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Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmer Mendoza
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dem Schluss, dass er in die Gänge kommen musste. Wollte er sein ganzes Leben lang Bulle bleiben?, zunehmen, bis das Hemd spannte? Er passte immer weniger zu dem Geist, der im Präsidium herrschte. Außerdem arbeitete er in einer Stadt, in der sein Beruf nie zu Ergebnissen führte und selten geschätzt wurde. Die meisten Einwohner fühlten sich zum Verbrecher berufen, unfassbar, aber wahr. Und er?, wozu fühlte er sich berufen? Schöne Scheiße.
    Als er seinen zweiten Drink nahm, klingelte das Telefon. Und nun? Ihm fiel ein, dass Jason anrufen wollte. Er hoffte darauf, dass der Anrufer aufgeben würde, aber nichts dergleichen. Jason Mendieta, geh mir nicht auf den Sack, was bist du nur für ein Sohn, dass du mir das Leben schwermachst, bevor wir uns überhaupt kennengelernt haben?, meinst du etwa, ich habe alle Zeit der Welt für dich? Ich muss arbeiten, Junge, bin an einem Fall dran, der mir näher geht, als mir lieb ist, hat dich schon mal eine Frau um den Verstand gebracht? Kein Angst, ich werde dir jetzt nicht damit kommen, dass du es schon noch begreifen wirst, wenn du erst mal groß bist, man lernt nämlich in jedem Alter was dazu, blöd ist nur, dass es nichts nützt. Er goss sich den dritten Whisky ein, womit die Flasche leer war, und verließ das Haus. Das Telefon klingelte immer noch. Das Alexa wartete auf ihn; er würde allein hingehen, Gris hatte sich nicht gemeldet. Ein Mann ist nur ein Mann, wenn er unglaublich ist, und du bist unglaublich.

9
    Gandhi Olmedo war im Wohnzimmer eingeschlafen. Es war nicht irgendein Wohnzimmer. Obwohl er es sich hätte leisten können, hingen an den Wänden keine Bilder von Toledo oder Picasso. Nicht mal eines von Frida Kahlo, trotz mehrerer Angebote, und auch keine Sklavin von Teresa Margolles, die er beinahe in Madrid gekauft hätte. Stattdessen hingen dort Gitarrenteile. Gandhi sammelte die Überreste von Gitarren, die von ihren Besit-zern zertrümmert worden waren. Er besaß fünf von Jimi Hendrix, drei von Pete Townshend, vier von Ritchie Blackmore und zwei von Kurt Cobain. Sie waren elegant eingerahmt und mit Sicherheitsglas geschützt. Das Wohnzimmer war eine Galerie mit »Rauchen verboten«-Schildern, die keiner ernst nahm, Feuerlöschern, die seit Jahren nicht mehr gewartet wurden, und versperrten Notausgängen.
    Gandhi war ein einflussreicher Geschäftsmann, der alles hatte, der sich nicht nur allen Luxus, sondern gelegentlich auch ein bisschen Elend gönnte. Er hatte einmal unter den Reichen Culiacáns einen Wettbewerb veranstaltet, bei dem es darum ging, wer am längsten bei einer armen Familie leben und das Gleiche essen würde wie sie. Am längsten durchgehalten hatte er selbst, daher sein Spitzname.
    An diesem Abend war er eingenickt, als er auf einen Kunsthändler wartete, der ihm zwei Gitarren liefern wollte, eine von Pete Townshend und eine von Jimi Hendrix, beide in Woodstock zertrümmert. Wie besessen war er hinter diesen Teilen hergewesen, und nun wares endlich so weit; außerdem würde man ihm als Leihgabe eine weitere Gitarre überlassen, eine von John Lennon, die er angeblich an dem Tag kaputtgehauen hatte, an dem die Beatles sich trennten.
    Das soll ich Ihnen glauben?, für wen halten Sie mich? Es stimmt, Señor Olmedo, der Vorfall wurde nirgends festgehalten, weder Paul McCartney noch Ringo Starr wollen sich dazu äußern, aber die Besitzerin versichert, dass sie in dem Zimmer war, in dem Lennon seiner Wut freien Lauf ließ. Wut?, glauben Sie wirklich, dass John Lennon die Trennung so in Rage versetzt hat, dass er einer Rickenbacker 325 etwas antun konnte? Sie wollen mich wohl verarschen. Das würde ich nie wagen, Señor Olmedo, nur war die Sache so privat, dass Miss Thompson die einzige Zeugin ist, sie war mit Yoko Ono verabredet, um über eine Ausstellung ihrer Werke zu sprechen. Kein Interesse. Señor Olmedo, ich schlage vor, wir überlassen sie Ihnen für zwei Monate, und wenn Sie nicht überzeugt sind, geben Sie sie einfach zurück und fertig, ganz unverbindlich. Ich mache keine unverbindlichen Geschäfte, also liefern Sie mir nur das, was ich bestellt habe.
    Er hatte ihn für neun Uhr zitiert, denn um zehn würde Leo McGiver ihm ein anderes Juwel liefern: die Gitarre, die Jeff Beck in seiner Zeit bei den Yardbirds zertrümmert hatte, im Film Blow-up von Antonioni. Eine echte Rarität, die ihn ein Vermögen gekostet hatte. Dieser McGiver war wirklich ein Ass.
    Olmedo hatte ein glückliches Händchen bewiesen und das Erbe seiner Eltern in

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