Geschichte über Bradford zurückstellen, es wäre unnatürlich gewesen, an dieser Stelle sich nicht nach Matthias zu erkundigen.
»Darüber habe ich mich schon gewundert«, sagte Havelock und drehte das Glas in der Hand. Seine Stimme klang ganz beiläufig. »Ich habe mir einfach gedacht, er hätte zuviel zu tun. Ich wollte Sie schon fragen, ob er gerade in Washington ist. Ich würde gerne kurz bei ihm vorbeikommen, aber meine Zeit ist knapp. Ich muß wieder nach London zurück. Und wenn ich ihn selbst anrufe ... nun, Sie kennen Anton ja. Er würde darauf bestehen, daß ich ein paar Tage bleibe.«
Alexander lehnte sich vor, und sein intelligentes Gesicht drückte Besorgnis aus. »Sie wissen es also nicht?« »Wovon reden Sie?«
»Verdammt, das ist wieder einmal typisch für unsere paranoide Regierung! Er ist für Sie so etwas wie ein Vater, und Sie sind ihm so nahe wie ein Sohn! Sie, der Sie die Geheimnisse von tausend Operationen kennen - und ausgerechnet Ihnen haben sie es nicht gesagt.«
»Was hat man mir verschwiegen?«
»Anton ist krank. Es tut mir leid, daß Sie das von mir hören müssen, Michael.«
»Wie krank?«
»Die Gerüchte reichen von >ernst< bis >tödlich<. Offensichtlich weiß er es und denkt, was typisch für ihn ist, an sich selbst zuletzt. Als das Außenministerium davon Wind bekam, daß ich über seine Krankheit informiert war, schickte er mir eine persönliche Notiz und beschwor mich, darüber absolutes Stillschweigen zu wahren.« »Wie haben Sie davon erfahren?«
»Eine dieser komischen Geschichten, über die man zuerst gar nicht nachdenkt ... bis man es doch tut. Man hat mich vor ein paar Wochen dazu überredet, eine Party in Arlington zu besuc hen. Sie wissen ja, wie ich diese Veranstaltungen verabscheue. Aber die Gastgeberin war mit meiner verstorbenen Frau eng befreundet.« »Es tut mir leid«, sagte Havelock, der sich nur vage an die Frau des Journalisten erinnerte. »Ich wußte gar nicht ...« »Schon gut. Das liegt jetzt mehr als zwei Jahre zurück.« »Die Party in Arlington ...«
»Ja, nun, peinlicherweise war unter den Gästen eine ziemlich junge Frau, die angetrunken war und sich förmlich auf mich warf. Wäre sie nun ein nymphomanes Geschöpf gewesen, das nur sexuelle Interessen hatte, so hätte ich sehr wohl begriffen, daß sie sich zu dem ansehnlichsten männlichen Wesen weit und breit hingezogen fühlte; aber leider war das nicht der Fall. Offensichtlich hatte sie Eheprobleme höchst ungewöhnlicher Natur. Ihr Mann war Armeeoffizier und seit drei Monaten von zu Hause - sprich dem Ehebett - ferngeblieben, und niemand im Pentagon war bereit, ihr zu sagen, wo er sich aufhielt. Sie täuschte eine Krankheit vor, was ihr vermutlich wenig Mühe bereitete, worauf er Sonderurlaub bekam. Als sie ihn im Netz hatte, verlangte sie zu wissen, wo er gewesen war. Sie unterstellte ihm natürlich, sich mit einer anderen Frau eingelassen zu haben. Er weigerte sich, es ihr zu sagen, worauf sie seine Kleidung durchsuchte und einen Passierschein für einen Stützpunkt fand, von dem sie noch nie gehört hatte; ich übrigens auch nicht. Ich nehme an, daß sie ihn geweckt hat und ihn mit ihrem Wissen konfrontierte, worauf er zu seiner Verteidigung damit herausplatzte, daß sein Auftrag streng geheim wäre. Es handle sich um einen Ort, wo ein sehr bedeutender Mann behandelt würde; mehr könne er nicht sagen.«
»Anton?« unterbrach ihn Michael.
»Ich habe es mir erst am nächsten Morgen zusammengereimt. Das letzte, was sie mir sagte - ehe ein wohltätiger oder sexuell bedürftiger Gast sie nach Hause brachte -, war, daß die Amerikaner solche Dinge erfahren müßten und die Regierung sich wie Mütterchen Rußland benehme. Am nächsten Morgen rief sie mich an, diesmal ganz nüchtern und ernsthaft verstört. Sie entschuldigte sich für ihr schreckliches Benehmen,
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