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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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erzählt.«
    »Sie haben eine Aussage gemacht?«
    »So kann man es nennen.«
    »Ein Protokoll? Mit Stempel und Unterschrift?«
    »Nicht direkt. Der Kommissar hat Notizen gemacht.«
    »Notizen! Wie reizend!«
    »Ich hatte das Gefühl, der Kommissar nimmt die Sache –«
    »Vergessen Sie Ihre Gefühle. Es gibt also bloß diesen Artikel in der Pátris. Über eine blonde Deutsche, die mit ihrem Mountainbike in hohem Tempo die Berge herunterkommt, als sei sie auf der Flucht.«
    »Ich war nicht auf der Flucht!«
    »So steht es in der Zeitung. Und dann gibt es noch ein paar Notizen eines Kommissars, von denen Sie wahrscheinlich nicht einmal eine Kopie haben.«
    Die Journalistin hatte recht. Maria hatte keine Kopie. Der Kommissar hatte die Notizen für sich gemacht. Er hatte geschwiegen, sobald die Frau mit dem Tablett ins Büro gekommen war.
    »Wie viel zahlen Sie?«, fragte Maria.
    »Entschuldigung?«
    »Sie wollen meine Geschichte. Also? Wie viel zahlen Sie?«
    »Ihre Frage finde ich seltsam.«
    »Ich habe noch vierzig Euro im Portemonnaie. Mein Konto ist gesperrt. In drei Tagen muss ich vierhundert Euro auftreiben. Das ist meine Geschichte. Wie viel ist sie Ihnen wert?«
    Eléni starrte sie entgeistert an. »Vierhundert Euro?«
    »Der Mann, der meinen Lohn überweisen müsste, liegt mit Blinddarmentzündung im Krankenhaus.«
    »Aber das ist ja nichts!« Sie kramte in ihrer Handtasche. »Vierhundert Euro! Warum sagen Sie das nicht gleich?«
    Die Aktivisten liefen an ihnen vorbei, riefen ihnen etwas zu. Wieder wurde unten geknallt.
    »Kommen Sie … Sie geben mir unten Ihre Telefonnummer. Heute Abend kommen Sie auf eine kleine Feier, dann klären wir Ihren kleinen Engpass.«
    Sie liefen die Treppe hinunter. Eléni hielt ihre Handtasche vor die Brust und rutschte auf den Marmorstufen aus.
    »Eine Deutsche ohne Geld!«, lachte sie. »In Griechenland! Die Welt ist aus den Fugen!«

12
    Ein Ukrainer. Neureich, mit viel zu großer Rolex. Ausgerechnet an ihn sollte er Eiréne verkaufen? Die Vorstellung schmerzte. Aber er hatte für sein Boot nicht einmal einen Makler gefunden. Keine Nachfrage, zu viel Angebot; in jedem griechischen Hafen lagen Dutzende Boote zum Verkauf. Viel Arbeit hatte er in seine Eiréne investiert. Die Messingbeschläge, das Armaturenbrett, die Pumpen, die Pantry; alles hatte er selbst eingebaut, seine Frau hatte die Polsterbezüge und Gardinen genäht. Und es war nicht bloß die Arbeit; das Boot steckte voller Erinnerungen. Auf der Sonnenplattform, in einer Juninacht im letzten Jahr, hatten er und Andréa ihre Tochter gezeugt. Natürlich, dass es genau diese Nacht war, hätten sie nicht beschwören können. Aber beide liebten die Vorstellung.
    Dann die Krankheit der Tochter. »Jeden Abend sitzen wir vor den Kontoauszügen«, hatte Andréa geschluchzt. »Ich schlafe nicht mehr! Wir können die Arztrechnung nicht bezahlen! Wir müssen uns von dem Boot trennen!«
    Also Kleinanzeigen in der Zeitung. Im Internet. Zettel am Schwarzen Brett im Hafen, in der Schule seiner Frau. Kein Anruf. Neue Anzeigen, neue Zettel mit niedrigerem Preis. Hoffnungslos. Tákis hatte Hoffnung gefasst. Wenn sie das Boot nicht verkaufen konnten, weil einfach niemand es kaufen wollte, dann … Bis vor zwei Tagen der Anruf gekommen war. Von diesem Ukrainer.
    »Tolles Boot! Ich liebe schon jetzt!«
    Eben am Steg hatte er sich einfach als Zadko vorgestellt. Sein Griechisch war fließend, aber voller Fehler. Ein Mann, der viel redete, aber nie ein Buch las. Jetzt stand er am Lenkrad, sein lächerliches Toupet wehte im Wind.
    »Wozu dieser Fernseher?« rief er.
    »Das Raymarine«, antwortete Tákis. »Zeigt Ihnen alles an. Wassertemperatur, Geschwindigkeit, Tiefe …«
    »Und die Punkte auf Display?«
    »Fische.«
    Zadko lachte. Die Sonne warf zart oranges Licht auf den Yachthafen hinter ihnen, auf die Palmen an der Promenade, die weißen Häuser und Kirchtürme, die Angler auf der Mole.
    »Richtig schön ist Griechenland nur in Wasser«, rief er.
    »Da können Sie recht haben.«
    »Von hier man kann nicht sehen, wie dreckig Griechenland geht! Glauben Sie, Griechenland kommt raus aus Scheiße? Ich glaub nicht. Soll sagen warum? Schlendrian! Grieche arbeitet nicht. Ich importiere Kühlschränke, Mikrowelle, alles aus die Türkei. Arçelik, gute Marke! Baut Grieche Kühlschrank? Nein. Baut Mikrowelle? Nein. Baut Waschmaschine? Baut Feta-Käse! Können Sie in türkische Kühlschrank stellen! Und der Grieche ist stolz. Stolz wie Grieche , sagen

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