Das Parsifal-Mosaik
die angelehnte Badezimmertür.
»Du hast mir nicht alles erzählt, was mit dir auf Poole's Island geschah, nicht wahr?« sagte Jenna.
»Fast alles«, erwiderte Havelock und starrte zur Decke. »Ich versuche immer noch, mir einen Reim darauf zu machen.« Jenna nahm den Arm von seiner Brust und richtete sich auf. »Kann ich dir helfen?« fragte sie.
»Ich glaube, niemand kann das. Es ist die Bombe in meinem Kopf.« »Was, mein Liebling?« »Ich kenne Parsifal.« »Wie bitte?«
»Matthias hat gesagt, ich hätte sie alle kommen und gehen gesehen, die >Verhandler der Welt< hat er sie genannt. Aber da war ja nur einer, und ich muß ihn gesehen haben. Ich muß ihn kennen.« »War das der Grund, weshalb er dich ausschalten wollte?« »Er hat gesagt, ich könnte es nie verstehen ... die absolut tödlichen Verträge wären die einzige Lösung.« »Und ich war das Opfer.«
»Ja. Er ist krank; das war er schon, als er die Aktion gegen dich befahl. Du solltest sterben und ich am Leben bleiben und beobachtet werden.« Michael atmete tief, dann schüttelte er hilflos den Kopf. »Das ist es, was ich nicht begreifen kann.« »Meinen Tod?«
»Nein, warum ich nicht getötet werden sollte.« »Er hat dich selbst in seinem Wahnsinn geliebt.« »Nicht er - Parsifal. Wenn ich eine Bedrohung darstellte, weshalb hat mich Parsifal dann nicht getötet? Warum blieb es dem Maulwurf überlassen, drei Monate später den Befehl zu geben?« »Das hat Bradford doch erklärt«, sagte Jenna. »Du hattest mich gesehen; du warst im Begriff, die Ereignisse an der Costa Brava noch einmal aufzurollen, und das hätte dich zu dem Maulwurf führen können.«
»Das erklärt Parsifals Verhalten immer noch nicht. Er hätte mich zigmal beseitigen können, aber er hat es nicht getan. Das ist der entscheidende Punkt. Mit was für einem Menschen haben wir es zu tun?«
»Ganz bestimmt nicht mit einem rational denkenden Mann. Das ist gerade das Erschreckende.«
Das Klingeln war schrill, unerwartet. Michael schoß in die Höhe, aus tiefem Schlaf gerissen. Jenna rollte über das Bett. Seine Hand griff instinktiv nach einer Waffe. Es war das Telefon, und Michael starrte es an, ehe er nach dem Hörer griff. Er sah auf die Uhr, während er sprach. Es war 4.45 Uhr am Morgen. »Ja?« »Havelock, hier ist Bradford.« »Was ist los? Wo sind Sie?«
»In meinem Büro. Ich bin schon seit elf Uhr hier. Übrigens, ich habe meine Leute die ganze Nacht durcharbeiten lassen. Alles, was Sie wollten, wird bis acht Uhr bei Ihnen sein, mit Ausnahme der Akten von Poole's Island. Das dauert noch ein paar Stunden.« »Und um mir das zu sagen, rufen Sie um diese Zeit an?« »Natürlich nicht.« Bradford hielt inne. »Ich habe ihn vielleicht gefunden«, fuhr er fort. »Ich habe Ihren Vorschlag befolgt und habe jemanden gesucht, der vielleicht nicht dort war, wo er hätte sein sollen. Das genaue Ergebnis werde ich erst im Laufe des Vormittags erfahren wegen der Verzögerung durch Poole's Island. Wenn der Verdacht stimmt, ist es unglaublich. Seine Akte ist so sauber, wie man sie sich nur wünschen kann; sein Militärdienst ...« »Erzählen Sie jetzt nichts mehr«, unterbrach ihn Michael. »Ihr Telefon ist genauso abhörsicher wie das Haus.« »Meines vielleicht. Ihr Apparat vielleicht nicht. Hören Sie mir zu.« »Was ist?«
»Suchen Sie nach einer Marionette. Lebend oder tot.« »Nach einer was?«
»Jemanden, der nur dazu benutzt wurde, die Abwesenheit des Maulwurfs zu tarnen, eine Marionette eben, deren Drähte zu Ihrem Mann führen. Verstehen Sie das?«
»Ja, ich glaube schon. Doch, ich verstehe. Es paßt zu dem, was ich bereits gefunden habe.«
»Rufen Sie mich an, wenn Sie das Resultat genau wissen. Von einer Telefonzelle aus. Aber unternehmen Sie nichts weiter.« Havelock legte auf und sah Jenna an. »Bradford hat möglicherweise >Ambiguity< gefunden.«
29
Es war ein Morgen, wie »Steril Fünf« ihn noch nie erlebt hatte und wahrscheinlich auch nie wieder erleben würde. Um halb neun hatte Jenna das Kommando über die Küche an sich gerissen und den pistolentragenden Koch zu ihrem Gehilfen degradiert. Er durfte Zutaten abwiegen und mischen, begleitet von ihren billigenden Blicken. Als schließlich der fertige Teig auf dem Blech im Ofen garte, tauchten zwei Wachposten in der Küche auf, angelockt durch den Duft. »Bitte nennen Sie mich Jenna«, sagte Jenna zu den hungrigen »Gästen«, während Havelock an einen Tisch in der Ecke verbannt wurde. Vornamen wurden ausgetauscht,
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