Das Pest-Gewölbe
Waschraum herauskamen, dann konnte man weitersehen. An das Brennen auf ihrer Haut achteten Wilma und Monika nicht, aber sie konnten Janina auch nicht auf dem Boden sitzen lassen und warten, bis alles vorbei war.
»Hilf mir mal!« sagte Wilma. Sie zeigte, was sie damit meinte, trat auf Janina zu und zerrte sie hoch.
Monika umfaßte den linken Arm der Freundin. Auch sie mußte sich anstrengen, denn Janina hatte sich schwer gemacht und reagierte so, als wollte sie nicht weggeholt werden.
»Du mußt dich jetzt zusammenreißen!« flüsterte Wilma Oehler. »Ich weiß, wie schwer es dir fällt, aber es bleibt uns nichts anderes übrig. Bitte, Janina.«
Die junge Frau gab eine Antwort, die niemand verstand. Schließlich sah sie aus wie ein angeschlagener Boxer.
Jemand betrat den Waschraum. Die Frau sah die anderen und blieb stehen. »Ist der jungen Frau schlecht geworden?«
Die Freundinnen hatten nur die Hälfte verstanden. Sie nickten und schafften Janina nach draußen. Neben der Tür lehnten sie Janina gegen die Wand. Noch immer bereitete es ihr Mühe, auf den Beinen zu bleiben, so daß sie gestützt werden mußte. Die Augen hielt sie geschlossen, Janinas Gesicht war naß von Tränen, aber die Wunde auf der Wange war nicht verschwunden. Sie sah aus wie ein silbrig geschminkter Fleck, nur war er das leider nicht.
Wilma sprach die Freundin an. »Ich weiß, daß es sich dumm anhört, Janina, aber ich möchte dich fragen, wie es dir geht? Was ist los mit dir? Wie fühlst du dich?«
»Schlecht.«
»Und das Brennen?«
»Es ist noch da.«
»Wie auch bei mir«, flüsterte Monika Lüttgen. »Ich habe das Gefühl, als wäre jemand dabei, mir die Haut in Streifen vom Gesicht zu ziehen. Sieht man mir nichts an?«
»Du bist nur so weiß.«
»Das stimmt, Wilma, du auch.«
»Meine Haut brennt entsetzlich!«
»Gott, was tun wir jetzt?«
Monika erhielt keine Antwort. Die drei jungen Frauen standen dicht beisammen. Sie wollten nicht unbedingt auffallen und fielen auch nicht auf, denn die Besucher der Messe hatten keine Zeit, sich um andere zu kümmern.
»Wir müssen die drei suchen.«
»Und dann?«
Wilma hob die Schultern. »Es gibt nur eine Möglichkeit. So schnell wie möglich weg hier.«
Monika Lüttgen regte sich auf. »Wenn die Kerle doch nur pünktlich gewesen wären.«
»Da sagst du was.« Wilma schaute sich um. »Ob wir wieder zu diesem Comic-Verlag gehen?«
»Ist wohl am besten.«
Wilma stieß Janina an. »Was sagst du dazu? Bist du damit einverstanden?«
»Mir ist alles egal. Ich will mich nur nicht mehr in einem verdammten Spiegel sehen.«
Das konnten die beiden anderen sehr gut verstehen. Auch sie wollten nicht mehr hineinschauen. Auch wenn sich ihre Gesichter noch nicht verändert hatten, so war es keine Garantie dafür, daß es auch so bleiben würde, denn das verdammte Brennen blieb.
»Dann laß uns endlich von hier verschwinden!« sagte Wilma, ging den ersten Schritt, zog Janina auch mit, denn sie hielt deren Hand fest – und gab einen leisen Schrei ab. »Was ist?«
Wilma preßte die Hände gegen ihren Kopf. »Mein Gott, Monika, da… da… da ist etwas in meinem Kopf – ehrlich.« Sie stöhnte und drückte den Körper nach vorn.
»Was denn?«
Wilma schwieg, weil sie genug mit sich selbst zu tun hatte.
»Ich kann es dir nicht genau sagen!« keuchte sie nach einer Weile.
»Aber eine Stimme…«
»Bitte?«
»Ja, eine Stimme. Hörst du sie nicht in deinem Kopf?«
»Nein, nein.« In Monikas Worten klirrte die Panik. »Weißt du überhaupt, was du da gesagt hast?«
»Klar, weiß ich das.«
»Und da ist wirklich eine Stimme gewesen?«
»Ja, ja.«
»Hat sie was gesagt?«
Wilma ließ die Arme wieder sinken. Sie sah völlig erschöpft aus und mußte sich gegen die Wand lehnen. »Die… die Stimme hat von einem Gewölbe gesprochen. Wir sollten dort hineingehen. In ein Pest-Gewölbe. Sie will uns den Weg weisen.«
Monika Lüttgen trat einen Schritt nach hinten, als fürchtete sie sich vor der Freundin. »Aber das ist doch Wahnsinn, Wilma! Was sollen wir denn in einem Pest-Gewölbe?«
»Die war da.«
»Und weiter?«
»Wir gehen hin! Wir müssen hin!« Sie hatte mit einer veränderten Stimme gesprochen. Sie klang tief, nahezu böse, als stünde sie unter einem anderen Einfluß. »Laß uns hingehen, wir werden erwartet.«
»Und die drei anderen?«
»Wir müssen hin!« Wilma starrte Monika Lüttgen an. Ihre Augen zeigten einen Ausdruck, den Monika noch nie bei ihr gesehen hatte. Sie waren so
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