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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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weil ich ihn gesehen habe.« Der alte Mann senkte seine Stimme.
    »Ich bin in jener Nacht noch einmal zur Brauerei zurückgekommen, weil ich meine Jacke vergessen hatte. Da habe ich gesehen, wie der blonde Mann und der Büttel zuerst Anderl niederschlugen und dann Hedwig.«
    Verblüfft sah auch Pater Franz den Alten an.
    »Ich wusste es«, rief Marianne erleichtert. »Er hat es nicht getan. Anderl ist kein Mörder.«
    Pater Franz war weniger euphorisch. Er blickte stirnrunzelnd von Theo zu Marianne. Niemand würde dem alten Mann glauben.
    *
    Josef Miltstetter lief nervös im Büro des Büttels auf und ab. Das Fenster war geöffnet, und stickige Luft drang in den Raum.
    »Was werden wir jetzt tun?« Er sah den Büttel an. »Der Alte hat uns gesehen, ich habe alles genau gehört. Er hat es der schwarzhaarigen Hexe und dem alten Mönch erzählt.«
    August Stanzinger zuckte mit den Schultern.
    »Nichts werden wir tun. Dem alten Theo glaubt ohnehin niemand ein Wort. Wie ein Einsiedler lebt er dort draußen am Flussufer in seiner Hütte. Er ist als Zeuge nicht zu gebrauchen.«
    Josef war nicht überzeugt. Nervös trat er ans Fenster und blickte über den Marktplatz.
    »Aber unser Zeuge ist doch nur ein Knabe, sein Wort gilt bestimmt nicht mehr als das eines alten Mannes. Der Mönch ist der Abt des Klosters, ein angesehener Mann in Rosenheim. Wenn der Bursche freikommt, dann gehört ihm die Brauerei, auch wenn er dumm ist.«
    August Stanzinger wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. Das war heute nicht sein Tag, denn Übelkeit und Bauchkrämpfe hatten ihn die ganze Nacht geplagt, so dass er nicht schlafen konnte. Er hatte im Hinblick auf Anderl Thaler andere Pläne als sein Gegenüber, der den Knaben am liebsten noch heute am Galgen sehen würde. Er wollte Anderl nicht töten, sondern er wollte ihn besitzen, ganz für sich allein.
    »Also gut«, lenkte er ein. »Was schlagt Ihr vor?«
    Josef Miltstetter blieb vor dem Tisch stehen und stützte die Hände auf.
    »Wir töten den Alten. Noch heute Nacht.«
    Der Stadtbüttel riss die Augen auf.
    »Noch ein Mord? Nicht mit mir. Ich habe mit Theo nichts zu schaffen. Die Menschen betrachten ihn als Sonderling, viele glauben, er sei nicht ganz richtig im Kopf, aber er gehört zu Rosenheim wie das Salz. Nein, das kann ich nicht tun.«
    Miltstetter sah Stanzinger, der sich erneut den Schweiß von der Stirn wischte und sogar für einen Moment die Augen schloss, herausfordernd an.
    »Es ist mir egal, wer der Alte ist und was er für die Stadt darstellt. Er wird mir in die Quere kommen, und Ihr habt versprochen, mir zu helfen.«
    August Stanzinger war aufgebracht. Was bildete sich dieser aufgeblasene Taugenichts eigentlich ein? Nur weil Josef wusste, welche Neigungen er hatte, musste er sich noch lange nicht von ihm erpressen lassen.
    »Ich habe nein gesagt, und ich bleibe dabei. Von mir aus könnt Ihr tun, was Ihr wollt, aber ich werde nicht Hand an diesen Mann legen!«
    Wütend sah Josef den Büttel an. Mit einer solchen Antwort hatte er nicht gerechnet.
    »Dann mache ich es eben allein. Ich werde nicht zulassen, dass mir jemand mein neues Leben wegnimmt!«

A lbert Wrangel saß an diesem Morgen neben Claude am Lagerfeuer und beobachtete verschlafen zwei kleine Mädchen, die kichernd Fangen spielten. Atemberaubend erhoben sich hinter den Wiesen und Feldern in der Ferne die Alpen in den blauen Himmel, an dem noch ein letzter Hauch von Morgenrot zu sehen war.
    Noch immer lagerten sie in der Nähe von Wasserburg, doch die Stadt wehrte sich weiterhin erfolgreich gegen eine Erstürmung.
    Albert schnürte seine Weste zu, blickte Richtung Rosenheim und erinnerte sich an den Moment in der Kirche, als er dem schwarzhaarigen Mädchen begegnet war, das ihn bis in seine Träume verfolgte. Diese Frau hatte ihn sehr beeindruckt, und schon der Gedanke, er würde sie niemals wiedersehen, schmerzte ihn.
    Aber immerhin würden sie Rosenheim nicht mehr heimsuchen, denn die Stadt wollte sich ihre Sicherheit erkaufen. Noch heute würde er mit seinem Bruder und einem kleineren Gefolge zu den Gesprächen in ein Kloster am Stadtrand aufbrechen. Der Gedanke, die junge Frau könnte dadurch in Sicherheit leben, beruhigte ihn.
    Neben Albert und Claude saß der alte Otto und erzählte – was er ständig tat, wenn er nicht gerade schlief. Niemand hörte dem dicklichen Mann, dem nur noch wenige weiße Haare auf dem Kopf geblieben waren, wirklich zu. Aber Albert und auch Claude hatten ihn gern um

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