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Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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müssen.«
    Es war von entscheidender Wichtigkeit, nicht nur auf Umwegen zu operieren, sondern fast blind. Und es gab auf der ganzen Welt nichts, was Michael schwerer gefallen wäre. Die höchst konzentrierte Überwachung mußte er anderen überlassen, etwas, das Havelock in höchstem Maße zuwider war. Sein Team mußte völlig im dunklen operieren, durfte nur auf Anweisung arbeiten, ohne in die Hintergründe eingeweiht zu sein. Solche Bedingungen trugen immer ihre Risiken in sich; Verantwortung ohne Wissen oder Autorität führte leicht zu Verdruß, und vom Verdruß zur Unvorsichtigkeit war nur ein kleiner Schritt. Ebensowenig konnten Nachforschungen in bezug auf Lebensgewohnheiten, Freunde, Berufskollegen, häufig aufgesuchte Lokale und dergleichen angestellt werden. Denn wenn es durch MacKenzies Tod zwischen Dr. Colin Shippers und dem Tarnungsmanöver an der Costa Brava eine Verbindung gab - einem Tarnungsmanöver, das nicht aus der Strategie des Weißen Hauses stammte -, dann hatte er auf Befehl des Maulwurfs im State Department die neue Stellung angenommen, jenes Maulwurfs, der ein paminjatschik, ein »Reisenden, war und sich den Decknamen >Ambiguity< zugelegt hatte. Und ein paminjatschik in seiner Position würde einen so heiklen Auftrag wie die Tötung eines CIA-Beamten nie jemandem anvertrauen, der nicht seinesgleiche n war. Demzufolge mußten sie von der Annahme ausgehen, daß Shippers selbst ein >Reisender< war und daß allein schon die Andeutung eines Alarms ihn in den Untergrund treiben und damit die Verbindung zu >Ambiguity< abreißen würde.
    Personalbüros, Bank- und Kreditreferenzen, selbst FBIÜberprüfungen ... all diese Informationsquellen wurden mit scharfem Blick von Leuten überprüft, die freiwillig oder unter Druck handelten. Darunter waren Männer und Frauen, die die Russen eingeschleust hatten, und Verwaltungsangestellte, die erpreßt wurden, die die amerikanischen Sowjetagenten alarmierten, daß jemand sich für sie interessierte. Diese Praxis machte es praktisch unmöglich, den paminjatschik in die Falle zu locken; er war amerikanischer Staatsbürger und hatte als solcher Anrecht auf den Schutz der Verfassung. Bis ein Geschworenengericht sich schließlich mit der Anklageerhebung einverstanden erklärt und man dem Angeklagten Gegenstand und Motiv seines mutmaßlichen Verbrechens mitgeteilt hatte, war der >Reisende< schon längst untergetaucht, um Wochen oder Monate später mit einer anderen Identität, einem völlig neuen Lebenslauf und nicht selten dank der Chirurgen in Moskau mit einem neuen Gesicht wieder auf der Bildfläche zu erscheinen. >Ambiguity< war ganz offensichtlich Shippers Vorgesetzter und ohne jeden Zweifel ein respektierter Satellit am KGB-Firmament - aber er hielt seine normalen KGB-Kanäle über die gegenwärtige Krise auf dem laufenden. Nicht nur, daß der Dscherschinski-Platz die Operation an der Costa Brava und all den Wahnsinn, für den sie stand, desavouierte, sondern das wenige, was sie darüber wußten, alarmierte Männer wie Pjotr Rostow.
    Ereignisse hatten stattgefunden, die ohne Unterstützung aus Moskau nicht hätten stattfinden können. In Paris war ein VKR-Beamter von dem Regisseur des Costa-Brava-Schauspiels in die Falle gelockt und verwundet worden, und es gehörte wenig Phantasie dazu, sich auszumalen, daß die Anweisungen, denen der Beamte folgte, so verschleiert waren, daß man nicht zurückverfolgen konnte, wer innerhalb der komplizierten Maschinerie der russischen Abwehr dafür verantwortlich war. Natürlich war Rostow alarmiert; das Schreckgespenst des fanatischen VKR reichte aus, selbst den ergebensten Marxisten Angst einzujagen. Denn der Unbekannte, der sich >Ambiguity< nannte, sandte offensichtlich seinen Kontrolleuren im KGB Routineberichte, während er die brisanten Informationen nur seinem Vorgesetzten in der Voennaja anvertraute. Rostow spürte das, konnte aber nicht den Finger darauf legen, geschweige denn, es ans Tageslicht zerren. Dies war der Grund für sein Angebot an Havelock gewesen. Er sagt, er sei nicht länger unser Feind, wohl aber andere, die auch seine Feinde sein könnten. Wenn Rostow auch nur die leiseste Ahnung hätte, wie fundiert sein Verdacht war, würde er ein Erschießungskommando riskieren, um den Kontakt herzustellen, dachte Michael. Aber Rostow irrte sich; der Russe war und blieb sein Feind. Im Wesen konnte keiner von beiden dem anderen vertrauen, und nicht einmal der Schrecken, den Parsifal verbreitete, konnte das

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