Das Parsifal-Mosaik
gibt es immer, nicht wahr? Man könnte sagen, daß diese Spekulationen mich dazu veranlaßt haben, das La ger zu wechseln.« Der Russe machte eine Pause. »Man wird mich doch als einen wertvollen Überläufer behandeln, oder?« »Man wird Sie wie einen Schatz bewachen. Was für Spekulationen meinen Sie?«
»In den letzten Monaten haben bestimmte Leute uns verlassen, sie sind unerwartet in Pension gegangen und haben ihre wohlverdiente Datscha aufgesucht oder sind plötzlich krank geworden ... oder verschwunden. Man hat es nicht auf so plumpe Weise angestellt wie bei Rostow, aber da war vielleicht keine Zeit mehr, ihn auf geschicktere Weise zu beseitigen. Dennoch scheinen all diese Leute etwas gemeinsam zu haben: Sie wurden im allgemeinen als Realisten eingestuft, die Lösungen suchten und Konfrontationen aus dem Wege gingen. Pjotr Rostow war geradezu ein Symbol dieser Gruppe; eigentlich war er sogar auf gewisse Weise so etwas wie ihr Sprecher. Damit wir uns nicht falsch verstehen, Sie waren sein Feind, er lehnte Ihr System ab - ein System, das zuviel für wenige und zuwenig für die Masse bietet -, aber er begriff, daß es eine n Punkt gibt, wo selbst Feinde aufhören müssen, Druck aufeinander auszuüben. Wir wußten schließlich, daß die Zeit für uns arbeitete.« »Wollen Sie damit ausdrücken, daß die Leute, die an die Stelle von Rostow und seinen Gesinnungsgenossen traten, anders denken?« »So lautet das Gerücht.« »Die Voennaja?«
»Das ist die Spekulation, und wenn sie erst einmal die Machtzentren des KGB übernommen haben, ist der Schritt in die Kremlspitze nicht mehr weit. Das darf nicht geschehen. Wenn doch ...« Der Russe sprach den Satz nicht zu Ende. »Dann folgt das Nichts?« meinte Havelock.
»So beurteile ich es. Sehen Sie, die glauben, sie könnten Sie fertigmachen, zuerst an einem Ort und dann an einem anderen.« »Das ist nichts Neues.« »Mit taktischen Atomwaffen.« »Das ist allerdings neu.«
»Das ist Wahnsinn!« sagte der Mann vom KGB. »Sie werden reagieren müssen, die Welt wird es verlangen.« »Wie können wir die VKR aufhalten?« »Indem Sie ihnen wenig oder gar keine Munition liefern.« »Was verstehen Sie unter Munition?« »Die Kenntnis vo n provozierenden Handlungen Ihrer Seite, damit könnten Sie die müden, alten Männer im Präsidium unter Druck setzen. Das ist genauso wie bei Ihnen; Sie haben auch Ihre Handlanger. Generäle mit Orden auf der Brust und aufgeregte Obristen, die sich mit Senatoren und Kongreßmännern zusammentun und Katastrophenmeldungen in die Welt posaunen, wenn Sie nicht zuerst zuschlagen. Es ist nicht immer so, daß die klügsten Männer die Oberhand behalten. Tatsächlich sind Sie in dem Punkt besser dran als wir; Ihre Kontrollen sind besser.«
»Hoffentlich«, sagte Michael und mußte kurz an Männer wie Korvettenkapitän Thomas Decker denken. »Sie sagen, die Voennaja hätte Ihre Ränge infiltriert, das KGB.« »Spekulation.«
»Wenn es stimmt, so bedeutet das, daß zumindest einige von dene n in der Botschaft oder im Konsulat in New York herumlaufen könnten.«
»Ich bin nicht einmal in bezug auf meinen eigenen Vorgesetzten sicher.«
»Und ein paminjatschik von draußen würde sie kennen, könnte mit ihnen Verbindung aufnehmen, eine Lieferung übergeben.« »Was für eine Lieferung?«
Havelock hielt inne und versuchte, das Pochen in seinen Schläfen zum Schweigen zu bringen. »Angenommen, ich würde Ihnen jetzt erzählen, daß Munition von eben der Art, wie Sie sie beschreiben, gestern nacht von einem Maulwurf gestohlen wurde. Er war so gut getarnt, daß er Zugang zu Informationen hatte, die nur auf Präsidentenorder zugänglich sind. Er ist verschwunden.« »Und ist bereit, seinen Tarnposten zu verlassen?« »Man hat ihn entdeckt. Sie haben Ihren Beitrag dazu geleistet; Sie haben mir von Rostows Tod und dem VKR berichtet. Er gehört zur Voennaja. Er ist der Feind.«
»Dann sollten Sie sich nach plötzlichen Abreisen von Diplomaten der unteren Ränge umsehen, nach einem Verbindungsoffizier etwa. Wenn es einen VKR-Rekruten gibt, wird er zu diesem Kreis gehören. Halten Sie ihn auf, wenn Sie können, stoppen Sie das Flugzeug, wenn es sein muß. Behaupten Sie, es ginge um einen Diebstahl oder, wenn es sein muß, sogar um Spionage. Lassen Sie nicht zu, daß die Munition nach Moskau ge langt.« »Und wenn es bereits zu spät ist?«
»Was kann ich Ihnen sagen, ohne zu wissen, worum es sich handelt.«
»Das Schlimmste.« »Können Sie es
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