Das Patent
plötzlich nicht mehr sehen. Sie setzte die Brille auf, und die Hologramme in ihrer Umgebung wurden wieder matt und geisterhaft.
»Gut. Dann können wir fortfahren.«
»Was haben Sie angerichtet, Mr. Doe?«
»Wie bitte?«
»Die Callisto-Attraktion »Station Omega«. Was haben Sie da angerichtet?« Sarah hörte das Zittern in ihrer Stimme.
»Wieso?«, erwiderte Doe leicht spöttisch. »Stimmt was nicht?«
»Ich habe alles getan, was Sie verlangt haben!«, schrie Sarah. »Ich habe Ihnen vertraut! Also verscheißern Sie mich nicht!«
»Au weia. Und ich dachte, Sie hätten eine gute Kinderstube.«
Sarah keuchte. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten.
»Wir sind fast fertig, Sarah. Schließen wir unser Geschäft ab, dann können Sie sich persönlich diesen unerfreulichen Sachen widmen und... Moment mal. Einen Moment. Ich sehe gerade eine neue Aufnahme von Ihnen. Was haben Sie da für eine schicke Brille auf? - Ah, ich verstehe. Sie wird Ihnen aber nichts nützen, Sarah. Sie ist viel zu plump für Ihre feinen Gesichtszüge. Dagegen müssen wir etwas unternehmen.«
Ein kurzes Schweigen folgte. Dann kam von irgendwo tief in der Finsternis ein klickendes Geräusch.
Einen Moment lang veränderte sich nichts. Dann fiel Sarah an den Rändern der Brille ein grünes Leuchten auf. Auf dem Gang vor ihr fingen die Hologramme, die gerade noch zu matt gewesen waren, an zu leuchten: grüne, immer heller werdende Gespenster. Sarah blinzelte und wandte sich von dem schmerzhaften Licht ab. Als sie den Kopf bewegte, huschten helle Wärmespuren durch ihr Blickfeld.
Sie nahm die Brille mit einem wütenden Aufschrei ab und griff zum Funkgerät. »Carmen?«
Einige Sekunden herrschte Stille. »Ja, Miss Boatwright?«, kam dann die knisternde Antwort.
»Carmen, ist bei Ihnen irgendwas los?«
»Vor einigen Sekunden hat sich der Stromverbrauch der Hologeneratoren plötzlich vervierfacht. Sie überhitzen, und zwar alle.«
»Können Sie die Dinger abschalten?«
»Ja, aber das kostet Zeit. Alles wird von Rechnern gesteuert. Wir müssen rauskriegen, woher der Befehl kommt. Solange wir das nicht wissen, traue ich mich nicht mal, nur einen Stecker rauszuziehen.«
»Bleiben Sie an der Sache dran!« Sarah ließ das Funkgerät sinken. Er war also auch auf die Brille vorbereitet. Er ist auf alles vorbereitet. An alles, was wir uns ausdenken, hat er schon vorher gedacht.
»Sehen Sie, was ich meine, Sarah?«, sagte John Does glatte Stimme aus der Ferne. Wieder ein leises Klicken. »Wie können Sie von Vertrauen sprechen, wenn Sie selbst keins zeigen? Geben Sie mir die Disc, dann sind Sie mich für immer los.«
Sarah antwortete nicht. Es gab nichts mehr zu sagen. Sie fühlte sich urplötzlich geschlagen.
»An welchem Pfosten sind Sie jetzt, Sarah?«
Sarah reagierte nicht.
»Sarah?«
»Ja?«
»An welchem Pfosten sind Sie?«
»Ich verstehe nicht.«
»Gehen Sie zu dem Spiegelrahmen, der Ihnen am nächsten ist. Schauen Sie sich den Rand links oben an. Da ist eine Zahl eingebrannt.«
Sarah schaute ratlos hinüber. Sie brauchte eine ganze Weile, doch dann sah sie eine kleine, ins Holz gebrannte Zahlenreihe.
»Sieben, neun, zwei, drei«, murmelte sie.
»Wie bitte?«
»Sieben, neun, zwei, drei habe ich gesagt.«
»Ausgezeichnet. Hören Sie jetzt zu, Sarah. Ich geleite Sie nun dorthin, wo ich auf Sie warte. Wir bleiben während dieser Zeit ständig in Sprechkontakt. Verstanden?«
»Ja.«
»Gut. Sie müssten... Sie müssten in einem Linkskorridor sein, der nach einer Y-Kreuzung kommt. Folgen Sie dem Gang bis zum Ende. Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie dort sind.«
Sarah ging widerwillig weiter und beobachtete die sie begleitenden Reflexionen. Plötzlich tauchte rechts von ihr John Does Abbild auf. Sie erstarrte: schon wieder ein Hologramm, diesmal ein anderes. Er hielt etwas in der Hand, das wie ein Bauplan aussah, und schaute in einem fortwährenden Kameraschleifenballett ständig auf ihn und wieder hoch.
»Ich bin am Ende des Korridors«, sagte sie.
»Sehen Sie sich den Spiegel an, der links von Ihnen hängt.
Trägt er die Nummer sieben, acht, vier, sieben?«
»Ja«, erwiderte Sarah nach einer Weile.
»Jetzt biegen Sie noch mal links ab und gehen durch den Korridor. Rechts geht es dann in einen Gang, der von einem Hologramm verborgen wird. Suchen Sie ihn!«
Sarah durchquerte den Korridor. Ihre Schritte waren langsam und resigniert. John Doe hatte sich nicht verirrt. Er kannte seinen Weg genau. Möglicherweise kannte er das
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