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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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Was genau habt Ihr gesehen?«
    »Zwei Männer kamen in den Hof gerannt. Hedwig und Anderl standen vor dem Hintereingang und stritten sich. Zuerst haben sie Anderl niedergeschlagen und danach Hedwig. Es war dunkel im Hof, genau habe ich die beiden nicht gesehen, aber den einen habe ich an der Stimme erkannt, und ich würde Haus und Hof darauf verwetten, dass es der Büttel war.«
    Erleichtert sank Pater Franz in sich zusammen. Wenigstens sein Versprechen gegenüber Marianne konnte er jetzt halten, denn Xaver Breitner würde in Rosenheim jeder glauben.
    Doch dann fielen dem Mönch die ersten Worte des Bürgermeisters wieder ein. Am Ende wollte er gar nicht, dass der Junge mit dem Leben davonkam, sondern wollte, dass er ihm die Absolution erteilte, damit er weiterhin in Frieden leben konnte.
    »Ich hätte ihr helfen müssen, oder?«, fragte der Bürgermeister zerknirscht. Pater Franz zuckte mit den Schultern.
    »Ob Ihr Hedwig hättet helfen können, wage ich zu bezweifeln. Am Ende hättet Ihr noch Euer eigenes Leben aufs Spiel gesetzt. Aber dem Jungen könnt Ihr helfen, denn er sitzt wegen eines Mordes im Gefängnis, den er nicht begangen hat. Ihr könntet dafür sorgen, dass er freikommt.«
    »Aber das geht doch nicht. Dann erfährt jeder, dass ich die Ehe gebrochen habe, und am Ende beschimpft man mich noch als Feigling, weil ich Hedwig nicht zu Hilfe geeilt bin.«
    Pater Franz seufzte. Wie hatte er auch nur einen Moment annehmen können, dass dieser Mann für Anderl einstehen würde. Natürlich hatte Xaver Breitner nur seine eigenen Interessen im Kopf. Enttäuscht richtete er sich auf und verschränkte die Arme.
    »Ich kann Euch dafür nicht die Absolution erteilen. Sünden, die Ihr noch begehen wollt, kann Gott nicht vergeben. Ihr solltet noch einmal in Euch gehen, denn der Junge wird schon bald am Galgen baumeln. Wollt Ihr das tatsächlich?«
    Der Bürgermeister wurde ungehalten.
    »Ich hätte es besser wissen sollen.« Er öffnete die Beichtstuhltür. »Was ist von einem Mönch auch zu erwarten. Warum bin ich überhaupt hergekommen, frage ich mich?«
    Er durchquerte eiligen Schrittes das Kirchenschiff und schlug die Tür des Hauptportals laut hinter sich zu.
    Eine ganze Weile später trat auch Pater Franz aus dem Beichtstuhl. Diese Neuigkeiten hatte er erst einmal verdauen müssen. Es gab einen Zeugen, den besten, den er finden konnte, doch ihm waren die Hände gebunden, denn er musste sich an das Beichtgeheimnis halten. Kopfschüttelnd verließ er durch einen Seiteneingang das Gotteshaus. Leichter Nieselregen empfing ihn. Resigniert zog er seine Kapuze über den Kopf und eilte über den Marktplatz in den Schutz der Laubengänge.
    *
    Margit stand summend in der Küche der Brauerei und rupfte ein Huhn. Josef hatte sie vor einigen Tagen gefragt, ob sie ihn heiraten würde. Sie hatte begeistert ja gesagt und war ihm um den Hals gefallen. Das Aufgebot hatte er zwar noch immer nicht bestellt, aber das würde schon noch kommen. Eigentlich fühlte sie sich in seiner Gegenwart nie besonders wohl. Nicht, dass er nicht nett zu ihr wäre. Er war sehr höflich und zuvorkommend und versank jeden Abend zwischen ihren großen Brüsten, trotzdem lag etwas in seinen Augen, was ihr Unbehagen bereitete. Andererseits hätte ihr etwas Besseres als seine Zuneigung gar nicht passieren können. Nach dem Überfall der Schweden war ihre kleine Welt wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen. Ihre Eltern waren umgekommen, man hatte ihnen die Kehlen durchgeschnitten. Ihre großen Brüder hatte sich bereits vor vielen Jahren einem der kaiserlichen Heere angeschlossen und waren begeistert in den Krieg gezogen.
    Sie war eine Waise, eine Frau ohne Bleibe und ohne Habe, die nehmen musste, was kam. Was waren schon Liebe und Zuneigung gegen das Ansehen der Wirtin vom Stockhammer Bräu und einen Platz, an dem man sich wenigstens ein bisschen heimisch fühlte.
    Das, was sie heute Nachmittag getan hatte, würde sie dann natürlich unterlassen müssen. Doch was hätte sie anderes tun sollen, um an das letzte Federvieh zu kommen, als die Waffen einer Frau einzusetzen. Alfred Berger, der die Schlachterei neben dem Inntor leitete, war ein roher, beleibter Mann mit großen plumpen Händen und einem etwas dümmlichen Gesichtsausdruck. Aber mit Fleisch kannte er sich aus, und mit Frauenkörpern auch. Schwungvoll hatte er sie auf die Schlachtbank gehoben, ihre Röcke nach oben geschoben und war in sie eingedrungen. Sie hatte ab und an lustvoll aufgestöhnt,

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