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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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er glücklich sein müssen, erleichtert und zufrieden. Die Gerüchte hatten sich bewahrheitet. Der Westfälische Frieden war ausgerufen worden, und der Krieg war endlich vorbei. Doch die Ereignisse der letzten Wochen ließen ihn einfach nicht los.
    Gestern Abend hatte er in der Wohnung des Büttels die Kontrolle verloren und sich von seiner Wut leiten lassen, was ein Mann Gottes nicht tun sollte.
    Pater Johannes betrat die Kirche, verneigte und bekreuzigte sich und setzte sich schweigend neben seinen Freund.
    Dankbar sah Pater Franz ihn an. Johannes schien immer genau zu wissen, wann er Hilfe und Rat brauchte.
    »Wie geht es Margit?«, erkundigte er sich.
    »Sie schläft. Der Ausflug in den Garten hat sie erschöpft.«
    Pater Franz sah seinen Freund traurig an.
    »Sie wird sich nie wieder erholen.« Er schüttelte traurig den Kopf.
    »Aber ihr Zustand hat sich doch bereits gebessert.« Pater Johannes versuchte, seinen Freund aufzuheitern, obwohl auch er wusste, wie hoffnungslos es war, sich der Illusion hinzugeben, dass dem Mädchen alles wieder einfallen würde.
    Der Abt warf ihm einen skeptischen Blick zu.
    Pater Johannes schlug die Augen nieder.
    »Ich weiß«, erwiderte er, »wir sollten uns Gedanken darüber machen, was aus ihr wird. Hier kann sie nicht bleiben, und ein Zuhause hat sie auch nicht mehr. Ich habe Erkundigungen eingeholt. All ihre Angehörigen sind bei dem Überfall der Schweden umgekommen.«
    Pater Franz nickte.
    »Ich werde noch heute an die Zisterzienserinnen schreiben. Sie waren damals auch bereit, Marianne aufzunehmen, gewiss werden sie sich des Mädchens annehmen.«
    »Ja, die Mutter Oberin ist eine mildtätige Frau«, bestätigte Pater Johannes. »Bestimmt wird sie sich gut um Margit kümmern.«
    »Was würde ich nur ohne dich tun, Johannes«, erwiderte Pater Franz. »Wir beide haben dies alles gemeinsam durchgestanden. Du hast immer ein offenes Ohr für all meine Sorgen und Nöte. Hab Dank dafür.«
    Der alte Mönch lächelte gerührt.
    »Das ist doch selbstverständlich. Deine Sorgen sind auch die meinen.«
    Doch dann schlug er sich plötzlich an die Stirn.
    »Das habe ich ja völlig vergessen. Ich habe noch weitere Neuigkeiten. Der ehrenwerte Richter Bichler ist letzte Nacht von uns gegangen. Gerade eben hat uns ein Botenjunge die Nachricht überbracht. Er hatte eine Lungenentzündung.«
    »Die Lungen waren schon immer sein schwacher Punkt.« Pater Franz seufzte. »Ihn plagte häufig starker Husten. Er war ein guter und gerechter Mann. Gott möge seiner Seele gnädig sein. Wir sollten ihn heute Abend in unsere Gebete einschließen.«
    Pater Johannes nickte, dann veränderte sich seine Miene. Der Abt kannte diesen Gesichtsausdruck bei seinem Freund. Neugierig sah er ihn an.
    »Wenn der ehrenwerte Herr Richter tot ist, dann werden in der nächsten Zeit keine größeren Prozesse stattfinden, und es wird eine Weile dauern, bis ein Nachfolger aus München eingetroffen ist. Wir haben also Zeit gewonnen.«
    Pater Franz sah seinen Freund überrascht an. Daran hatte er gar nicht gedacht, doch dann zuckte er mit den Schultern.
    »Dem Büttel kommt es sicher gelegen, wenn der Prozess nicht so bald beginnt und Anderl weiterhin in der Zelle sitzt. Ich habe mich sowieso bereits gefragt, weshalb er noch nicht verurteilt worden ist. Jetzt weiß ich, warum.«
    Verwundert schaute Pater Johannes seinen Freund an.
    Der Abt blickte zu seinem Herrn Jesus Christus, der stumm am Kreuz hing und ihn aus seinen hölzernen blauen Augen ansah.
    Dann begann er, von dem vorangegangenen Abend zu berichten, und Pater Johannes’ Augen wurden immer größer.

E s war einer dieser Nachmittage, an denen man den Herbst festhalten und nie wieder loslassen wollte. Milder Wind wehte durch die bunten Bäume, und der Himmel wirkte wie abgewaschen. Doch Marianne hatte keinen Sinn für die Schönheit der Natur. Sie stand neben den Wachen am Eingang zum Feldherrenlager. Bereits seit Tagen kam sie jeden Morgen hierher, um nach Albert Ausschau zu halten. Inzwischen waren viele Männer an ihr vorbeigezogen, aber ihr Geliebter war nicht darunter. Langsam schwand ihre Hoffnung.
    »Na, Mädchen«, sagte einer der Wachmänner mitleidig, »bist auch wieder hier.« Marianne nickte.
    Der Wachmann schüttelte den Kopf.
    »Ich glaub ja nicht, dass er noch kommt. Schon lange ist keiner mehr aufgetaucht. Angeblich sind sie alle nach München gebracht worden, um dort hingerichtet zu werden.«
    Marianne riss die Augen auf.
    Der andere Wachmann warf

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