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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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Will man denen Bilder einer Schlägerei präsentieren?«
    »Wer sind Sie?«, fragte Maria.
    »Drehen Sie sich um«, zischte die Frau.
    »Warum verfolgen Sie mich?«
    Die Frau starrte auf die Barrikaden. Wieder skandierten die Besetzer Parolen. Maria drehte sich um. Die Frau flüsterte in ihr Ohr:
    »Haben Sie das Gefühl, Sie werden beschattet?«
    »Allerdings.«
    »Durchsucht jemand Ihr Hotelzimmer? Hört Ihr Telefon ab?«
    »Glaube ich nicht.«
    »Warum sind Sie nach Athen gekommen?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    Die Frau hinter ihr schwieg. Die Schaulustigen drängten sich, Körper stießen gegeneinander.
    »Sie sind in eine Sache hineingeraten, Frau Brecht.«
    »Woher wissen Sie meinen Namen.«
    »Sie haben Dinge gesehen, die Sie nicht sehen sollten.«
    »Ach, ja?«
    »Ohne mich kommen Sie aus der Sache nicht raus.«
    »Ich habe der Polizei alles gesagt.«
    »Trauen Sie in Griechenland nie einem Polizisten!«
    Es klang, als übergebe Maria gerade ihr Vermögen einem Hütchenspieler.
    »Wer sind Sie?«, fragte Maria.
    »Sagen Sie mir lieber, warum Sie hier stehen.«
    »Ich will die Akrópolis besichtigen.«
    »Warum sagen Sie das nicht gleich? Zählen Sie bis dreißig. Dann folgen Sie mir.«
    Die Polizisten rückten auf die Barrikaden zu, ihre Schilde in Brusthöhe. Die Situation konnte jeden Moment eskalieren. Maria blickte sich um: Die Frau trippelte auf ihren Slingpumps am Metallzaun entlang, der das Akrópolis-Areal sicherte. Mit ihrer großen Handtasche sah sie aus wie eine Tante auf Sonntagsausflug. Aber sie konnte nicht älter als dreißig sein. Maria löste sich aus der Menge, ging etwa fünfzig Meter hinter ihr. Sie sah die Frau telefonieren. Hinter dem Zaun, beschattet von Bäumen, stieg steil der Akrópolis-Hügel an. Die Frau blieb an einer Gittertür stehen, die in den Zaun eingelassen war. Ein Mann kam den Hügel herunter, auf provisorisch in den Stein gehauenen Stufen. Er trug Vollbart, Che-Guevara-Shirt, Springerstiefel. Sie hatte ihn vorhin zwischen den Besetzern gesehen. Er zog ein Werkzeug aus seiner Gürteltasche und machte sich am Türriegel zu schaffen. Er schob ihn zurück und öffnete die Tür. Er beugte sich hinunter zu der kleinen Frau, sie begrüßten sich, Wange an Wange, wie Genossen. Die Frau drehte sich um, gab Maria ein Zeichen.
    »Schnell!«
    Der Mann verriegelte hinter Maria die Tür. Sie kletterten die Stufen hoch, die dicke Frau sprang auf ihren Pumps wie eine Bergziege. Sie gelangten auf einen asphaltierten Weg. Die Frau fingerte einen Zwanzig-Euro-Schein aus ihrem Portemonnaie, drückte ihn dem Bärtigen in die Hand.
    »Ciao, Fidel.«
    Der Bärtige nickte Maria zu, ging bergab, Richtung Barrikaden. Die Absätze seiner Springerstiefel schlugen auf den Asphalt.
    »Fidel ist Unternehmer«, erklärte die Frau, »er hat einen Schlüsseldienst. Seinen Freunden öffnet er jede Tür.« Sie reichte Maria die Hand. »Eléni Galánis. Heute ist Ihr Glückstag.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Und ob. Sie sehen die Akrópolis ohne Touristengesocks.«
    Echsenhaft schossen Eléni Galánis’ Augen hin und her, als lebe sie in ständiger Angst, etwas zu verpassen. Der Asphaltweg führte in Serpentinen bergan, vorbei an geschlossenen Getränke- und Souvenirständen.
    »Ich bin Journalistin«, sagte Eléni.
    »Worüber schreiben Sie?«
    »Mein Gebiet ist so speziell, dass sich in Griechenland kaum jemand dafür interessiert. Ich schreibe die Wahrheit.«
    Sie näherten sich dem Akrópolis-Plateau. Dösende Hunde hoben die Köpfe und legten sie wieder auf die Pfoten. Hinter den Ticketschaltern kletterten die Frauen über Sperrstangen und stiegen die abgewetzten Marmorstufen einer antiken Treppe hinauf. Sie schritten durch ein antikes Tor.
    Maria sah einen Baukran. Sie sah ein Stahlgerüst. Sie sah Säulen und Fundamente, überall mit Zement und Steinquadern ausgebessert. Die Gesichter auf den Friesen waren smogzerfressen. Holzplanken markierten einen Besichtigungsweg, daneben standen Schubkarren und Bauwagen. Außer dem Parthenón gab es Reste kleinerer Tempel, Statuen und viel Geröll.
    »Beeindruckt?«, fragte Eléni.
    »Die Akrópolis sieht von weitem besser aus.«
    »In Griechenland sieht alles von weitem besser aus.«
    Vom Parthenón hörten sie Rufe und Hammerschläge. Männer und Frauen kletterten auf dem Giebel herum, schlugen Stahlhaken in den Marmor. Erschreckte Rufe, ein Stück Fries löste sich, fiel zu Boden und zerschellte. Wieder Hammerschläge. Ein flatterndes Geräusch, wie von

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